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Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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wenn er mich anfasste. Das ganze Rudel fühlte sich besser, wenn sie sich untereinander anfassten. Es war möglich, sich körperlich nahezukommen, ohne dass es sexuell wurde. So war es wirklich. Nur nicht für mich.
    Was mich zu dem aktuellen Problem zurückbrachte. Komisch, wie meine Gedankengänge immer wieder dorthin führten. Was sollte ich heute Nacht tun, wenn die Ardeur an die Oberfläche kam? Ich könnte Nathaniel in sein Zimmer verbannen, mit gutem Grund, denn am nächsten Morgen würde ich die Ardeur ebenfalls befriedigen müssen. Ich könnte ihn heute Nacht verschonen. Doch wir wüssten beide, dass das nicht der Grund wäre. Ich wollte nicht ihn verschonen, sondern mich. Wovor, wusste ich nicht so genau, aber es ginge dabei um mich und überhaupt nicht um ihn.
    Nathaniel wollte nicht geschont werden. Nein, das stimmte nicht. Nathaniel glaubte, er sei bereits vor allem verschont. Durch mich. Ich hatte ihn immer behandelt wie einen Prinzen, der seine Prinzessin finden muss, doch das war ganz falsch. Denn eigentlich war er die Prinzessin, und ich hatte ihn längst gerettet. Für Nathaniel war ich der Prinz in glänzender Rüstung. Ich brauchte nur zu ihm zu kommen, und dann lebten wir glücklich zusammen bis ans Ende unserer Tage.
    Das Problem war, dass ich für keinen den Prinzen oder die Prinzessin spielen wollte. Ich wollte nur ich selbst sein und hatte auch gar keine Rüstung, weder eine glänzende noch sonst eine. Ich war eben nicht der märchenhafte Typ. Und ich glaubte auch nicht an märchenhaftes Glück. Die Frage war, glaubte ich an menschliches Glück? Hätte ich sie beantworten können, wäre der Ärger vorbei gewesen, aber ich konnte es nicht. Während Micah uns durch die Oktobernacht nach Hause fuhr, wusste ich also auch weiterhin nicht, was ich tun sollte, wenn die Ardeur sich wieder meldete. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was richtig oder falsch war. War es nicht eigentlich so, dass das Richtige den Leuten half und das Falsche den Leuten schadete? Fällte man die richtige Entscheidung nicht, weil man damit das Richtige tat? Ich scheute mich immer, bei sexuellen Problemen zu Gott zu beten, aber diesmal tat ich es trotzdem, weil ich nicht mehr weiterwusste. Ich betete, er möge mich leiten. Ich betete um einen Hinweis, was für alle das Beste wäre. Ich bekam keine Antwort und hatte auch keine erwartet. Ich habe viele übernatürliche Gaben, aber direkt mit Gott sprechen kann ich nicht. Gott sei Dank. Lesen Sie das Alte Testament, wenn Sie das nicht für eine gruselige Idee halten. Leider bekam ich nicht nur keine Antwort, sondern ich empfand auch nicht den Frieden, der sich bei mir sonst beim Beten einstellt.
    Mein Handy klingelte. Ich fuhr zusammen und hatte solches Herzklopfen, dass ich nicht sofort sprechen konnte. Eine Frauenstimme sagte: »Anita, Anita, bist du dran?«
    Es war Marianne. Sie lebte in Tennessee und war die Vargamor des Eichenklans. Das war ein Titel aus sehr alter Zeit. Im Grunde war sie die Hexe des Rudels und half den Wölfen bei metaphysischen Problemen. Die meisten Rudel hatten keine Vargamor mehr, das war ihnen zu altmodisch. Vielleicht kommen sie mit dem ganzen New-Age-Zeug irgendwann wieder in Mode.
    Außerdem half sie mir, mit meinen Gaben zurechtzukommen. Sie ist das einzige Medium, das ich kannte und dem ich vertraute. Mit Gestaltwandlern kannte sie sich fast so gut aus wie ich, in mancher Hinsicht sogar besser, in anderer nicht. Für mich war sie Lehrer und Ratgeber in einer Person, und ich brauchte sie.
    »Marianne, wie schön, deine Stimme zu hören. Was gibt’s denn?« Ich merkte, dass ich atemlos klang.
    »Mich überkam gerade ein starker Drang, dich anzurufen. Was ist passiert?«
    Sehen Sie, sie ist ein Medium. Ich hätte ihr gern alles erklärt, doch Nathaniel saß hinter mir im Wagen. Was sollte ich tun? Ihm sagen, er soll sich die Finger in die Ohren stecken und laut summen, solange ich telefoniere? »Das ist im Augenblick ein bisschen schlecht.«
    »Soll ich raten?«
    »Wenn du möchtest.«
    Ein paar Augenblicke lang war sie still. Sie riet nicht, sondern setzte entweder ihre seherische Gabe ein oder zog eine Karte aus einem Tarotblatt. »Ich blicke hier auf den Ritter der Kelche. Das ist gewöhnlich Nathaniels Karte.« Ich war gelinde gesagt skeptisch gewesen, als Marianne mir zum ersten Mal die Karten legen wollte, doch zumindest in ihren Händen waren sie auf unheimliche Weise treffend. Anfangs war Nathaniels Karte der Knappe der Kelche gewesen,

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