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Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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muss, um gegen Vampirtricks unempfindlich zu sein.
    Einer der wenigen Männer unter den Gästen stand auf, und die Frau an seiner Seite zog ihn am Ärmel, damit er sich wieder hinsetzte. Er schüttelte den Kopf, blieb unerbittlich. Nein, nein, er wollte nicht im Dunkeln sitzen und diese Stimme über sich gleiten fühlen.
    Zwei Kellner führten eine Frau auf die Bühne. Sie war groß und extrem dünn. Aber sie hatte offenbar mit den meisten Scheinen gewedelt, denn Jean-Claude bevorzugte Frauen mit mehr Kurven. Wie er einmal mir gegenüber betont hatte, hatten die Schönheiten seiner Zeit an den französischen Höfen Kleidergröße 42 getragen. Alte Vampire mochten kleine Frauen mit Kurven. Die meisten von uns leben so dermaßen im falschen Jahrhundert.
    Ganz langsam, sodass man es kaum bemerkte, war es auf der Bühne heller geworden. Jetzt war der Körper der beiden Personen für die Zuschauer gerade so zu erkennen. Man sah Jean-Claudes bleiche Hände über den Körper der Frau streichen. Er tat nichts Ordinäres; doch wenn er eine Frau an Rücken, Schultern oder Taille berührte, rief er mehr Wirkung hervor als manche Männer, die sie an den Brüsten und zwischen den Beinen anfassen. Manchmal ist eben das Wie entscheidend.
    Er drückte sie eng an sich. Da blieb nicht der geringste Platz zwischen ihnen. Ihr dünner Körper verschmolz förmlich mit seinem. Er hob ihr Gesicht an, fasste dabei um Kinn und Wange, um beim Kuss die Kontrolle darüber zu haben. Einen Arm legte er um ihre Taille und hielt sie fest. So fest, dass er ihr den Kopf in den Nacken beugen konnte. Überrascht öffnete sie den Mund. Eine der vorigen Frauen hatte ihn betatscht, darum sorgte er jetzt dafür, dass keine Hand mehr zwischen sie passte. Die Frauen deuteten den engen Körperkontakt als Zeichen der Zuneigung. Aber da irrten sie sich. Er diente als Schutz und war eher ein Zeichen von Ablehnung.
    Doch als er sich über ihren Mund beugte und sie küsste, war von Ablehnung nichts zu sehen. Er küsste sie, als wollte er sie in sich hineinsaugen. Er saugte an ihrem Mund wie er an einem Hals Blut saugen würde, und tatsächlich nährte er sich auch.
    Er zog Kraft von ihren Mündern. Wie das ging, wusste ich, seit der Drache, Primos alte Gebieterin, in meinem Kopf gewesen war. Sie allerdings konnte das Wesen der Toten verzehren und die Untoten endgültig töten. Das tat Jean-Claude nicht, aber es hatte eine schaurige Ähnlichkeit damit. Er sättigte die Ardeur durch Küssen.
    »Nikolaos hat ihm das nie erlaubt«, sagte jemand leise hinter mir.
    Ich drehte mich um. Es war Buzz. Ich hatte ihn wieder nicht gehört oder gespürt, und das hieß, die Bühnenshow hatte mich mehr gefangen genommen, als mir klar gewesen war.
    »Was meinst du damit?«
    »Nikolaos wusste, dass er sich von der Reaktion des Publikums sättigte, ohne überhaupt jemanden anzufassen. Darum verbot sie ihm Körperkontakt mit den Gästen.« Sein Blick ging an mir vorbei zur Bühne. »Ich glaube, sie ahnte, was er hätte sein können, und hat alles getan, um zu verhindern, dass er zu so großer Macht gelangt.«
    »Sie ist seit drei Jahren tot. Und du klingst, als ob du die Show gerade zum ersten Mal siehst.«
    Er sah mich an. »Das tue ich.«
    Ich riss die Augen auf. »Aber Nikolaos hätte ihn nicht weiter daran hindern können, das hier zu tun.«
    »Aber du konntest es.«
    »Was meinst du damit?«
    »Glaubst du denn, du wärst damals weiter mit ihm zusammen geblieben, wenn du ihn so auf der Bühne gesehen hättest?«
    Ich schaute zu Jean-Claude hinüber, der gerade eine fremde Frau küsste, als wäre es die große Liebe oder zumindest die größte Lust. Hätte ich mir das vor drei Jahren gefallen lassen? Nein. Hätte ich das als Vorwand genommen, ihm den Laufpass zu geben? Oh ja.
    Die Frau wurde in seinen Armen halb ohnmächtig, ihr Kopf sank nach hinten, als wäre der Kuss zu intensiv, um ihn bei Bewusstsein überstehen zu können. Ich hätte ja geglaubt, sie spielte das nur oder würde stark übertreiben, doch als die Kellner sie von der Bühne und zu ihren Freunden am Tisch zurücktragen mussten, war ich überzeugt.
    Jean-Claude schaute mit frischem Lippenstift am Kinn ins Publikum. Es sah fast aus wie Blut, und wie ich ihn kannte, wusste er das ganz genau. Seine blauen Augen leuchteten wie der Sommerhimmel kurz vor Morgengrauen. »Wer will die Nächste sein?«, fragte er, und es strich mir wie ein Flüstern am Ohr entlang, so als stünde er direkt hinter mir. Die Illusion war so

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