Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
musste, denn er holte Teller aus dem Schrank, und die Backbleche waren nirgends zu sehen. »Du hast gefragt, warum ich Clair nicht so ansehe wie du ihn, obwohl ich Sex mit ihr habe.«
»Es tut mir leid. Es war nicht richtig, das zu sagen, schon gar nicht in ihrem Beisein.«
»Ich hatte damit angefangen«, sagte er. »Die Antwort darauf ist ganz einfach: Ich empfinde für sie nicht, was du für ihn empfindest.«
Ich schüttelte den Kopf. »Warum denken bloß alle immer, wir wären ein Paar?«
Er lächelte traurig, reuevoll und bitter in einem. Es erinnerte mich an Micahs Lächeln, mit dem ich ihn kennen gelernt hatte. »Weil ihr selbst ohne Sex mehr ein Paar seid als ich und meine Sexpartnerinnen.«
Ich sagte nicht, einschließlich Clair, weil mich das nichts anging und weil es gemein gewesen wäre. Ich wollte nicht gemein sein.
»Sex macht noch kein Paar, Richard, Liebe macht es.« Sowie es heraus war, hätte ich es gern zurückgenommen. Ich war wie erstarrt, hatte Angst, woandershin zu gucken als in Richards Gesicht, weil ich nicht wusste, was mir anzusehen war. Ich wollte Nathaniel meine Bestürzung nicht zeigen, wusste aber auch nicht, was ich stattdessen zeigen sollte. Es war mir einfach so rausgerutscht.
»Das machst du immer«, sagte Richard.
»Was?«, fragte ich mit kleinlauter Stimme, die gar nicht nach mir klang.
»Dagegen ankämpfen, hadern.«
»Wogegen?
»Liebe, Anita. Du bist nicht gern verliebt. Ich weiß nicht, warum, aber es ist so.«
Mir fiel darauf keine Erwiderung ein.
»Ich gehe mal nach Gregory sehen. Entweder ist Damian eingeschlafen, oder er hat ihn gefressen.« Seinem Ton nach war er locker, aber Gesicht und Augen sagten etwas anderes. Er drehte sich um und verschwand ins halbdunkle Wohnzimmer.
In der Küche war es plötzlich sehr still. Ob Micah noch hinter mir stand, war nicht zu hören. Er war noch da, das wusste ich, aber offenbar hielt er den Atem an und wartete darauf, was ich erwidern oder tun würde. Das Problem war, dass ich keine Ahnung hatte, was ich tun sollte.
Nathaniel ging wortlos an mir vorbei, im Arm einen Stapel Teller aus grünem und blauem Glas. Er verteilte sie auf die Sitzplätze. Abwechselnd einen grünen und einen blauen. Er ging um den Tisch herum, weg von mir, dann stellte er den letzten ans Kopfende, wo er wieder in meine Reichweite kam. Ich blieb wie ein Idiot am selben Fleck stehen und wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich konnte ihm keine unsterbliche Liebe gestehen, weil ich sie nicht empfand. Tat ich einfach nicht.
Er trat einen Schritt vom Tisch weg und stand plötzlich direkt vor mir, nah genug, dass mir Vanilleduft in die Nase stieg, und der kam nicht vom Backen. Sein Gesicht war ernst, aber die Augen enthielten ein Lächeln. Er beugte sich heran und gab mir einen Kuss auf die Wange, während ich dastand wie ein Idiot. Ich hatte Angst. Angst, er könnte von mir verlangen, »ich liebe dich« zu sagen, oder etwas anderes Albernes oder Unmögliches. Doch das tat er nicht. Er küsste mich bloß und grinste mich an. »Hunderte Leute sagen mir ständig, dass sie mich lieben, aber sie meinen es nicht ernst. Sie wollen mich nur benutzen. Du wirst es vielleicht nie aussprechen, aber du meinst es ernst.«
Am Herd klingelte die Uhr, und er wandte sich lächelnd ab. »Die Brötchen sind fertig.« Mit einem Geschirrhandtuch anstelle von Topflappen holte er ein Blech aus dem Ofen. Die Brötchen waren goldbraun, und der Duft füllte die Küche. Er nahm das zweite Blech heraus, schloss die Ofentür, stellte den Backofen aus und sah mich an. »Ich weiß jetzt, was du für mich empfindest, denn du wärst lieber gestorben, als es vor Richard zu sagen, wenn es nicht wahr wäre. Selbst wenn du es nie wieder sagst, werde ich immer froh sein, es ein Mal gehört zu haben.«
Er ging auf den Durchgang zum Wohnzimmer zu. »Ich sage den anderen, dass das Frühstück fertig ist.« In der Tür drehte er sich noch mal um, mit einem Grinsen, das ich bei ihm noch nie gesehen hatte. Ein versehentliches Geständnis, und er wurde direkt übermütig. »Aber ich will trotzdem Geschlechtsverkehr.« Damit verschwand er um die Ecke und ließ von nebenan ein männliches Lachen hören.
Micah trat an mich heran. »Wie geht’s dir jetzt, Anita?« Da ich nicht antwortete, griff er um meinen Oberarm. »Sieh mich an.«
Ich blinzelte verwirrt, blickte ihn aber an. Das ging mir alles viel zu schnell. Ich fasste seine Arme und sagte das Erste, was mir durch den Kopf schoss. »Wenn ich in
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