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Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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…« Er suchte nach Worten. »Wenn ich nicht wüsste, dass du ein Mensch bist und nicht die Haut wechseln und Leopard werden kannst, würde ich denken, du bist eine von uns. Wie du empfunden, gekämpft, gerochen hast, das war alles Gestaltwandler. Du bist auch nicht gekommen wie ein Mensch. Biege da in den Parkplatz ein.«
    »Warum?«
    »Weil wir reden müssen.«
    Das klang nicht gut. Ich bog zu dem Einkaufzentrum ab, das am Ende einen Culpeppers hatte. Ich nahm die erste freie Parklücke, ein gutes Stück von dem Restaurant entfernt. Die Geschäfte waren bereits geschlossen und dunkel. Als ich den Motor abstellte, war die Welt plötzlich still. Den Verkehr auf dem Olive hörte man noch brummen, und aus einem der Restaurants drang Musik herüber, aber im Jeep war es still. Es war die Stille, die man nach dem Dunkelwerden im Wagen hat. Mit einer Schlüsseldrehung hat man intime Abgeschiedenheit.
    Ich drehte mich zu ihm hin, was im Sicherheitsgurt ein bisschen mühselig war, aber ich schnallte mich grundsätzlich erst ab, wenn ich ausstieg. »Also rede«, sagte ich und klang fast normal.
    Er drehte sich ebenfalls herum, ohne sich abzuschnallen. Er wusste Bescheid über meinen Tick mit Sicherheitsgurten. Er zog ein Knie an und stützte einen Fuß gegen das Armaturenbrett. »Wir sind immer mit dir umgegangen, als wärst du ein Mensch, und jetzt frage ich mich, ob das richtig ist.«
    »Du meinst, ich werde die Gestalt wechseln, weil ich zu dem neuen Triumvirat gehöre?«
    Er schüttelte den Kopf, und sein langer Zopf bewegte sich auf seinem Schoß. »Möglich, dass das Problem dadurch verschärft wird, aber ich denke, du hast die Ardeur nur deshalb noch nicht im Griff, weil du bisher ausschließlich von einem Vampir beraten wurdest. Für Jean-Claude gibt es nur Blutdurst und die Ardeur, mehr nicht. Ein Lykanthrop ist aber zugleich ein Mensch. Er muss essen wie ein Mensch. Der Hunger seines Tieres kommt lediglich hinzu.«
    Ich dachte darüber nach. »Du meinst also, wenn ich den normalen Hunger ignoriere, wird es schwerer, gegen die Ardeur anzukommen?«
    Er nickte. Sein Zopf bewegte sich dabei, als wollte er näher zu mir. »Ja.«
    Das kam mir ganz logisch vor. »Na gut, angenommen du hast recht, was soll ich tun? Ich bin heute Abend spät dran. Ich bin meistens spät dran.«
    »Wir fahren zu einem Drive-in. Du nimmst etwas, was man gut hinterm Steuer essen kann, und ich einen Salat.«
    Ich blickte ihn stirnrunzelnd an. »Einen Salat? Warum? Bei Drive-ins sind die meistens beschissen.«
    »Ich muss was im Magen haben, bevor ich auftrete.«
    »Damit du dein Tier besser in der Gewalt hast.«
    »Ja.«
    »Warum dann einen Salat? Ich dachte, du brauchst was Eiweißreiches.«
    »Wenn du dich vor fremden Leuten ausziehen müsstest, würdest du vorher auch nur Salat essen.«
    »Von dem einen Burger vorher wirst du doch nicht dicker.«
    »Nein, aber aufgebläht.«
    »Ich dachte, das Problem haben nur Frauen.«
    »Nein.«
    »Du isst also einen Salat, um gut auszusehen.«
    Er nickte, und der Zopf rutschte von seinem Oberschenkel auf den Schaltknüppel. Ich bekam den überwältigenden Drang, diesen schweren Haarstrang anzufassen. Eine kleine Stimme in meinem Kopf sagte: Warum nicht? Vor allem nach dem, was wir am Nachmittag miteinander getan haben. Logisch. Aber mein Verhalten Nathaniel gegenüber hatte selten was mit Logik zu tun.
    Ich faltete die Hände im Schoß, um nicht hinüberzulangen, doch damit kam ich mir albern vor. Mann, was tat ich denn da? Ich griff nach dem schweren Zopf und streichelte ihn, als wäre er ein viel intimeres Körperteil. Er war weich und warm. Dabei redete ich weiter. »Das Tier ist nie hin- und hergerissen, oder?«
    »Nein«, sagte er, und in der stillen Dunkelheit klang es laut und sanft zugleich.
    Ich begann, seinen Zopf sacht hinter seinem Rücken hervorzuziehen. »Du bekämpfst damit nicht nur den Hunger nach Fleisch und Blut, stimmt’s?«
    »Ja.«
    Ich ließ das Zopfende in meine Hände gleiten. »Ich dachte, der Hunger ist das Tier, das Verlangen zu jagen und zu fressen, mehr nicht.«
    »Und jetzt?«
    Ich strich die Haarspitzen auf meiner Handfläche glatt und schauderte. Mit zittriger Stimme sagte ich: »Richard hat über sein Tier immer gesprochen, als wäre es für seine sämtlichen niederen Impulse verantwortlich, du weißt schon, Wollust, Trägheit, die traditionellen Sünden. Aber sündigen setzt das Verständnis von Gut und Böse voraus. Als Tier habe ich kein Gut oder Böse empfunden, ich

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