Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
nicht allein mit einer Hand aufhalten.«
»Ich werde seinen Hals in die Armbeuge nehmen, damit er den Kopf nicht bewegen kann«, sagte ich, »aber dazu muss ich ihn ein bisschen hochkommen lassen.«
»Ein Würgegriff hält keinen Vampir auf. Die atmen ja nicht.«
Das stimmte nur halb, aber ich beließ es dabei. Streiten konnten wir später noch. »Ich will nur seinen Kopf festhalten, mehr nicht.«
Er nickte knapp, wenn er auch nicht überzeugt aussah, und das reichte. Ich schob den Arm hinter Damian, und der war so damit beschäftigt, Richard Gegendruck zu bieten, dass er es nicht bemerkte. Ich rutschte auf Knien hinter den Vampir und wurde mir plötzlich bewusst, dass ich nackt war. Während des Kampfes war das unwichtig gewesen. Jetzt war es plötzlich wichtig, und zwar wegen Richards Faust an Damians Hinterkopf. Die würde dort bleiben müssen, bis ich den Vampirhals in der Armbeuge hatte. Dann würde ich mit der anderen Hand das Handgelenk packen und mit aller Kraft zu mir heranziehen, während ich das Gesicht an seinen Hinterkopf drückte, sodass er mich theoretisch nicht beißen konnte. Doch bis dahin würde Richard ihn an den Haaren festhalten müssen. Nur wäre dadurch Richards Handrücken und Unterarm an meine nackte Brust gedrückt. Dass ich bei diesem Gedanken für eine Sekunde erstarrte, verrät Ihnen, wie wenig auf mein Benehmen in seiner Gegenwart Verlass war und wie verkorkst mein Verhältnis zu ihm war. Mitten in einem Kampf auf Leben und Tod machte ich mir Gedanken, weil meine Brust gegen seine Hand gedrückt wurde. Prioritäten, Anita, Prioritäten. Erst mal überleben, verlegen werden später.
»Mach schnell«, sagte Richard und klang angestrengt. Superstark heißt nicht, dass man nicht ermüden kann.
Ich holte tief Luft und schob mich an Damians Rücken und Richards Hand heran, schnell und entschlossen, ohne zu zögern, weil Richard mit seiner Faust an Damians Hinterkopf keine volle Gewalt über ihn hatte. Falls Damian mich bemerkte, ehe ich den Arm unter seinem Kinn hatte, würde Richard vielleicht nichts mehr tun können, um mich vor dem Vampir zu retten. Meine Hand berührte dessen blutglitschige Haut, sodass ich es zu Ende bringen musste. Ich musste die Erregung ignorieren, die ich empfand, als meine nackten Brüste Richards Handrücken streiften. Eine kleine Berührung, und ich bekam eine Gänsehaut. Doch es war mehr als körperliche Anziehung. Es war, als hielte die Welt den Atem an. Selbst Damian hielt einen Augenblick lang still. Ich fühlte Jean-Claude erwachen, die Augen öffnen, wusste, er lag auf zerwühltem Bettzeug in der lichtlosen Dunkelheit unter dem Zirkus. Er drehte sich in dem seidenen Nest, um nach Asher zu tasten, und stellte fest, dass es noch Stunden bis zum Aufwachen waren.
Seine Stimme hallte durch meinen Kopf. »Was hast du getan, ma petite?«
Ich weiß nicht, was ich geantwortet hätte, denn in dem Moment nahm ich meine Umgebung wieder wahr. Ich konnte Jean-Claude zwar noch spüren, doch meine Konzentration galt dem unmittelbaren Problem.
Damian half mir, mich nicht ablenken zu lassen, denn er wand sich und drehte mit aufgesperrtem Rachen den Kopf nach mir. Plötzlich hielt ich ihn ebenfalls an den Haaren gepackt und drückte ihn von meiner Schulter weg, aber es fehlten nur zwei Zentimeter. Ich schob den anderen Arm unter Damians Kinn an die Kehle, und er reagierte, als wäre die einzige Gefahr für ihn dieser von rechts kommende Arm. Er versuchte überhaupt nicht, sich gegen meine und Richards Faust zu drehen. Er dachte nicht mehr im Geringsten wie ein Mensch. Auch nicht wie ein Vampir. Nicht mal wie ein Tier. Ich wusste nicht, wie ich bezeichnen sollte, was aus ihm geworden war. In anderen Epochen hätte man ihn als besessen, dämonisch, verflucht bezeichnet.
»Und so wird er bleiben, wenn du ihn nicht aus diesem Zustand befreist«, sagte Jean-Claude in meinem Kopf.
Das lenkte mich ab. Ich schüttelte den Kopf, als umsummte mich ein lästiges Insekt, und dachte sehr angestrengt: Sei still. Ob er mich hörte oder selbst darauf kam, dass er mich ablenkte, weiß ich nicht, doch er schwieg.
Ich ließ Damians Haare los und schlang auch den anderen Arm um seinen Hals. Es hätte ihm die Luft abgeschnürt, wenn er welche gebraucht hätte. Vampire atmen, aber sie sind nicht darauf angewiesen. Auf der blutigen Haut rutschte mein Arm mühelos an seinen Platz, doch die Nässe machte es umso schwerer, ihn so festzuhalten, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Ich
Weitere Kostenlose Bücher