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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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zu sehen, die Show-Girls und die Clowns mit ihren komischen Nummern. Und wir haben sogar Maschinen«, erklärte er stolz, wobei er auf ein Riesenrad deutete, das ich bis dahin nicht bemerkt hatte.
    »Wir hoffen, dieses Jahr sogar noch ein Karussell dazustellen zu können. Du weißt schon, eins von der Sorte, worauf wir als Kinder immer fahren wollten.«
    »Heavenly«, brach es plötzlich aus ihm heraus, während er mich am Arm nahm und in eine andere Richtung zog. »Der Zirkus ist jetzt Pas Welt. So wenig wie ich hattest du eine Ahnung, daß der Zirkus für ihn schon als Knabe immer sein Traum war. Tausende Male ist er von den Bergen fortgerannt, um sich in den Zirkus zu schleichen. Ich schätze, es war seine Art, der häßlichen Umgebung und der Armut in dieser Berghütte zu entfliehen, wo er aufwuchs. Erinnere dich, wie sehr er die Kohleminen haßte, und deshalb fing er mit der Schwarzbrennerei an. Außerdem ist er vor dem Spott geflüchtet, den jeder für die Casteels übrig hatte, die offensichtlich nichts Besseres konnten, als im Gefängnis zu enden, ertappt bei geringfügigen Vergehen. Wenn die Söhne der Casteels wenigstens dafür Bewunderung geerntet hätten, für ein größeres und schlimmeres Verbrechen eingesperrt zu werden, so was wie Mord.«
    »Aber Tom, das ist doch nicht dein Traum! Es ist seiner! Du kannst doch nicht deine College-Ausbildung sausen lassen, nur um ihm aus der Klemme zu helfen!«
    »Schließlich möchte er den Besitzer auszahlen, Heavenly, und dann wird dieser Zirkus ihm gehören. Als ich herausfand, was Pa plante, war ich mindestens so verdutzt, wie du jetzt. Ich wollte es dir erzählen, ehrlich, und trotzdem zögerte ich dabei, denn ich war mir ziemlich sicher, du würdest nur Spott für seine Unternehmungen übrig haben. Ich begreife ihn mehr als früher, und ich möchte, daß er einmal in seinem Leben Erfolg hat. Ich hasse ihn nicht, so wie du. Ich kann auch gar nicht so hassen, wie du’s tust. Er ist auf der Suche nach seiner Selbstachtung, Heavenly, und wenn auch das, was er jetzt tut, in deinen Augen nur Schrott ist und nichts bedeutet, dann ist’s doch die größte Sache, die er in seinem Leben versucht hat.
    Wenn du ihn siehst, gib ihm nicht das Gefühl, ein Niemand zu sein.«
    Wieder blickte ich mich um. Einige Frauen hatten sich vor kurzem in ihren winzigen Duschkabinen in den Wohnwagen geduscht und standen jetzt, in Handtücher gewickelt, in Gruppen beisammen und starrten herüber, wo Tom und ich standen. Ich hatte mich noch nie so auffällig gefühlt. Andere Frauen arbeiteten an zerrissenen Kostümen. Alle plauderten in guter Stimmung, hübsche Mädchen, die schon ins Zirkusleben hineingeboren worden waren, warfen Tom und mir manch neugieriges Lächeln zu. Muskulöse Akrobaten übten auf dreckigen Leinwandmatten, und wenigstens ein Dutzend Zwerge rannten mit den kuriosesten Beschäftigungen herum.
    Meiner Vermutung nach war dies genau der richtige Platz für jemanden wie Pa, um sich dort zu verbergen, denn keinen hier würde es kümmern, woher er käme oder wie schäbig sein Hintergrund war. Jedoch wußte ich genau, was Tony empfinden würde, wenn er sehen könnte, was ich sah.
    Vielleicht wußte er ja sogar Bescheid und hatte mir deshalb verboten, auch nur einen einzigen Casteel mit zurückzubringen.
    »Ach, Tom, das ist für Pa in Ordnung. Viel solider und besser, als Schnapsbrennerei. Aber es ist nichts für dich!« Ich zog ihn auf eine schmale Bank im Schatten einer tropisch anmutenden Bäumgruppe. Auf dem Boden lagen Essensreste verstreut, an denen Vögel pickten, die dreist genug waren, sich sogar zu unseren Füßen niederzulassen und zu fressen. Die Hitze und die Gerüche hatten mich matt gemacht. Meine Juwelen wirkten wie eine schwere, klebrige Last. »Troy hat mir mehr als genug Geld gegeben, um dich durch vier Jahre College zu bringen«, begann ich außer Atem. »Du mußt deine Träume nicht aufgeben, nur damit Pa seine wahrmachen kann.«
    Toms schlankes Gesicht wurde ganz rot, bevor er den Kopf sinken ließ. »Du verstehst mich nicht. Ich war schon am College und habe versagt. Ich wußte schon immer, daß meine Träume nicht wirklich werden würden. Ich wollte nur dir einen Gefallen tun. Mach du weiter, erwirb deine akademischen Grade und denk nicht mehr an mich. Ich mag’s sogar noch lieber, wenn Pa und ich genug verdienen, um den Zirkusbesitzer auszuzahlen. Nun, eines Tages könnten wir ja sogar mit der Show weiter herumreisen als nur durch Georgia und

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