Schwarzer Koks (German Edition)
haben uns hier zusammengefunden, um das Hinscheiden eines unschuldigen jungen Mannes zu betrauern. Gottlose Drogenhändler haben ihm das Leben gestohlen.«
Heftiges Schluchzen drang aus der ersten Reihe zu ihm hinauf. Shauns Mutter sank zu Boden. Dort lag sie wie ein Fötus und zitterte am ganzen Leib. Ihr Gatte und zwei weitere Gemeindemitglieder beeilten sich, ihr aufzuhelfen. Von Weinkrämpfen geschüttelt, sackte sie zurück auf die Bank.
Elijah senkte den Kopf.
»Mit Drogen zu handeln, ist eine Sünde«, sagte er. Ein beifälliges Murmeln ging durch die Gemeinde. »Und Drogenhändler werden am Tag der Abrechnung von Gott dem Herrn bestraft.«
Zu einer scharfen Tirade bereit, hob Elijah den Kopf. Er stockte.
In der Nähe des Portals, noch hinter der letzten Bank, stand eine Frau von der Breite zweier Särge und starrte ihn an. Trotz der Hitze draußen trug sie einen schweren schwarzen Mantel. Sie hatte eine knubbelige Nase und engstehende Augen. Der Strich ihrer Lippen wirkte wie mit einem Three-Star-Messer ins Gesicht geschlitzt. Sie fuhr sich mit einer schwarz behandschuhten Hand über das kurze Haar. Dann bildete sie mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole und zielte damit auf Elijah.
Elijah hatte einen Kloß im Hals.
Seine Gemeinde blickte ihn fragend an.
Elijah senkte den Kopf wie tief im Gebet. Um ein Haar wäre ihm die Bibel aus den schweißnassen Händen gefallen.
»Gott hat Shaun zu sich gerufen«, murmelte er. Er rasselte den Rest der Predigt herunter und gab sich dabei alle Mühe, nicht in Richtung des Eingangs zu sehen. Zum Abschluss führte er die Gemeinde durch einige Lieder. Während »Jesus, der Erlöser« wagte Elijah einen Blick hinter die letzte Reihe, aber die Frau war fort. Mit wiederbelebtem Eifer stimmte er die letzte Strophe an.
Als der Gottesdienst zu Ende war, stand Elijah vor dem Portal am Kopf der Treppe und drückte jedem, der aus der Kirche kam, einzeln die Hand. Er umarmte die trauernden Eltern und versprach, für sie zu beten. Er ging um die Kirche herum in den Friedhof. Dort scharte man sich um eine ausgehobene Grube. Elijah sprach ein Gebet, als man den Sarg dem Grab übergab. Während die Gemeinde sang, schaufelten Totengräber die Grube zu.
Schließlich war das Grab gefüllt. Man schmückte es mit Kränzen und Bouquets.
Elijah sprach ein Dankgebet. Dann eilte er in einem solchen Tempo zurück in die Kirche, dass er Seitenblicke der Kirchenältesten auf sich zog. Er warf die schweren Flügel des Portals hinter sich zu und lief ins Büro. Dort holte er einen Beutel mit schwarzem Pulver aus der obersten Schreibtischschublade und einen Spiegel dazu. Den legte er neben die Teekanne, die seit dem frühen Morgen auf dem Stövchen stand. Er zog eine lange dünne Spur des Pulvers darauf und schnupfte sie mit einem zusammengerollten Geldschein weg. Nase, Mund und Rachen waren sofort völlig taub.
Er sank auf seinen Stuhl. Ein wohliges Kribbeln durchströmte seinen Körper und wurde zu einem lustvollen Crescendo. Es war, als stünde er kurz vor einem Orgasmus. Er verlor jedes Zeitgefühl, bis die Wirkung der Droge wieder abzuklingen begann. Dann setzten pochende Kopfschmerzen ein.
War das tatsächlich Amonite Victor gewesen, die er da hinten in der Kirche gesehen hatte? Oder war es ein Dämon, der ihn Shauns Tod wegen heimsuchen kam?
Elijah musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um einer weiteren Spur zu widerstehen. Er hätte so unmöglich den Abendgottesdienst halten können. Er zog den Talar aus und wandte sich dem Spiegel an der Wand zu. Mit einem bewundernden Blick auf sein ausgeprägtes Kinn zog er seinen Nadelstreifenanzug zurecht. Nicht mehr lange, und er hätte eine Kirche, die an Größe denen der Pfingstler-Gruppen mit ihrem Geld aus den USA in nichts nachstehen würde. Er wäre dann so wohlhabend, dass seine Verwandtschaft sich überschlagen würde, nach seiner Pfeife zu tanzen. Seine Familie würde in ihm nicht mehr den Versager sehen. Selbst sein Vater würde stolz auf ihn sein.
Aber jetzt musste er sich erst einmal entspannen. Vielleicht sollte er für den Nachmittag nach Hause gehen und sich mit seinem jungen Geliebten treffen. Patrice. Elijahs Weichteile regten sich beim Gedanken an ihn. Er sprang auf und eilte die Treppe hinab. Er trat hinaus in die Kirche. Dort stockte ihm der Atem. Er griff nach der Lehne einer Sitzbank, um nicht zu fallen.
Auf dem Mittelgang kam, eine fleischige Pranke ausgestreckt, Amonite Victor auf ihn zu, ein breites Grinsen
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