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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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ihn beschimpfen und diesen vertrauensseligen Leuten zu verstehen geben, was für ein übles Monster er war! Statt dessen wurde ich vorwärts geschoben und zur Eile angetrieben. Ehe ich wußte, was geschah, fand ich mich auf einer ausgebleichten Bank wieder, und mein eigener Bruder Tom grinste mich an. »Puh, das war’n Ding, wie Pa deinen Hut gelüftet hat. Ohne Hut hättest du nicht entfernt seine Aufmerksamkeit auf dich gelenkt…
    bitte, Heavenly, hör auf, so dreinzuschauen! Es gibt keinen Grund zu zittern. Er kann dir nicht weh tun und würde es auch gar nicht.« Kurz drückte er mich an seine Brust, so wie er es immer gemacht hatte, wenn ich in Panik geriet. »Da steht jemand hinter dir, der dir unbedingt Hallo sagen möchte«, flüsterte er. Ich hob die Hände zum Hals, während ich mich langsam umdrehte, um direkt in die verwaschenen, blauen Augen eines runzeligen, alten Mannes zu sehen. Großpapa!
    Großpapa, gekleidet, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte, mit sportlicher Sommerkleidung und festen, weißen Sommerschuhen an den Füßen. Seine wäßrigen, seltsamen Augen schwammen in Tränen. Auf Grund der Art, wie er mich intensiv ansah, war klar, daß er versuchte, mich in seine Gedanken einzuordnen. Während er damit beschäftigt war, bemerkte ich, daß er zugenommen hatte. Gesunde Farbe tönte seine Wangen.
    »Ach«, rief er endlich, als er die richtigen Knöpfe gedrückt hatte, »’s ist Heaven-Kind! Hat’s dich endlich zurückgetrieben zu uns! So wie sie’s immer gesagt hat! Annie«, flüsterte er und versetzte der Luft neben ihm einen leichten Stoß mit dem Ellenbogen, »sieht’s nicht prima aus, was, Annie?« Er streckte den Arm aus, als ob er Annie, die so viele Jahre an seinem rechten Arm gegangen war, umarmen wollte. Der Gedanke, er könnte nur mit der Vorstellung, sie wäre noch am Leben, existieren, tat weh, schrecklich weh.
    Ich warf ihm die Arme um den Hals und drückte meine Lippen fest an seine Wange.
    »Ach, Großpapa, es tut so gut, dich wiederzusehen, so gut!«
    »Solltest deine Granny erst umarmen, Kind, solltest’s wirklich«, mahnte er.
    Pflichtbewußt umarmte ich den Schatten meiner toten Granny und gab der Luft dort, wo ihre Wange sein könnte, einen Kuß.
    Dabei schluchzte ich wegen allem, was ich verloren hatte, und noch mehr wegen dem, was noch zu tun war. Wie konnte ich die Luft packen und Sturheit und Stolz, wie sie alle Casteels besaßen, überzeugen, um Tom zur Besinnung zu bringen?
    Der halbseidene Zirkus war kein Platz für Tom, vor allem, wenn ich mehr als genug Geld zur Verfügung hatte, um ihn durchs College zu bringen. Während ich meinen Großvater anstarrte, war mir, als ob ich einen schwachen Punkt in Toms Schutzwall aus Hillbilly-Stolz entdeckte.
    »Hast du noch immer Heimweh nach den Hügeln, Großpapa?«
    Das hätte ich nicht fragen dürfen.
    Sein rührendes, altes Gesicht verlor jeden Glanz. Stiller Kummer verwischte den gesunden Eindruck, und er schien zu schrumpfen.
    »’s gibt kein’ besseren Platz zum Leben als dort, wo wir hingehören. Annie sagt’s die ganze Zeit… bring mich zurück zu meinem Platz, zurück, wo wir hingehören.«
    14. KAPITEL

    LUFTSCHLÖSSER

    Frustriert und ärgerlich fuhr ich von Tom und Großpapa weg, entschlossen, jetzt wenigstens Fanny vor dem Schlimmsten zu bewahren, wenn ich sonst schon niemanden retten könnte. In Großpapas Hosentasche steckte ich ein loses, zusammengerolltes Bündel Geldscheine, das er sich nicht einmal zu zählen bemüht hatte. »Du gibst das Tom, nachdem ich fort bin«, hatte ich ihm klargemacht. »Du siehst zu, daß er’s nimmt und für seine Zukunft verwendet.« Aber allein der Herr im Himmel wüßte genau, was ein seniler alter Mann mit so viel Geld anstellen würde.
    Wieder einmal flog ich, westwärts nach Nashville, wohin Fanny am Tag, nachdem sie ihr Baby an Reverend Wayland Wise und seine Frau verkauft hatte, gezogen war. In der Stadt angekommen, nannte ich einem Taxifahrer Fannys Adresse, dann lehnte ich mich zurück und schloß die Augen.
    Offensichtlich gab’s nur Niederlagen um mich herum und nichts, was ich richtig machen konnte. Der einzig sichere Hafen in Sichtweite war Troy, ich sehnte mich schmerzlich nach seiner Energie an meiner Seite – trotzdem war dies etwas, was ich alleine durchstehen mußte. Nie durfte ich Fanny einen Platz in meinem Privatleben einräumen, niemals.
    Schwül und heiß war es in Nashville, das einen altmodischen und sehr hübschen Eindruck machte.

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