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Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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mich umkippen zu sehen, denn er guckte mich verblüfft an. Oder vielleicht hatte er nur noch keine Frau so hart geschlagen oder vielleicht auch noch gar nicht. Wir erlebten eine dieser gedehnten Sekunden, die einem ewig vorkommen, wo wir uns über den Kopf seiner Frau hinweg anblickten.
    Ich sah seine Lippenbewegungen, hörte aber nicht, was er sagte. Ich hörte nur ein helles Rauschen und schmeckte Blut. Es spielte keine Rolle, dass es mein eigenes war. Es genügte, dass ich Blut schmeckte und wütend war.
    Dann kam der Moment, wo ich Barbara Browns Haut roch, durch ihr süßes Parfüm hindurch. Sie roch salzig und krank, krank vor Trauer, als ob sie ein Gift ausdünstete. Sie war verwundet, sie litt, und ich konnte ihrem Leiden ein Ende machen. Ich drückte mich fest an sie, so dicht, dass ihr Mann mich nicht schlagen konnte, ohne auch sie zu treffen. Seine Stimme hörte ich noch immer nicht, dafür aber etwas anderes. Ich hörte ihren Herzschlag. So laut, so unglaublich laut. Es war ein dickes, fleischiges Geräusch, nicht dieses zarte Klopfen, das man durch ein Stethoskop hört. So hörte sich ein Herz an, wenn man direkt in der Brust das Ohr daranhalten könnte. So klang das Leben, das in einem lebendigen Körper schlug. Es schlug immer schneller. Barbara Brown roch wie Futter, und jetzt schoss das erste Adrenalin durch ihren Organismus. Sie spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Gefahr war nah.
    Ich musste die Augen geschlossen haben, denn ich fühlte eine Bewegung über mir. Als ich sie öffnete, sah ich Browns Hand nach mir greifen. Ich glaube, er hatte es auf meine Haare abgesehen, um mich von seiner Frau wegzureißen. Doch ich sah die Hand kommen, packte und stoppte sie. Meine war viel kleiner als seine, doch ich hatte Kraft im Arm, und als Brown sich losreißen wollte, schaffte er es nicht.
    Ich hatte seine Frau weiter auf Knien und hielt ihr den Arm auf den Rücken gedreht, hatte ihn fast bis an die Schultern hochgezogen. Weit im Hinterkopf dachte ich: noch ein Stückchen weiter, und ich kugle ihr den Arm aus. Aber viel deutlicher war der Gedanke: Das ist gut, wir werden sie sowieso zerreißen müssen, um sie zu fressen. Und das war wahr, wenn wir sie fressen wollten. Wollten wir?
    Ich hatte immer geglaubt, das Tier in mir sei ein Wesen der Leidenschaft, weil leidenschaftliche Gefühle es in mir weckten. Im Augenblick war ich aber nicht leidenschaftlich, sondern leidenschaftslos. In meinem Empfinden gab es kein Gut und Böse. Kein Mitgefühl, kein Denken, wonach diese beiden Leute Mitmenschen waren und es eine Verfehlung wäre, sie zu verletzen. Das war in meinem Kopf nicht vorhanden. Die beiden hatten mich verletzt, und ich war hungrig, und sie roch so gut und zugleich so schlecht. Sie roch nach Krankheit, und ich begriff, dass sie Drogen nahm. Ich roch es an ihrem Schweiß: etwas Beißendes, Bitteres.
    Ich ließ sie so abrupt los, dass sie nach vorn auf den Teppich fiel, hielt aber ihren Mann fest und zog ihn an ihr vorbei, weil er sich gebückt hatte, um ihr Gesicht zu sehen. Damit brachte ich ihn aus dem Gleichgewicht. Er roch nach Angst und Wut, weiter nichts. Er war clean.
    Als er taumelte, packte ich ihn am Hemd, während ich ihn an seinem Arm an mich zog. Jetzt konnte ich sein Herz schlagen hören. Es schlug und schlug, so dick, so fleischig, so … so köstlich.
    Hinter mir bewegte sich jemand, und ich fuhr herum, zog Steve Brown mit, riss ihn ohne nachzudenken um, sodass er an meinen Füßen auf dem Boden landete. Futter gehörte auf den Boden.
    Nathaniel stand hinter mir. Er berührte meine Wange. Ich fuhr zurück, als hätte er mich gebissen, doch durch die Berührung stürmte die Geräuschkulisse in meinen Kopf zurück. Eine Frau kreischte, und Mary fragte: »Soll ich die Polizei rufen?«
    »Nein«, antwortete Bert, »nein, wir können das selbst regeln.«
    Das bezweifelte ich. Doch sowie ich das dachte, blickte ich auf Mr Brown hinunter. Er starrte mich mit schreckgeweiteten Augen an. Er hatte Angst. Ich ließ ihn los, als wäre seine Haut brennend heiß. Ich wich zurück, bis ich gegen Nathaniel stieß, und griff nach seiner Hand, ohne hinzusehen. Ich umklammerte sie. Allein der Hautkontakt mit ihm half mir zu denken. Normalerweise dachte ich dabei entweder an Futter oder Sex, doch heute erinnerte es mich daran, dass ich ein Mensch war und was das bedeutete.
    »Hilf mir«, flüsterte ich.
    »Alle Mann raus«, sagte er.
    Alle starrten ihn an.
    Ich schrie es: »Raus, alle raus,

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