Schwarzer Koks (German Edition)
zurück.
Bis in die jüngste Zeit war er von der Richtigkeit seines Kampfs gegen die Drogen überzeugt gewesen. Was hatte sich inzwischen geändert?
Er stand auf und ging in den Park nahe der U-Bahn-Station Caledonian Road. Alkoholiker hingen um die Parkbänke herum, gestikulierten mit ihren Spritflaschen, schrien aufeinander ein. Eine jähe Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit. Ein hochgewachsener Mann in einer Lederjacke wandte sich ab.
War er paranoid? Spielten ihm seine Nerven einen Streich?
Er ging wieder nach Hause. Caitlin war noch immer nicht da. Er machte sich einen Teller Spaghetti Bolognese. Er setzte sich vor den Fernseher und sah sich einen hirnlosen Actionstreifen an. Abends um zehn kam Caitlin hereingestolpert, angetrunken; sie verschwand sofort in ihrem Zimmer.
Am nächsten Morgen hörte Nathan zum Frühstück die Nachrichten auf Radio 4. Er hatte wieder nicht sonderlich gut geschlafen. Er war mit seinen Gedanken bei Steve und versuchte sich zurechtzulegen, was er Cedric sagen sollte.
»Die Polizei ermittelt in einer Serie von Gewalttaten in einigen Crackhäusern in North London in der Nacht vom Freitag auf Samstag«, sagte der Nachrichtensprecher. »Ein Polizist befindet sich in kritischem Zustand, ein mutmaßlicher Drogenhändler kam einer anonymen Quelle der BBC zufolge bei den Gewalttaten um.«
Der Kaffeebecher blieb kurz vor Nathans Mund stehen.
»Es gibt Hinweise darauf, dass ein hochriskanter Einsatz eines Undercover-Agenten der Serious Organised Crime Agency nach hinten losging.«
Nathan knallte den Becher so hart zurück auf den Tisch, dass er überschwappte.
»Das wird den ohnehin schon großen Druck auf die SOCA–«
»Hi, Nathan.«
Caitlin war im Türrahmen aufgetaucht.
Nathan stellte das Radio lauter, aber der Nachrichtensprecher war zum nächsten Punkt übergegangen. Er schob sich wortlos an Caitlin vorbei. Er griff sich Tasche, Schlüssel und Jacke.
»Was ist denn?«, fragte Caitlin schmollend. »So betrunken war ich gestern Abend auch wieder nicht.« Er verließ die Wohnung ohne ein weiteres Wort. Als er zu seinem Wagen ging, kochte er vor Unwillen und Zorn.
Wer zum Teufel hatte das zur BBC durchgestochen? Und wie kamen die dazu, ihm die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben?
Kapitel 20
Central London, England
11. April 2011
Nathan eilte die Treppe hinauf und durch die Flügeltür ins Büro der SOCA im zweiten Stock. Augenpaare hoben sich über die Computermonitore und starrten ihn an. Er stürmte die Reihen der Schreibtische entlang in Richtung von Cedrics Büro.
Florence, Cedrics Sekretärin, hob die Hand wie eine Verkehrspolizistin.
»Er ist beschäftigt«, sagte sie, ohne von ihrem Schreibtisch aufzusehen, der die Tür zu Cedrics Büro bewachte. In ihrem violetten Kleid, dem dick aufgetragenen Lippenstift und dem knochigen Schnabel von einer Nase sah sie aus wie ein Pfau.
Nathan ging weiter. Für so etwas hatte er keine Zeit.
Florence sprang auf. »Er telefoniert gerade mit Sir George.«
»Lassen Sie mich durch.«
»Er ist nicht gerade bester Laune.«
»Ich auch nicht.« Nathan ging um sie herum.
»He, Sie können doch nicht so–«
Nathan stieß die Tür auf.
Cedric stand vor einer weißen Tafel neben seinem Schreibtisch. Einen schwarzen Marker in der Hand, die Brauen hochgezogen, fuhr er herum. Er hatte die Krawatte gelockert und die Ärmel hochgezogen. Er hatte dicke dunkle Säcke unter den Augen und war nicht rasiert.
»Cedric, was zum Teufel geht hier vor?«, fragte Nathan.
»Dir auch einen guten Morgen.« Cedric winkte Florence ab, die wutschnaubend in der Tür stand. »Schon gut, Flo. Ich mach das.«
Sie ging rückwärts hinaus. Ohne sich umzudrehen, trat Nathan die Tür so fest zu, dass die Wand zitterte.
»Hast du die Nachrichten gehört?«
»Nathan, setz dich.«
»Nein.«
»Nicht so laut. Lass uns vernünftig darüber reden.«
»Du warst die anonyme Quelle, die mir das in die Schuhe schiebt!« Nathan richtete einen Finger auf ihn. »Und ich soll vernünftig sein?«
»Bist du sicher, dass du dich nicht setzen willst?« Cedric zog sich die Krawatte vom Kragen und warf sie über die Lehne seines Ledersessels. »Du siehst fertig aus.«
Nathan blieb stehen.
Cedric zog die Achseln hoch. »Tasse Kaffee?« Er trat an eine Kaffeemaschine auf einem kleinen Tisch in der Ecke. »Meine Frau hat mir den Apparat hier letzte Woche zum Geburtstag geschenkt. Fünfundfünfzig. Kannst du dir das vorstellen? Schade, dass du nicht zur Party kommen
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