Schwarzer Mittwoch
erklärt, woher wir Sie kennen und was Sie alles für uns getan haben. Nach meiner Einschätzung werden Sie noch einmal ungeschoren davonkommen.«
»Yvette, diese Vorwürfe waren kompletter Schwachsinn.«
»Das glaube ich Ihnen ja. Aber wenn so eine Sache vor Gericht landet, weiß man nie so genau, wie es ausgeht. Und noch etwas: Sie sollten nicht zulassen, dass jemand wie Bradshaw Macht über Sie erhält.«
»Danke«, sagte Frieda, »ich bin Ihnen wirklich dankbar. Ich hoffe, Sie mussten sich meinetwegen nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Nur damit Sie es wissen: Mein Besuch bei Ian Yardley hatte nichts mit Bradshaw zu tun.«
»Womit dann?«
»Das weiß ich selbst nicht genau«, antwortete Frieda, »es ist nur so ein Gefühl von mir.«
»Ihre Gefühle bereiten mir allmählich Sorgen.«
Frieda war schon im Begriff, die Tür wieder zuzumachen, zögerte dann aber.
»Worüber wollten Sie eigentlich mit mir sprechen?«, wandte sie sich noch einmal an Yvette. »Ich meine, abgesehen von meiner sogenannten Schlägerei.«
Yvette warf einen Blick auf die Leute hinter Frieda.
»Ein andermal«, antwortete sie.
31
J osh Kerrigan war damit beschäftigt, Zigaretten zu drehen. Er platzierte dicke Tabakhäufchen auf dem Papier, rollte es dann geschickt zwischen Daumen und Zeigefinger, befeuchtete den Rand mit der Zunge und legte das dünne, gerade Röhrchen anschließend neben die anderen, die er bereits angesammelt hatte. Insgesamt waren es jetzt sechs, und er nahm gerade Nummer sieben in Angriff. Yvette hatte Schwierigkeiten, sich auf seine Worte zu konzentrieren. Vielleicht zielte er genau darauf ab. Immerhin gab er ihr auf diese Weise recht deutlich zu verstehen, dass sie ihn einfach nur störte. Diese Kerrigan-Jungs fingen langsam an, ihr ein bisschen auf die Nerven zu gehen.
»Josh«, sagte sie, »ich kann ja verstehen, dass Sie durcheinander sind …«
»Wirke ich durcheinander?« Er ließ das Papier über seine Zungenspitze gleiten.
»Aber ich fürchte, dass ich nicht wieder gehen werde, bevor Sie meine Fragen beantwortet haben.«
»Kein Problem, Sie sind mir herzlich willkommen.« Er legte die siebte Zigarette neben die anderen, stupste sie mit einem Finger zurecht, so dass alle schön in einer Reihe lagen, und neigte dann den Kopf zur Seite, um sein Werk zu begutachten. Eine kleine, vertikal verlaufende Narbe knapp über dem Mund zog seine Oberlippe ganz leicht nach oben, so dass er aussah, als würde er ständig ein wenig lächeln.
»Wo waren Sie am Mittwoch, dem sechsten April?«
»In Cardiff. Ist das als Alibi gut genug?«
»Das ist noch überhaupt kein Alibi. Wie können Sie beweisen, dass Sie in Cardiff waren?«
»Am Mittwoch, dem sechsten April?«
»Ja.«
»Mittwochs habe ich bis um fünf Vorlesungen. Ich glaube nicht, dass ich es danach noch rechtzeitig nach London geschafft hätte, um die Geliebte meines Vaters zu ermorden.«
»Sie hatten an dem Mittwoch keine Vorlesungen. Da waren schon Semesterferien.«
»Dann war ich vermutlich irgendwo beim Feiern.«
»Sie sollten das Ganze ein bisschen ernster nehmen.«
»Woraus schließen Sie, dass ich es nicht ernst nehme?«
Er machte sich an die nächste Zigarette. Zum Glück war nicht mehr viel Tabak in der Dose, die Menge reichte höchstens noch für ein, zwei weitere Glimmstängel.
»Ich möchte, dass Sie ernsthaft darüber nachdenken, wo Sie sich an dem Mittwoch überall aufgehalten haben, und mit wem.«
Er hob den Kopf. Yvette sah das Funkeln in seinen braunen Augen.
»Wahrscheinlich war ich mit meiner Freundin Shari zusammen. Wir sind erst seit Ende des Semesters ein Paar, deswegen war das mit uns beiden zu der Zeit ziemlich intensiv. Es ist schon erstaunlich, was Sie im Moment alles über das Sexualleben der Familie Kerrigan erfahren.«
»Glauben Sie, dass Sie an dem Tag mit ihr zusammen waren, oder wissen Sie es?«
»An genaue Daten kann ich mich grundsätzlich nicht gut erinnern.«
»Aber Sie haben doch bestimmt einen Terminkalender.«
»Einen Terminkalender?« Er grinste sie an, als hätte sie unabsichtlich etwas sehr Komisches gesagt. »Nein, so etwas besitze ich nicht.«
»Wann sind Sie nach London zurückgekehrt?«
»Sie meinen, an welchem Tag? Am Wochenende, schätze ich. Freitag? Samstag? Das müssen Sie meine Mutter fragen. Ich weiß, dass ich am Samstag wieder da war, weil da eine Party stieg, also bin ich vermutlich am Freitag gekommen.«
»Sind Sie mit dem Zug gefahren?«
»Ja.«
»Dann können Sie wegen des
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