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Schwarzer, Alice

Schwarzer, Alice

Titel: Schwarzer, Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die grosse Verschleierung
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Gleichzeitig spricht die IGMG auf
ihrer Homepage Nichtmuslimen und dem deutschen Rechtsstaat das Recht ab,
überhaupt kritisch über Sinn und Zweck des Kopftuches nachzudenken:
»Entscheidend für den Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ist das Selbstverständnis
des Grundrechtsträgers, der das religiöse Gebot in Bezug auf das Kopftuch für
sich als bindend betrachtet. Der Eindruck, der im sozialen Umfeld entsteht,
ist unrelevant. Denn die Interpretation der Glaubensgebote bleibt dem Gläubigen
selbst überlassen und das Neutralitätsgebot enthält ein Interpretations- bzw.
Bewertungsverbot für den Staat.«
    Auch die Absicht muslimischer Eltern, die Befreiung ihrer
Töchter vom koedukativen Sport- und Schwimmunterricht zu erwirken, wird auf
vielen Internetseiten wie beispielsweise der des Islamrates www.islamrat.de mit
dem Verweis auf entsprechende Paragrafen und Gerichtsentscheide argumentativ
unterfüttert. Dabei wird die Rechtsprechung in einschlägigen Fällen sorgfältig
analysiert, dokumentiert und für die weitere Argumentation ins Feld geführt.
    In wenigen Sekunden geht es via Internet in die Hochburgen
muslimischer Gelehrsamkeit, sei es in der al-Azhar in Kairo für den sunnitisch
geprägten Islam oder in Qom (Iran) für die schiitische Konfession. Dort kann
man Vorlesungen und Aufsätze abrufen, Lehrschreiben und Rechtsauskünfte sowie
herausragende Freitagspredigten religiöser Autoritäten. Besonders beliebt ist
das Medium für das Erfragen und Erteilen von Fatwas (Rechtsgutachten) zu allen
denkbaren Lebensfragen in Alltag, Familie und Öffentlichkeit. Gerne stellen
Musliminnen in der westlichen Welt ihre Fragen online und bekommen sie zeitnah,
oft sogar live beantwortet. Links zu islamischen Live-Radioprogrammen und
Chatrooms runden das Bild ab.
    Nahezu barrierefrei ist der Zugang zu Informationen über
Gebetszeiten des jeweiligen Tages oder den nächsten islamischen Friedhof, zu
islamischen Heiratsgesuchen ebenso wie zu theologischen Abhandlungen zu
unterschiedlichen Themen. Ausführlich und stets aktuell wird Stellung genommen
zu aktuellen politischen Ereignissen und Debatten in Deutschland. Ob Kopftuch
oder Islamkonferenz, islamische Schlachtung, Karikaturenstreit oder Bau einer
Großmoschee in Köln-Ehrenfeld - all diese Themen werden via Internet
aufgegriffen und diskutiert.
    Neben den saudischen Seiten hat sich besonders der gebürtige
Ägypter Yusuf al-Qaradawi als führende Autorität für Muslime in der Diaspora
etabliert, sei es über seine eigene Homepage www.qaradawi.net, mit zahlreichen
Rechtsauskünften, über www.islamonline.net oder als Vorsitzender des Europäischen
Rates für Fatwa und Islamstudien. Diese Organisation hat sich speziell dem
Thema »Islamisch leben in der Minderheit« verschrieben (www.ecfr.org). Die
Grundtendenz ist konservativ; Qaradawi selbst steht der Muslimbruderschaft
nahe, und auch die IGMG ist im Rat vertreten.
    Kompromissbereitschaft ist allenfalls ansatzweise
vorhanden und kaum einmal ohne Hintergedanken. Ein Beispiel:
    Das Eheverbot einer Muslimin mit einem Nichtmuslim wird in
aller Regel auch so verstanden, dass eine Ehe von Nichtmuslimen erlischt, wenn
die Frau Muslimin wird, ebenso eine Ehe von Muslimen, wenn der Mann sich vom
Islam abwendet. Um jedoch den besonderen Lebensumständen von Konvertitinnen in
westlichen Gesellschaften Rechnung zu tragen, deren Ehemänner die Annahme des
Islam verweigern, erließ der Rat eine umstrittene Fatwa, nach der die Frau in
diesem Fall mit allen ehelichen Rechten und Pflichten bei ihrem Mann bleiben
kann, wenn gewährleistet ist, dass er sie in ihrer Religion nicht behindert
und sie ihrerseits darauf hofft, dass er den Islam annimmt. Offen begründet
wird dieses Zugeständnis damit, dass man die Frauen nicht durch die Aussicht
auf Verlust ihrer Ehe- und Familienbande von der Annahme des Islam abhalten
will.
    Missionarische Überlegungen treten in nahezu allen Kontexten
auf. So werden Musliminnen vor dem Besuch gemischter Badeanstalten gewarnt; zum
Besuch reiner Frauenbadetage, die es mancherorts noch oder wieder gibt, aber
geradezu ermutigt, doch nicht nur zum Schwimmen: »Gleichwohl ermutigt der Rat
alle guten muslimischen Schwestern, ihren Blick gegenüber der offenbar
werdenden Aura (Scham) der anderen zu senken und eine ihrer Schwestern
auszuwählen, die sie im Schwimmen unterrichtet. Da die betreffenden nicht
muslimischen Frauen aus einer Art von Scham heraus Wert darauf legten, das
Schwimmbad nicht mit

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