Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
Gefäße gesperrt hat«, forderte der Mönch mit einem Mal ohne Vorwarnung.
»Wie bitte?«
»Die Anzahl der Dämonen, Doktor Faust.« Lauernd richtete sich der Mönch auf.
In diesem Augenblick ertönte im Dunkeln ein leises Niesen. Millepertia.
Sein Gegenüber wirbelte herum. Dann wandte er sich wieder ihm zu. »Ihr seid nicht der richtige Faust«, zischte er zornig. »Und Ihr seid auch nicht allein!« Mit einem Satz sprang er vor und griff nach dem Buch. Lukas, der glaubte, dass ihn der Untote angreifen wollte, betätigte den Abzug. Es donnerte, und der Rückschlag riss ihm die Waffe fast aus der Hand. Weiter hinten zwischen den Regalen krachte es. Als sich der Pulverdampf legte, sah er den Teufelsmönch, der noch immer das Buch umklammert hielt. Ein großes Loch prangte in seiner Kutte, doch das schien ihn nicht zu kümmern. Bevor Lukas abermals abdrücken konnte, warf sich Fausts unheimlicher Diener zur Seite und verschwand zwischen den Schatten.
Mist.
Hinter einem der Regale wurden Abraham und Millepertia sichtbar. »Lasst ihn nicht entkommen!«, rief der Zauberer, und Lukas verkniff sich eine bissige Antwort. Millepertia stürzte vor, und Lukas kramte mit einer Hand sein Smartphone heraus und machte Licht. Dann lief er ihr hinterher, drückte ihr die improvisierte Taschenlampe in die Hand und bedeutete ihr zu leuchten, während er mit der Waffe im Anschlag zwischen den Regalen vorrückte.
»Benutzt die Waffe nicht noch einmal!«, bellte Abrahams Stimme hinter ihm.
Lukas drehte die Muskete wie einen Knüppel um.
Irgendwo tiefer in der Bibliothek ertönte ein hämisches Kichern. »Ihr werdet alle sterben!«, gurrte es.
Wo auch immer der schimmelige Mönch jetzt steckte, er stimmte einen gutturalen Gesang an, der wie die Perversion eines Kirchenliedes anmutete. Es klang grauenvoll und fuhr Lukas durch Mark und Bein.
Millepertia leuchtete in die Ecken, als die Luft unvermittelt feuchter und schwerer zu werden schien. Fast hatte Lukas den Eindruck, als habe der Lichtschein zunehmend Schwierigkeiten, die Düsternis zu durchdringen.
»Aufpassen!«, rief Abraham, der mit mehreren Gemmen in der Hand dicht hinter ihnen stand. Keinen Atemzug später erzitterte der Trakt wie unter einem Erdbeben, und aus mehreren der Regale polterten Bücher auf den Boden. Ein faulig warmer Schwefelgeruch wehte durch die Regalreihen, und Lukas bemerkte, wie seine Füße im Untergrund einsanken, als stehe er auf einem weichen Teppich. Sein Blick glitt zu Boden, und er würgte trocken. Der komplette Untergrund nahm nach und nach das Aussehen fauligen Fleisches an. »Scheiße, scheiße, scheiße!«, schrie er. »Was ist das, verdammt?«
Rund um sie herum verwandelten sich die Bücher in lange Reihen scharfkantiger Raspelzähne. Die Regale sanken mit einem schlammigen Geräusch in sich zusammen und ähnelten zunehmend riesigen Kieferleisten, während die Pergamentrollen zu fleischigen und pilzartigen Gebilden mutierten, die wie die Schluckzäpfchen in einem monströsen Rachen wirkten. Die ganze Bibliothek verwandelte sich in einen höllischen Schlund.
»Raus hier!«, brüllte Abraham. Seine Gemmen erstrahlten in blauem Licht, und er zog Millepertia in genau jenem Moment zurück, als sich die monströsen Zahnreihen links und rechts von ihnen aufeinander zubewegten und malmend gegeneinanderkrachten.
Lukas indes warf sich panisch nach vorn und hörte, wie es hinter ihm knirschte. Er stürzte auf den schlammigen Fleischboden, versuchte sich wieder aufzurappeln und wurde von einer neuerlichen Erschütterung zu Boden gerissen. Aus den Augenwinkeln sah er den Lichtschein seines Smartphones, der sich hektisch zum Ausgang bewegte. »Abraham«, schrie er panisch. »Lassen Sie mich nicht zurück!« Mit einem Aufschrei rollte er sich zur Seite, denn auch über ihm an der Decke bildeten sich jetzt blitzende Zahnreihen. Keinen Augenblick zu spät, denn die komplette Raumdecke senkte sich plötzlich herab, und mit einem berstenden Geräusch krachten die dämonischen Zähne aufeinander. Lukas schrie wie am Spieß. Die Zähne lösten sich voneinander; der Boden hob sich jetzt wie eine überdimensionierte Zunge und schleuderte ihn direkt auf eine der breiten Kieferleisten zu. Lukas sah die monströse Zahnreihe direkt über sich, und sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Was hatte der verfluchte Pudel in Staufen noch gleich gesagt:
Du sagst also, du hast mich nicht beschworen. Nicht einmal meinen Namen dreimal ausgesprochen und dabei über die linke
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