Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
magst es nicht, wenn ich lüge.«
Eine Sekunde lang starrte ich ihn mit offenem Mund an, dann sah ich wieder auf die Straße. »Ich kann nicht glauben, dass du das gerade gesagt hast.«
Er schüttelte sich vor Lachen. »Ich auch nicht.«
Aber ich wurde nicht wütend. Wenn man sich gegenüber jemandem, den man gern hat, wie ein Arschloch benommen hat, sollte man es zugeben, zur Tagesordnung übergehen und sich bemühen, es nicht wieder zu tun.
33
I m Landing-Viertel gibt es fast überhaupt keine Parkplätze. Die Straßen sind schmal und haben Kopfsteinpflaster. Es ist sehr idyllisch, aber das Viertel wurde gebaut, als es noch keine Autos gab, und das merkt man. Das Guilty Pleasures hat keinen Personalparkplatz, weil es dafür keinen Platz gibt. Wir mussten den Jeep also ein ganzes Stück entfernt abstellen und zu Fuß gehen. Einige Meter vor dem Eingang mit der blutroten Neonreklame fasste Nathaniel mich am Arm und zog mich in eine Gasse, die ich noch nicht kannte. Das heißt, ich wusste, dass sie da war, aber nicht, wohin sie führte. Ich hatte nie darüber nachgedacht, dass es einen Hintereingang fürs Personal geben musste wie bei Jean-Claudes Zirkus.
Die Gasse war wirklich eine Gasse, heißt, sie war eng, beklemmend, nicht so sauber, wie man es sich wünschte, nicht so gut beleuchtet, wie man es gern gehabt hätte. Meine Klaustrophobie machte sich bemerkbar. Nicht sehr, aber doch so, dass mir bewusst wurde, wie nah mir die Hauswände kamen.
Eigentlich hatte ich Nathaniel nur absetzen und gleich zu meinem nächsten Termin weiterfahren wollen. Doch ein Anruf auf meinem Handy hatte meinen Termindruck verringert. Mary hatte mir mitgeteilt, dass sich der Anwalt überraschend um einen Klienten kümmern müsse. Hieß übersetzt: Er musste ihn gegen Kaution rausholen. Das hieß es nicht zwingend, aber wahrscheinlich. Die Amtssprache verstand ich mit den Jahren immer besser, aber nicht den Anwaltsjargon. Der soll so unverständlich wie möglich sein, was meistens ganz gut gelingt.
Dadurch hatte ich den nächsten Termin erst um neun Uhr und hatte noch Zeit, um Nathaniel nach drinnen zu begleiten und mit Jean-Claude zu sprechen. Es gab eine Menge zu besprechen. So kam es, dass ich hinter Nathaniels breiten Schulten her durch eine Gasse lief, die so schmal war, dass Nathaniel sie fast mit den Schultern streifte. Ich glaube nicht, dass Dolph durchgepasst hätte.
Nathaniel wurde plötzlich langsamer. Ich konnte nicht an ihm vorbeisehen, aber seine Körperhaltung verriet mir, dass etwas nicht stimmte. Ich hörte helle, aufgekratzte Frauenstimmen, die »Brandon, Brandon!« riefen.
Er winkte, dann drehte er sich zur Seite, damit ich an ihm vorbeisehen konnte. Da standen ein paar Frauen auf dem Treppenabsatz vor dem Hintereingang, über dem eine helle Lampe brannte.
Ich neigte mich an ihn heran und raunte: »Wieso glaube ich, dass du dieser Brandon bist, und wieso stehen die da?«
Während er ihnen lächelnd zuwinkte, kamen sie zögernd die Stufen herunter, als überlegten sie noch, ob sie ihm entgegenlaufen sollten. »Das ist mein Künstlername«, flüsterte Nathaniel. »Und sie haben hier eigentlich nichts zu suchen. Die Türsteher sollen den Eingang freihalten.« Er ging auf die Frauen zu.
Ich hielt ihn am Arm zurück. »Sollten wir dann nicht besser vorne reingehen?«
»Schätze, sie wollen nur ein Autogramm oder mich anfassen. Vermutlich ist es okay.«
»Vermutlich?«
Er tätschelte meine Hand. »Zu sagen, ich bin mir sicher, wäre gelogen, aber wahrscheinlich haben sie nichts Schlimmes vor.«
»Mir wäre wohler, wenn wir umkehren«, sagte ich.
»Nein«, sagte er sehr bestimmt. »Das sind meine Fans, Anita, da habe ich gewisse Pflichten. Ich werde lächeln und mit ihnen ein paar Worte wechseln, und du kannst tun, als wärst du für meine Sicherheit zuständig. Es wäre schlecht fürs Geschäft, wenn du dich als meine Freundin zu erkennen gibst. Das zerstört die Illusion.«
»Welche Illusion?«
Er lächelte. »Dass ich zu haben bin.«
Ich warf ihm einen dieser langen Blick zu, der besagte, dass ich gerade mehr Informationen bekommen hatte, als mir lieb war, und nun nicht wusste, wohin damit. »Okay, dann bin ich also für deine Sicherheit zuständig.« Sehen Sie, ich war cool, ich konnte damit umgehen. Was sonst?
Er ließ mich vorgehen, weil ich das als sein Leibwächter für richtig hielt. Er machte keine Einwände, da er weiter lächeln und winken und sie über meinen Kopf hinweg begrüßen konnte. Ich
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