Schwarzer Koks (German Edition)
ihre Überfälle.«
»Warum hast du das nicht bei meiner Präsentation gesagt?«
»Weil wir Sir George nicht frontal angehen können«, sagte Cedric. »Das geht einfach nicht. Also, zu Amonite. Ich habe ihren Akt vom Vorjahr gezogen.« Er überblätterte einige Seiten und schob die Mappe dann Nathan zu. Der überflog die Seite.
Geboren war Amonite in El Paso, West-Texas. Ihre Eltern waren Ladeninhaber aus Bogotá, die in die Staaten ausgewandert waren. Amonite hatte eine schwierige Kindheit, flog wegen ihrer Aggressivität von einer Schule nach der anderen, bis sie schließlich zur Army ging, wo sie zur Scharfschützin und Feuerwerkerin ausgebildet wurde. Sie diente im ersten Irakkrieg, ging dann Ende der Neunziger für einige Zeit als Militärberaterin nach Kolumbien, bevor sie nach 9/11 nach Afghanistan kam. Man hatte sie mehrmals wegen ihrer Brutalität gegenüber Gefangenen gerügt, aber das war ja bei der Army normal.
»Das ist nicht viel«, sagte Nathan. »Obwohl ich vergessen hatte, dass sie in der Army gedealt hatte und deswegen rausflog.«
Sie war wieder in den Staaten stationiert. Man erwischte sie dabei, mithilfe ihrer Connections nach Kolumbien Kokain über die mexikanische Grenze ins Land zu schaffen. Die Army entledigte sich ihrer ohne großes Aufsehen. Sie wurde Söldnerin in allen Krisenherden der Welt: Kongo, Liberia, Kolumbien. Schließlich ging sie zu La Eme, der mächtigen mexikanischen Mafia, die sich damals mit zunehmender Brutalität über die USA und Europa auszubreiten begann. Von ihren Fertigkeiten beeindruckt, hatte Don Camplones, der ebenso arrogante wie brutale Chef von La Eme, Amonite zu seiner persönlichen Auftragskillerin gemacht.
Nathan fand einige mit Teleobjektiven geschossene Fotos von einer muskulösen Frau mit halblangem Haar, knubbeligem Gesicht, platter Nase und Sonnenbrille. Ihr ausgeprägter Adamsapfel wies auf die langjährige Einnahme von anabolen Steroiden. Sie war von zwei breitschultrigen Gorillas flankiert.
»Wie hat sie die Exekution überlebt?« Nathan hob den Blick. »Wir waren doch dabei. Wir haben gesehen, wie die mexikanische Polizei sie erschoss.«
»Keine Ahnung.«
»Wäre es möglich, dass Camplones auch noch am Leben ist? Womöglich ist er ja der geheime Boss hinter der Front.«
»Das wirst du herausfinden.«
Nathan ordnete die Papiere, indem er den Packen auf dem Tisch aufstieß. »Die kann ich doch mitnehmen, ja?«
»Schredder sie, wenn du fertig bist.«
»Ich mach mich mal besser auf den Weg.« Nathan stand auf. Das Kribbeln in ihm nahm zu. Das war es, worin er am besten war: gegen international organisierte Verbrecher zu ermitteln, einen Fall aufzubauen und die Schweinepriester dann hochzunehmen. »Bin ich wirklich suspendiert?«
»George wird da nicht nachgeben.«
»Was erwartest du denn dann von mir?«
»Ich finde, du solltest wieder nach Kolumbien gehen.«
»Inoffiziell?«
Cedric nickte grimmig. Er gab Nathan einen Zettel mit einer Telefonnummer.
»Eine sichere Verbindung«, sagte er. »Nur für absolute Notfälle.«
»Danke.« Nathan prägte sich die Nummer ein und riss den Zettel dann in kleine Stücke. Sein Telefon vibrierte wieder. Es war wieder Caitlin.
Cedric legte ihm eine Hand auf den Arm. »Eines solltest du noch wissen.«
»Was denn.«
»George…«
»Was ist denn mit ihm?« Das Telefon verstummte auf halbem Weg an sein Ohr.
»Er wurde gerade wieder zum britischen Botschafter in Kolumbien berufen.«
Kapitel 22
North London, England
11. April 2011
Nathan wusste in dem Augenblick, dass etwas nicht stimmte, in dem er den Treppenabsatz vor seiner Wohnung erreichte. Der irdene Pflanztopf neben seiner Tür war zerschlagen. Erde und Blütenblätter waren über den ganzen Flur verstreut. Caitlins Fahrrad war umgekippt, das Hinterrad drehte sich noch.
Nathan stürzte auf die Tür zu. Sie war abgesperrt.
Seine Hand fuhr unter die Jacke und griff nach der Browning, die er in dem Crackhaus eingesteckt hatte. Er schloss die Tür auf und öffnete sie sachte. Er trat in die Diele. Caitlins Schuhe und Schal lagen auf dem Laminatboden. Ihr Pelzmantel lag in einer Ecke. Ihre Handtasche lag auf dem Fußabstreifer, ihr Inhalt halb über den Boden verstreut.
Nathan spähte in die Küche. Eine halb geleerte Schale Frühstücksflocken und eine leere Flasche Milch standen auf dem Tisch. Das schmutzige Geschirr quoll aus der Spüle. Aus dem Wohnzimmer kamen Stimmen. Die Tür war geschlossen. Er legte die Hand auf die Klinke, drückte
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