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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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draußen und sah hinein. Und dann machte ich mit achtzehn meinen Abschluß in Harvard, mit Auszeichnung. Geradewegs von der Prüfung ging ich zu Tony und erzählte ihm, ich wolle die Welt so erleben wie er damals.
    Er wollte nicht, daß ich gehe, und bat mich, doch zu bleiben, bis er mich begleiten könne… aber er mußte sich um Geschäfte kümmern, und mich trieb die Zeit zur Eile an; unentwegt, denn bald würde es zu spät sein. Also ritt ich letztendlich vielleicht auf denselben Kamelen durch den Sand der Sahara wie Tony und Jillian, kletterte vielleicht dieselben bröckeligen Stufen der Pyramiden hinauf. Und zu meinem großen Kummer entdeckte ich, daß die exotischen Reisen, die ich in meiner Phantasie gemacht hatte, während ich im Bett lag und mir ausmalte, wie es wohl sein würde, bei weitem die besten Reisen gewesen waren.«
    Diesmal ließ mich seine Stimme vor Schreck erstarren. Als er zu sprechen aufhörte, kam ich mit einem schmerzhaften Schlag wieder zu mir. Alles, was er nicht ausgesprochen hatte, hatte mich verwirrt. Alles war ihm zu Füßen gelegen, die Hälfte eines enormen Vermögens, seine Intelligenz, sein gutes Aussehen, aber er hatte es zugelassen, daß ihm kindische Träume die Hoffnung auf eine lange und glückliche Zukunft raubten! Schuld war dieses Haus, redete ich mir selbst ein, dieses riesige Haus mit seinen vielen, endlosen Hallen und geisterhaften Räumen. Schuld war ein kleiner Junge mit viel zu viel Zeit für sich selbst. Trotzdem, wie konnte das passieren, wenn doch die Casteel-Geschwister, die so wenig besessen hatten, sich immer so wildentschlossen an den Glauben geklammert hatten, die Zukunft würde für alles entschädigen?
    Ich hob den Kopf und versuchte all das mit Küssen auszudrücken, was ich nicht in Worte fassen konnte. »Ach, Troy, es gibt so viel, was wir zwei noch nicht ausprobiert haben. Alles, was dir fehlte, war ein Reisebegleiter für dich, und du hättest jeden Platz genauso toll gefunden, wie du’s dir ausgemalt hattest. Ich bin sicher, das stimmt. Ich will einfach nicht glauben, daß alle Träume, die Tom und ich über Entdeckungsreisen in der Welt hatten, während wir aufwuchsen, in Wirklichkeit eine Enttäuschung sein werden.«
    Seine Augen schienen wie dunkle Waldseen, in denen sich die Ewigkeit spiegelte. »Du und Tom, ihr seid nicht zu demselben verurteilt wie ich. Ihr habt die Welt noch vor euch; meine Welt wird immer von den Träumen überschattet sein, die ich hatte und die sich erfüllten. Und auch von meiner Überzeugung, daß auch noch die anderen wahr werden, denn schon so oft habe ich von meinem Tod geträumt. Ich habe meinen eigenen Grabstein gesehen, obwohl ich nicht mehr darauf entziffern kann, als meinen eingemeißelten Namen. Du siehst, Heavenly, ich war nie wirklich für diese Welt geschaffen. Ich bin immer kränklich und melancholisch gewesen. Deine Mutter war wie ich – und deshalb wurden wir auch füreinander so wichtig. Und als sie verschwand, als ich von ihrem Tod träumte und wußte, mein Traum hatte die Wahrheit erzählt, konnte ich nicht begreifen, wieso ich denn noch weiterlebte. Denn wie Leigh sehne ich mich nach Dingen, die man in dieser Welt nicht finden kann. Wie sie werde ich jung sterben. Ehrlich, Heaven, ich habe keine Zukunft. Wie kann ich jemanden, der so jung, strahlend und verliebt ist wie du, auf den dunklen Pfad ziehen, der meiner ist? Wie könnte ich heiraten, nur um dich zur Witwe zu machen? Wie könnte ich ein Kind zeugen, das ich bald ohne Vater zurücklassen würde, so wie ich vaterlos zurückgelassen wurde? Möchtest du wirklich einen dem Tod geweihten Mann lieben, Heaven?«
    Dem Tod geweiht? Ich zitterte und klammerte mich an ihn.
    Plötzlich überfiel mich die verblüffende Erkenntnis, was seine Poesie bedeutete. Sterblichkeit! Unsicherheit! Der Wunsch nach einem frühen Tod, weil das Leben eine Enttäuschung war! Aber ich war jetzt hier!
    Nie wieder würde er Sehnsucht haben, sich einsam oder enttäuscht fühlen. Mit verzweifelter Leidenschaft begann ich, seine Jacke aufzuknöpfen, während ich meine Lippen auf seine preßte. Dann waren wir endlich nackt und naß, und die Sinnlichkeit kam zu ihrem Recht. Und auch wenn es draußen schneien würde, statt nur leicht zu regnen, würde unser brennendes Bedürfnis, einander immer und immer wieder zu besitzen, ihn in die Zukunft führen, bis wir beide so alt wären, daß der Tod willkommen wäre.
    In dieser Nacht blieb ich bei Troy, obwohl Tony und Jillian zurück

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