Schwarzer Kuss Der Nacht
zum Spiegel sah.
»Es gibt eine Erklärung«, versicherte er ihr, »und wir finden sie!«
Sie wandte sich kurz zu ihm, und ihm fiel auf, wie traurig sie aussah. »Und wenn die Erklärung ist, dass ich den Verstand verliere?«
»Das tust du nicht.«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil ich eine gute Menschenkenntnis habe.«
Sie stieß einen verächtlichen Laut aus, allerdings recht damenhaft. »Also bitte, deine Menschenkenntnis! In deinem Büro dachtest du, ich wäre eine Stripperin.«
Bei der Erinnerung daran musste er schmunzeln. »Zu meiner Verteidigung darf ich anführen, dass du in dem Mini und der engen Bluse auch wie eine angezogen warst.«
»Du solltest eine Frau nie nach ihrer Kleidung beurteilen.«
Er lächelte. »Wie du dich vielleicht erinnerst, war ich durchaus bereit, dich ohne Kleidung zu beurteilen.«
Nun lächelte sie ebenfalls. »Danke.«
»Wofür?«, fragte er verwirrt. »Dafür, dass ich dich ausgezogen sehen wollte?«
Sie verdrehte die Augen. »Nein, dafür, dass du mich zum Lachen bringst und zum Essen bleibst. Dafür, dass du einfach da bist.«
»Ist mir ein Vergnügen.«
»Falls es dir nichts ausmacht, würde ich mir gern etwas weniger Bequemes anziehen als diese schlabberige Hose«, sagte sie. »Und deute das bitte nicht falsch, okay?«
»Versprochen! Ich werde gar nicht daran denken, wie du dich ausziehst und nur einen Meter entfernt von mir nackt bist. Nein, Ma’am, ich hege natürlich keinerlei anzügliche Hintergedanken.« Dabei wanderte sein Blick über ihren Körper. Selbst in ihrem Jogginganzug fand er sie sehr attraktiv.
Sie betrachtete ihn mit gespielt strenger Miene und eilte in ihr Schlafzimmer. Sobald er hörte, wie sie die Tür hinter sich schloss, begab Nick sich in das spirituelle Reich. Langsam bewegte er sich durch den Raum, nahm Energiespurenauf und identifizierte so viele wie möglich von ihnen. Mais grünes Energiefeld war das kräftigste, und Wills orangefarbenes Muster war ebenfalls noch vorhanden.
Nick setzte seine Suche durch das Zimmer fort und verharrte längere Zeit vor dem Spiegel. Hier befand sich ein Energiemuster, das er nicht erkannte, obgleich es ihm vage bekannt vorkam – als hätte er es schon einmal gesehen, wusste nur nicht, wo oder wann.
In diesem Moment ging der Türsummer. Da es der Lieferdienst mit ihrem Essen sein konnte, kehrte Nick in seinen Körper zurück und nahm den Hörer der Gegensprechanlage ab.
»Ja?«
»Lieferservice«, kam es knarrend aus dem Hörer.
»Kommen Sie herauf! Nummer 14-B.« Er drückte den Knopf mit dem Schlüssel darauf, der die Haupteingangstür unten öffnete.
»Das Essen ist da«, sagte er zu Mai, die wenig später aus dem Schlafzimmer kam.
»Hast du aufgemacht?« Sie hatte sich Leggings und eine lange weite Bluse angezogen. Vorher hatte er schon gefunden, dass sie gut aussah, aber jetzt erschien sie ihm noch attraktiver. Ihr Outfit betonte sowohl ihre zarte Statur als auch ihre hübschen Kurven. Außerdem hatte sie sich das Haar gebürstet, das ihr Gesicht wie ein schwarzer Seidenvorhang umrahmte.
»Ja, das habe ich. Der Lieferservice ist auf dem Weg nach oben«, antwortete Nick, der sich Mühe gab, sie nicht anzustarren.
»Warte mal!« Sie stemmte ihre Hände in die Hüften. »Wie bist du vorhin hereingekommen? Ich habe dir nicht geöffnet, übrigens auch nicht, als du das erste Mal hier warst.«
Er hatte sich bereits gefragt, wann es ihr auffallen würde. »Ich habe meine Methoden.« In diesem Moment klopfte es, und so durfte sie weiterrätseln, während er die Tür aufmachte.
Er nahm das Essen entgegen, gab dem Lieferjungen ein Trinkgeld und trug die Tüte zum Küchentresen. Dort begann er, auszupacken; unterdessen deckte Mai den Tisch.
Als er den ersten Styroporbehälter auf den Tresen stellen wollte, löste sich der Deckel, und der untere Teil fiel herunter. Instinktiv beugte Nick sich vor, damit der Behälter nicht auf den Boden fiel, wobei er sich Tomatensoße auf sein Hemd und die Jeans schüttete. »Verdammt!« Die heiße Flüssigkeit ließ ihn zurückschrecken, so dass leider doch Soße auf dem Tresen und dem Fußboden landete.
»Was ist?«, fragte Mai, die zu ihm eilte.
»Kleiner Unfall«, gestand er und versuchte, sich die dampfend heiße Soße von der Haut fernzuhalten. »Darf ich kurz dein Bad benutzen?«
»Ja, klar.« Sie zeigte auf die Tür am Ende des kleinen Flurs. »Geh nur, ich kümmere mich um das hier.«
»Danke.«
Im Bad zog er sich das Hemd aus und hielt den
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