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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Bogenfenster hinter ihm konnte man sehen, wie die Schatten der Nacht die zart-violetten Farben der Dämmerung vertrieben.
    Der erste Stock von Farthy begann mindestens viereinhalb Meter über dem Erdboden. Deshalb boten seine Fenster eine perfekte Aussicht auf das Labyrinth. Dabei wirkte es so abgeschlossen, wenn man drinnen war. Das Labyrinth war für mich ein Symbol für das Geheimnis und die romantische Art von Troy, aber auch für die Liebe, die wir gefunden hatten. Ich war nicht fähig, den Blick von der drei Meter hohen Hecke zu wenden.
    »Setz dich«, befahl er. Sein Gesicht lag im Schatten und war kaum zu erkennen. »Und jetzt erzähl mir über dein vergnügliches Einkaufen in New York. Erzähl mir noch einmal von den Tagen mit den sintflutartigen Regenfällen, als die Brücken zusammenstürzten, die Straßen überflutet waren und der Doktor nicht kommen konnte.«
    Während Logan mein Gesicht gewaschen und meine Haare gebürstet hatte, hatte er mir eine Menge übers Wetter erzählt.
    Deswegen konnte ich ungeniert von dem schrecklichen Gewittersturm reden, der die ganze Ostküste, bis in den Norden von Maine hinauf, verwüstet hatte. Und Tony hörte mir ohne eine einzige Frage zu, bis ich mich völlig verheddert hatte.
    »Ich verachte Leute, die lügen«, konstatierte er, als mir die Stimme versagte. Ich konnte nur noch mit verschränkten Händen dasitzen und versuchte, sie nicht zu bewegen. Ebenso versuchte ich, nicht aus Nervosität mit den Füßen zu scharren.
    »Es ist eine ganze Menge passiert, seit du fort gingst. Ich weiß, daß du nicht nach New York geflogen bist, um das Brautkleid zu kaufen. Ich weiß, daß du nach Georgia geflogen bist, um deinen Halbbruder Tom zu besuchen. Dann bist du nach Florida gefahren, um deinen Vater zu treffen. Später flogst du dann auf Besuch nach Nashville, zu deiner Schwester Fanny, die mit Künstlernamen Fanny Louisa heißt.«
    Seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht erkennen, denn zu diesem Zeitpunkt lag der Raum tief im Schatten, und er machte keine Anstalten, auch nur eine Lampe anzuzünden. Ganz schwach konnte ich durch die Wände hindurch die Stimmen der Frauen hören, die sich versammelten. Keines ihrer Worte war zu unterscheiden. Wie besessen wünschte ich mir, bei ihnen dort draußen zu sein, statt hier drinnen mit ihm. Ich seufzte schwer und wollte aufstehen.
    »Setz dich«, kalt und befehlend klang sein Ton. »Ich bin noch nicht zu Ende. Da sind noch ein paar Fragen, die du beantworten mußt, aber ehrlich. Zuerst mußt du mir mal dein tatsächliches Alter verraten.«
    »Ich bin achtzehn.« Meine Antwort kam ohne Zögern.
    »Ich habe keine Ahnung, warum ich bei meiner Ankunft über mein Alter Lügen verbreitete und behauptete, ich wäre sechzehn. Es hatte mich nur immer schon ein wenig in Verlegenheit gebracht, daß sich meine Mutter Hals über Kopf in eine Ehe mit meinem Vater gestürzt hatte. Dabei hatte sie ihn vor dem Tag ihrer Begegnung in Atlanta noch nie gesehen.«
    Sein Schweigen war so plastisch, daß die Luft davon zitterte.
    Verzweifelt sehnte ich mich nach Licht.
    »Außerdem, was für einen Unterschied macht schon ein Jahr?« fragte ich. Es war beängstigend, wie er im Dunkeln dasaß und kein Wort sagte. Ich wagte kaum noch zu atmen.
    »Troy habe ich von Anfang an erzählt, daß ich siebzehn war und nicht sechzehn, denn er wirkte nicht so kritisch wie du.
    Bitte, Tony, laß mich jetzt zu ihm. Er braucht mich, und ich kann ihn aus seiner Depression herausziehen. Ehrenwort, ich war schwerkrank; wenn ich dazu in der Lage gewesen wäre, wäre ich auf allen vieren zu Troy zurückgekrochen.«
    Er rückte seinen Stuhl, um die Ellbogen auf seinen Schreibtisch zu stützen. Dann verbarg er den Kopf in seinen Händen. Das Licht vom Fenster hinter ihm bildete einen purpurroten Rahmen. Hinter dunklen Wolkenstreifen tauchte die Mondsichel auf und verschwand wieder, kleine Sterne blinkten und erloschen. Die Zeit verrann, eine Zeit, die mit Troy besser verbracht wäre. »Laß mich jetzt zu Troy gehen, bitte, Tony.«
    »Nein, noch nicht.« Seine Stimme klang belegt und rauh.
    »Setz dich jetzt hierher und erzähl mir, was du über die Begegnung zwischen deiner Mutter und deinem Vater weißt –
    den Monat, den Tag und das Jahr. Nenne mir den Tag ihrer Eheschließung. Sag mir alles, was deine Großeltern über deine Mutter erzählten. Solltest du dann jede einzelne meiner Fragen beantwortet haben, kannst du zu Troy gehen.«
    Im Dunkeln verlor ich jedes

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