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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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irgendwie gepflegter wirkte. Offenbar wohnte dort jemand, der den Details mehr Aufmerksamkeit schenkte. Frieda fielen die neuen Fenster mit den frisch gestrichenen, glänzend weißen Rahmen auf. Die Haustür wurde von zwei violetten Keramiktöpfen mit je einem spiralig geschnittenen Miniaturbusch flankiert. Die kleinen Büsche waren so exakt getrimmt, dass es aussah, als hätte sie jemand mühevoll mit einer Haushaltsschere in Form gebracht.
    Frieda drückte auf die Klingel. Da kein Ton zu hören war, drückte sie erneut, vernahm aber immer noch nichts. Irritiert starrte sie auf die Tür. Sie wusste nicht so recht, was sie jetzt tun sollte. Entweder es war keiner da, oder die Klingel war kaputt und sie konnte sich hier die Füße in den Bauch stehen, bis sie schwarz wurde. Oder aber die Klingel war nicht kaputt und sie ging jemandem auf die Nerven, noch bevor sie die betreffende Person überhaupt kennengelernt hatte. Sie überlegte, ob sie ein weiteres Mal läuten und sich dadurch womöglich noch unbeliebter machen sollte. Natürlich konnte sie auch mit der Faust gegen die Tür hämmern und die Situation noch verschlimmern. Oder sie wartete einfach und hoffte das Beste. Gleichzeitig fragte sie sich, warum sie sich darüber überhaupt den Kopf zerbrach. Plötzlich hörte sie drinnen irgendwo ein Geräusch und sah durch den Milchglaseinsatz an der Haustür eine verschwommene Gestalt näher kommen. Die Tür schwang auf, und vor ihr stand ein Schrank von einem Mann. Er war nicht fett, aber so kräftig gebaut, dass er den ganzen Türrahmen auszufüllen schien. Sein fast kahler Kopf war nur noch von einem schmalen Band aus wirrem grauem Haar umkränzt. Die Röte seines Gesichts ließ vermuten, dass er viel Zeit im Freien verbrachte. Er trug eine weite graue Arbeitshose, ein blau-weiß kariertes Hemd und schwere dunkle Lederstiefel, an denen ein gelblicher Belag aus angetrocknetem Lehm klebte.
    »Ich war mir nicht sicher, ob die Klingel funktioniert«, erklärte Frieda.
    »Das sagen alle«, antwortete der Mann, wobei sich Lachfältchen um seine Augen bildeten. »Man hört das Läuten nur im hinteren Teil des Hauses. Ich wollte das so haben, weil ich viel Zeit im Garten verbringe. Heute bin ich schon den ganzen Vormittag draußen.« Er deutete zum blauen Himmel hinauf. »Bei dem schönen Wetter.« Er sah Frieda fragend an.
    »Sind Sie Lawrence Dawes?«
    »Ja, der bin ich.«
    »Mein Name ist Frieda Klein. Ich bin hier, weil …« Sie stockte. Was sollte sie ihm sagen? »Ich bin nur hier, weil ich Ihre Tochter Lila finden möchte.«
    Das Lächeln verschwand aus Dawes’ Gesicht. Er wirkte plötzlich älter und schwach.
    »Lila? Sie suchen meine Lila?«
    »Ja.«
    »Ich weiß nicht, wo sie ist«, erklärte er. »Ich habe sie aus den Augen verloren.«
    Hilflos hob er die Hände. Frieda sah die Gartenerde unter seinen Fingernägeln. War ihre Suche damit schon zu Ende? Hatte sie dafür die ganze Strecke nach Croydon zurückgelegt?
    »Kann ich mit Ihnen über sie sprechen?«
    »Wozu?«
    »Ich habe eine junge Frau kennengelernt, die früher mit ihr befreundet war – eine alte Schulfreundin namens Agnes Flint.«
    Dawes nickte bedächtig.
    »Ich erinnere mich an Agnes. Lila war damals immer mit dieser kleinen Mädchenclique unterwegs. Agnes war eine von ihnen. Bevor die Dinge aus dem Ruder liefen.«
    »Darf ich reinkommen?«, fragte Frieda.
    Dawes schien einen Moment zu überlegen, ehe er mit den Achseln zuckte.
    »Kommen Sie mit hinaus in den Garten. Ich wollte sowieso gerade eine Tasse Tee trinken.« Es handelte sich eindeutig um das Zuhause eines Mannes – eines sehr gut organisierten Mannes –, der allein lebte. Durch eine Tür entdeckte Frieda einen großen Flachbildschirmfernseher und Regalfächer voller DVD s. Einen Computer besaß er auch. Der Fußboden war mit einem dicken cremeweißen Teppich ausgelegt, der alle Geräusche dämpfte. Fünf Minuten später standen sie auf dem Rasen hinter dem Haus, beide mit einer Tasse Tee in der Hand. Frieda blickte sich um. Der Garten war viel größer, als sie erwartet hatte. Er erstreckte sich vom Haus mindestens dreißig, wenn nicht sogar vierzig Meter nach hinten. Durch die ordentlich getrimmte Rasenfläche schlängelte sich ein Kiesweg. Es gab aber auch Büsche und ein paar Blumenbeete, die für kleine Farbkleckse sorgten: Krokusse, Primeln, Tulpen. Der hintere Teil des Gartens wirkte etwas wilder und wurde von einer hohen Mauer begrenzt.
    »Ich habe versucht, ein bisschen Ordnung zu

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