Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
mich eisern fest. »Sie dürfen nicht nein sagen, Ms Blake. Wenn Sie nein sagen, dann ist es vorbei, und es darf nicht vorbei sein.« Sie gab mir bei jedem Wort einen kleinen Ruck. »Und – es – darf – nicht – vorbei – sein.«
Heilige Muttergottes, wie soll ich ihr helfen und wie schaffe ich sie mir vom Leib, ohne es noch schlimmer zu machen? Wir hatten Trauerberater an der Hand, aber ich bezweifelte, dass sie zu einem gehen würde. Sie war beratungsresistent.
Ich hörte auf, an ihren Fingern zu zerren, aber ich war es leid, geschüttelt zu werden. Ich versuchte es mit den nackten Tatsachen. »Ein erwecktes Mordopfer tötet seinen Mörder.«
»Ich will, dass sie sterben«, schrie sie und spuckte mir ins Gesicht, nur ein bisschen und unabsichtlich.
»Der Zombie hinterlässt einen Pfad der Verwüstung und tötet jeden, der ihn aufhalten will, bis er seinen Mörder umgebracht hat. Ich habe selbst mitangesehen, wie Zombies unbeteiligte Menschen umgebracht haben.«
»Stevie würde das nicht tun«, behauptete sie, und dabei hatte ich ihr Gesicht so dicht vor der Nase, dass ich den Kopf zurückziehen wollte, um sie scharf sehen zu können, doch sie hielt zu viel von meiner Jacke in den Fäusten, und ich war praktisch gefesselt. »Stevie war so ein freundlicher Mensch. Er hat nie jemandem etwas getan. Er würde uns nur sagen, wer diese Grausamkeit begangen hat.«
»Mrs Brown, Barbara«, sagte ich, und sie blickte mich an. Da war tatsächlich ein Funke Vernunft zu erkennen. »Er ist nicht mehr Ihr Stevie, Barbara. Er wäre eine wandelnde Leiche. Er wäre nicht wie Ihr Sohn, er wäre nur noch eine Leiche, die sich bewegen kann.«
Sie ließ den Kopf sinken, sodass ich auf ihren blonden Scheitel guckte. Ihre Schultern sackten herab, und ich glaubte, zu ihr durchgedrungen zu sein.
In dem Moment sagte Bert: »Mrs Brown, wenn Sie bitte für ein paar Minuten in mein Büro kommen würden, damit wir uns alle beruhigen und mit der Arbeit fortfahren können.«
Ich glaube, es war dieses »mit der Arbeit fortfahren können«. Sie wurde steif, und ich hatte eine Sekunde, um zu entscheiden, ob ich ihr Schmerzen zufügen wollte oder nicht. Ich zögerte, und das entschied die Sache. Sie zog mir die Fingernägel durchs Gesicht. Dafür musste sie mich jedoch mit einer Hand loslassen. Ich riss den freien Arm hoch und wehrte ihren nächsten Angriff ab. Daraufhin ließ sie mich auch mit der anderen Hand los, um mich zu kratzen, aber ich packte ihr Handgelenk und trat einen Schritt weg, zog ihren Arm aber mit und nutzte ihren eigenen Schwung, um sie herumzudrehen. Sie landete auf den Knien mit einem Arm auf dem Rücken und mit meinem anderen Arm quer vor der oberen Brust. Ich verzichtete auf einen echten Würgegriff, weil ich hoffte, jemand würde sie von mir wegholen, ehe er nötig wäre.
Ich spürte einen brennenden Schmerz im Gesicht, vom linken Unterlid bis zur Wangenmitte. Noch ehe der erste Tropfen rann, wusste ich, dass es bluten würde. Es fühlte sich einfach so an.
Sie stieß laute, wütende Schreie aus.
Steve Brown stand am nächsten, und er sagte: »Sie tun ihr weh.«
»Ich ihr?«, erwiderte ich. »Sie hat versucht, mir ein Auge auszukratzen.«
Ich hielt sie nicht so fest gepackt, wie es nötig gewesen wäre. Ich wollte zu der armen, trauernden Verrückten noch immer nett sein. Sie drehte sich ein wenig und harkte mit ihren Krallen über meine Hand. Ich drückte meinen Ellbogen an ihre Kehle und bog ihr den Arm noch weiter den Rücken hinauf. Sie schrie auf und verstummte abrupt, weil ich den Druck auf ihren Hals erhöhte. Ich wusste, wie man jemanden mit dem Würgegriff bewusstlos macht, ohne den Kehlkopf zu quetschen. Und ich gebe zu, ich war so wütend, dass ich glatt dazu bereit war. Trotzdem hätte Mr Brown nicht tun dürfen, was er dann tat.
Er schrie: »Lassen Sie sie los!«
»Wenn Sie sie nicht im Griff haben, dann eben ich.«
Sie zappelte, und ich hielt ihren Kopf mit meinem fest. Dann sagte Nathaniel: »Anita, Vorsicht«, und Mary schrie erschrocken auf. Ich blickte auf und sah Browns Faust auf mich zukommen.
Mein Kopf flog in den Nacken, und mir verschwamm die Sicht wie bei einer Bildstörung im Fernsehen. Es tat nicht sofort weh, im Gegensatz zu den Kratzern. An der Zeitspanne, bis der Schmerz einsetzt, kann man meistens ablesen, wie schlimm die Verletzung ist. Rasch heißt kleine Wunde, verzögert größere Wunde.
Es war ein guter Faustschlag, wie aus dem Lehrbuch. Mr Brown hatte wohl erwartet,
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