Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
nicht geraucht. Hallo, Ted.«
    Er hob den Kopf und starrte sie an. Seine Augen waren rot gerändert, seine Lippen blutleer. »Hallo«, stieß er hervor.
    »Wie lange bist du schon da?«
    »Ich wollte gerade gehen.«
    »Wart ihr beide heute überhaupt in der Schule?«
    Chloë zog die Schultern hoch und bedachte Frieda mit einem trotzigen Blick.
    »Es gibt ein paar Dinge, die wichtiger sind als die Schule«, antwortete sie. »Falls du es vergessen haben solltest: Teds Mutter ist ermordet worden.«
    »Ich weiß.«
    »Wenn du wählen müsstest zwischen einer Doppelstunde Biologie und einem Freund in Not, wofür würdest du dich entscheiden?«
    »Einem Freund kann man auch nach einer Doppelstunde Biologie noch helfen.« Sie musterte Ted. »Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?«
    »Wir wollten uns Pfannkuchen machen«, erklärte Chloë, »aber die sind nichts geworden.«
    »Ich mache euch Toast.«
    »Ich möchte nicht darüber reden«, meldete sich Ted zu Wort, »nur damit Sie nicht auf falsche Gedanken kommen.«
    »Keine Sorge.«
    »Irgendwie erwarten alle von mir, dass ich über meinen Kummer spreche und mal so richtig weine, damit sie mich in den Arm nehmen und zu mir sagen können, dass am Ende alles gut wird.«
    »Ich mache dir nur Toast. Weiß dein Vater, dass du hier bist und die Schule schwänzt?«
    »Nein. Ich bin kein kleines Kind mehr.«
    »Ich weiß.«
    »Dad hat gerade andere Dinge im Kopf. Mum hat es mit einem anderen getrieben.«
    »Das ist sicher schmerzlich für dich.«
    »Wollen Sie wissen, wie das für mich ist? Ich werde nämlich nicht darüber sprechen – und auch nicht über irgendetwas anderes.«
    Es klopfte an der Tür, und zwar laut und drängend, obwohl Frieda niemanden erwartete.
    »Kommt rein«, rief sie zu den beiden hinaus, »ich sehe mal nach, wer an der Tür ist.«
    Es war Judith. Sie trug ein Herrenhemd über einer weiten Jeans, die von einer Art Kordel zusammengehalten wurde, und ramponierte Flipflops. Um ihre kastanienroten Locken hatte sie ein farbenfrohes Tuch geschlungen. Ihre weit auseinanderstehenden Augen wirkten noch blauer als an dem Tag, als Frieda sie bei der schrecklichen Befragung gesehen hatte, und auf ihren vollen Lippen leuchtete ein knalliger, orangeroter Lippenstift, auch wenn sie gerade missmutig die Mundwinkel nach unten zog.
    »Ich bin wegen Ted hier. Ist er da?«
    »Ich wollte gerade Toast für ihn machen. Möchtest du auch welchen?«
    »Vielleicht eine Scheibe. Ich habe aber nicht viel Zeit.«
    »Herein mit dir!«
    Frieda führte das Mädchen in die Küche. Nachdem Judith kurz zu Ted hinübergenickt hatte, der bloß wortlos zurücknickte, hob sie an Chloë gewandt die Hand zu einem halben Gruß. Offenbar kannten die beiden Mädchen sich ebenfalls.
    »Louise will Mums Klamotten entsorgen.«
    Ted starrte seine Schwester an. »Das kann sie nicht machen!«
    »Macht sie aber.«
    »Warum verschwindet die blöde Kuh nicht endlich wieder in ihr eigenes Haus?«
    »Dora hat sich in ihr Zimmer eingeschlossen, und Dad hat herumgeschrien wie ein Irrer.«
    »Wen hat er angeschrien? Dich oder Louise?«
    »Das ganze Haus, schätze ich. Niemand Bestimmten.«
    »Wahrscheinlich ist er betrunken.«
    »Hör auf!« Sie hob beide Hände, als wollte sie sich die Ohren zuhalten.
    »Finde dich damit ab, Judith. Mum hat einen anderen Mann gevögelt, und Dad ist ein Säufer.«
    »Nein! Sag doch nicht so gemeine Sachen!«
    »Es ist nur zu deinem Besten«, erklärte er, machte dabei aber einen beschämten Eindruck.
    »Kommst du mit mir nach Hause?«, fragte seine Schwester. »Es ist besser, wenn wir beide da sind.«
    »Hier ist euer Toast«, unterbrach Frieda sie, »von dem Honig könnt ihr euch selbst nehmen.«
    »Ich mag sowieso nur Butter.«
    »Das mit eurer Mutter tut mir sehr leid.«
    Judith zuckte lediglich mit ihren schmalen Schultern, doch als Frieda einen Blick in ihr sommersprossiges Gesicht warf, sah sie, dass die blauen Augen des Mädchens feucht schimmerten.
    »Wenigstens hast du noch Ted«, meinte Chloë mit Nachdruck. »Ihr könnt euch zumindest gegenseitig helfen. Stellt euch vor, ihr wärt allein.«
    »Ihr wart zusammen, als ihr es erfahren habt, stimmt’s?«, ergriff Frieda wieder das Wort. »Aber habt ihr seitdem mal darüber gesprochen?« Beide schwiegen. »Habt ihr überhaupt mit jemandem gesprochen?«
    »Sie meinen, mit jemandem wie Ihnen?«
    »Mit jemandem aus eurem Freundeskreis oder eurer Verwandtschaft – oder mit jemandem wie mir.«
    »Sie ist tot. Worte

Weitere Kostenlose Bücher