Schwarzer Kuss Der Nacht
weißt alles, was hier im Haus abläuft.«
Der Dschinn grinste schnöselig, was Will erst recht sauer machte.
»Muss ich dich zwingen, mir zu antworten?«, drohte er. »Hast du etwas angestellt?«
Ehe der Dschinn antworten konnte, klopfte es an der Tür. Will, der hoffte, dass Mai zurückgekommen war, um sich für ihren Freund zu entschuldigen, ging hin. Vor der Tür stand die Mieterin aus 10-A. »Ach, hallo, Tiffany.«
»Hi, Will«, begrüßte sie ihn und lächelte unsicher. Sie war ungefähr in seinem Alter und wahrscheinlich einmal eine gutaussehende Frau gewesen … vor zweihundert Pfund. »Mein Waschbecken ist wieder verstopft. Macht es dir etwas aus, dir das einmal anzusehen?«
»Nee, nee, schon gut«, stöhnte er. »Ich hole nur mein Werkzeug.« Er machte die Tür so weit zu, wie es ging, ohne dass es unverschämt wirkte. Sein Werkzeug hatte er immer im zweiten Schlafzimmer, und dorthin lief er jetzt.
Wie er Tiffany kannte, hatte sie ihr Waschbecken absichtlich verstopft, weil sie Gesellschaft brauchte. Sie neigte ein bisschen zum Einsiedlerdasein, was Will ihr nicht vorhielt. Jeder brauchte seine Privatsphäre. »Du hättest mich auch einfach anrufen können«, rief er ihr zu, während er seinen Werkzeuggürtel umschnallte. »Für so etwas musst du doch nicht extra hier runterkommen.«
»Ach, das macht mir nichts.« Ihre Stimme war direkt hinter ihm.
Erschrocken drehte er sich um. Tiffany stand in der Tür und lächelte verträumt. »Hat dir schon einmal jemand gesagt, wie gut du mit dem umgeschnallten Werkzeuggürtel aussiehst, Will? So stark und«, sie machte ein Geräusch wie ein Seufzen, »so imposant!« Sie kam zu ihm und strich mit einer Hand über seine Brust. Gleichzeitig befeuchtete sie sich die Lippen.
Tief aus dem Spiegel hörte Will deutlich das Kichern und wusste, dass der Dschinn ihn auslachte. Sein Wunsch war wieder einmal nach hinten losgegangen!
Will fragte sich, ob er den Wunsch zurücknehmen konnte, ob das überhaupt ging. Na ja, aber wenn er sich anguckte, wie willig Tiffany ihn ansah, und daran dachte, wie lange es her war, seit er zuletzt Sex gehabt hatte …
Er ließ seinen Blick über ihre Plusgrößenfigur wandern und beschloss, dass es schlimmer hätte sein können. Zum Beispiel wenn die achtzigjährige Edna Lawrence aus 5-B bei ihm geklingelt hätte.
»Du siehst heute richtig gut aus, Tiffany. Was hältst du davon, wenn wir zwei zu dir nach oben gehen?«, sagte er und bugsierte sie aus seinem Apartment. »Ich habe genau das Richtige, um deine Rohre wieder frei zu kriegen.«
Es war bereits Mittag, als Mai mit Jenna und Nick zusammen im Taxi zu ihrem Apartmenthaus fuhr. Sie waren bei Sarahs Schule und am College gewesen. Während Nick dort nach Spuren von Sarahs Restenergie gesucht hatte, hatten Mai und Jenna so viele von Sarahs Mitstudenten befragt, wie Jenna auftreiben konnte. Das Einzige, was sie herausfanden, war, dass Sarah seit ihrem letzten Kurs am Vortag nicht mehr gesehen worden war.
»Es tut mir leid, dass ich keine bessere Hilfe sein konnte«, entschuldigte Nick sich.
»Nein, nein, ich bin sehr dankbar für das, was du gemacht hast!«, winkte Jenna ab. »Ich bin euch beiden dankbar. Zu wissen, wo sie nicht ist, hilft sicher schon ein bisschen, denke ich.«
»Auf der spirituellen Ebene des Apartments gab es keinerlei Anzeichen für einen Kampf«, fuhr Nick fort. »Und in der Minute, in der ich mich in Wills Wohnung umsah, konnte ich dort nichts von ihrem Muster erkennen. Die Spuren an der Uni waren Tage alt. Alles deutet darauf hin, dass Sarahauf eigenen Willen weggegangen ist. Vielleicht brauchte sie einfach ein bisschen Zeit für sich und kommt nach Hause, wenn sie bereit ist.«
»Das hoffe ich«, sagte Jenna, die eindeutig nicht an diese Möglichkeit glaubte.
»Sie wirkte ziemlich gestresst von ihrem Studium«, bot Mai als Erklärung an. »Vielleicht ist sie einfach ins Kino gegangen …«
Und auf dem Weg in Schwierigkeiten geraten?
Mai blies ihren angehaltenen Atem aus. »Wir könnten noch einmal die Krankenhäuser abtelefonieren.«
Sie hatten bereits einmal in allen nachgefragt, frühmorgens, und überall Namen und Adresse hinterlassen, falls eine junge Frau eingeliefert wurde, auf die Sarahs Beschreibung passte.
Jenna antwortete nicht, also fuhren sie den Rest der Strecke schweigend, jeder in seine Gedanken versunken.
»Ich komme später vorbei – zum Abendessen«, erinnerte Nick Mai, als sie Jenna aus dem Taxi folgten. Sie hatte ganz
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