Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
stark, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht über die Schulter zu gucken. Eigentlich hätte ich gegen diesen Budenzauber immun sein müssen, und wenn der schon auf mich so eine Wirkung hatte, was fühlten dann die anderen Frauen hier?
Ich senkte meine Schilde ein wenig und konnte Jean-Claude in seiner Macht strahlen sehen. Und so sollte er eigentlich sein. Hier ging es nicht nur darum, die Ardeur zu befriedigen. Das war nicht einfach ein Ersatz fürs Blutsaugen. Das war ein Zweck an sich. So etwas hatte ich noch nie gesehen, nicht bei Jean-Claude, und auch nicht bei jemand anderem. Es passte zu all seinen Fähigkeiten, war ihnen ähnlich und war doch mehr.
Ich drehte mich zu Buzz um. »Damit hat er mich gerettet.«
Er machte ein verwirrtes Gesicht. Vampire, die keine zwanzig Jahre tot sind, haben noch eine relativ menschliche Mimik. »Gerettet? Wovor?«
»Hätte er sich nicht auf diese Weise gesättigt, hätte ich es für ihn tun müssen. Dafür sind die menschlichen Diener schließlich da. Wir nähren unseren Meister, wenn er es nicht kann. Sonst müsste ich jetzt weiter hinter der Bühne herumvögeln. Nein danke.«
»Du bist also nicht enttäuscht, weil er es mit anderen macht?«
Allmählich wurde ich unfreundlich. »Hört sich an, als seist du enttäuscht, weil ich mich nicht darüber aufrege. Warum?«
Er hob beschwichtigend die Hände, was aber bei seinen Bizepsen ganz anders rüberkam. »Ich finde nur, das ist eine schnelle Kehrtwende, mehr nicht.«
Ich seufzte. »Beim letzten Mal, als Jean-Claude mich gefragt hat, ob ich was dagegen habe, dass er sich an den Gästen sättigt, habe ich das nicht verstanden.« Ich lächelte, aber nicht gerade glücklich. »Außerdem habe ich es damals noch nicht mit wildfremden Männern getrieben, um seine Vampirkräfte zu stärken. Seltsam, aber das hat meine Ansichten über vieles geändert.«
Für meinen Geschmack guckte er viel zu ernst.
Ich wusste nicht, was mit Buzz los war, darum wechselte ich das Thema. »Liegt Primo denn sicher im Sarg?«
»Wir haben ihn reinverfrachtet, während du dich frisch gemacht hast.«
Ich nickte. Es war mir berichtet worden. Trotzdem hatte ich die Hände auf den Sarg gelegt und gefühlt, ob Primo wirklich drin lag. Der Sarg war mit Silberketten und einem Kreuz gesichert. Nicht dass ich den Leuten hier nicht traute, es war nur klüger, vorsichtig zu sein. Buzz’ seltsames Benehmen brachte mich nicht gerade von meiner Meinung ab, kein bisschen.
»Lisandro sagt, du hast ihm befohlen, beim Sarg sitzen zu bleiben.«
Ich nickte. »So ist es.«
»Primo liegt unter einem Kreuz mit Silberketten, Anita. Er kann nicht raus.«
Ich zuckte die Achseln. Lisandro war groß, dunkelhäutig, gut aussehend und hatte von den neuen Sicherheitsleuten die längsten Haare. Und er hatte als Einziger von ihnen eine Pistole im Hosenbund unter dem schwarzen T-Shirt stecken. Deswegen hatte ich bei ihm auf Werratte getippt und richtig gelegen. Ich wies ihn daraufhin an, Primo zu töten, sollte der aus dem Sarg ausbrechen. Jean-Claude hätte mir sicher zugestimmt, war aber auf der Bühne beschäftigt. Also traf ich die Entscheidung. Ich fand sie richtig, und es gefiel mir gar nicht, dass Buzz nicht damit einverstanden war.
»Sagen wir einfach, ich fühle mich wohler, wenn ich gleich zum Friedhof fahre und weiß, dass Lisandro mit Silbermuni neben dem Sarg sitzt und auch bereit ist, zu schießen.«
»Ich bin hier der Sicherheitschef, Anita. Du hättest das mit mir absprechen sollen.«
Ich seufzte. »Du hast recht, das hätte ich tun sollen. Es tut mir leid.«
Er sah mich bloß groß an wie ein Reh im Scheinwerferkegel. Ich glaube, er hatte mit Streit gerechnet. Aber ich war müde und spät dran und kam mir schmierig vor, weil ich mit Byron und Requiem Sex gehabt hatte.
»Ich muss los, Buzz.«
»Deine Leibwächter warten schon an der Tür«, sagte er und deutete mit einer Kopfbewegung zum Ausgang.
Dort stand Requiem in seinem schwarzen Umhang und in einer frischen Hose, die er sich von jemandem geliehen hatte. Sie war aus Leder, gehörte wahrscheinlich einem der Tänzer. Bei ihm war der dunkelhaarige Werwolf, der beim Kampf gegen Primo auf Clay und mir gelandet war. Er hieß Graham und hatte den Oberkörper eines Gewichthebers. Seine schwarzen Haare waren oben lang, sodass die Spitzen bis an die Ohren reichten, und an den Seiten und am Hinterkopf kurz rasiert. Ein sonderbarer Haarschnitt, fand ich, aber ich musste ja nicht damit herumlaufen.
Er
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