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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Ordner. Er begann sie herauszunehmen und auf den ohnehin schon bedenklich hohen Haufen auf seinem Tisch zu legen.
    Frieda hätte sich gern hingesetzt, aber es gab nur einen einzigen Drehstuhl, und auf dem lagen etliche Bücher.
    »Sind das die Mädchen?« Sie deutete auf die Fotos.
    »Hazel Barton.« Er berührte ihr Gesicht ganz sanft, fast ehrerbietig. »Roxanne Ingatestone. Daisy Crewe. Philippa Lewis. Maria Horsley. Sharon Gibbs.«
    Sie lächelten Frieda an – lauter junge, glatte, erwartungsvolle Gesichter.
    »Glauben Sie, sie sind tot?«
    »Ja.«
    »Und Lila vielleicht auch.«
    »Doherty kommt als Täter nicht infrage.«
    »Warum nicht?«
    »Sehen Sie.« Er führte sie zu seiner Zeitachse. »Da ist Daisy verschwunden, und da Maria. Zu der Zeit war er im Gefängnis.«
    »Wieso sind Sie so sicher, dass sie alle auf das Konto desselben Täters gehen?«
    Fearby schlug den ersten Ordner auf.
    »Ich werde Ihnen alles zeigen, was ich habe«, erklärte er. »Dann können Sie mir sagen, was Sie davon halten. Das dürfte allerdings eine Weile dauern.«
    Um sieben rief Frieda Sasha an, die sich bereit erklärte, sich ein wenig um die Lennox-Kinder zu kümmern, bis Frieda wieder zurück war. Obwohl Sasha so besorgt klang und in ihrer Stimme eine Spur Panik mitschwang, ließ Frieda sich nicht auf ein längeres Gespräch ein. Danach rief sie auch noch Josef an und bat ihn, ihre Katze zu füttern und eventuell die Blumen im Garten zu gießen.
    »Wo bist du, Frieda?«
    »Bei Birmingham.«
    »Was ist das?«
    »Das ist ein Ort, Josef.«
    »Was machst du denn da?«
    »Das kann ich dir jetzt nicht erklären, Josef. Das würde zu lange dauern.«
    »Du musst zurückkommen, Frieda.«
    »Warum?«
    »Wir machen uns alle Sorgen.«
    »Ich bin kein Kind.«
    »Wir machen uns alle Sorgen«, wiederholte er.
    »Dann hört damit auf.«
    »Dir geht es nicht gut. Da sind wir uns alle einig. Ich komme dich holen.«
    »Nein.«
    »Ich fahre gleich los.«
    »Das kannst du nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich dir nicht sage, wo ich bin.«
    Kaum hatte sie das Gespräch beendet, fing ihr Handy zu klingeln an. Es war Reubens Nummer. Neben ihm stand wahrscheinlich Josef, mit seinem typischen traurigen Blick. Seufzend schaltete sie das Telefon aus und versenkte es in ihrer Tasche. Sie hatte von Anfang an kein Handy haben wollen.
    »Sharon Gibbs«, fuhr Fearby fort, als wären sie gar nicht unterbrochen worden.
    Um halb elf Uhr waren sie fertig. Fearby ging hinaus, um eine zu rauchen, während Frieda in seinen Schränken nach etwas Essbarem zu suchen begann. Sie hatte zwar keinen Hunger, aber ihr Magen fühlte sich seltsam leer an. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal etwas gegessen hatte. Heute jedenfalls nicht, dachte sie, und gestern Abend auch nicht.
    Genau wie der Kühlschrank waren auch die Küchenschränke so gut wie leer. Sie fand eine Packung Schnellkochreis und ein paar längst abgelaufene Gemüsebrühwürfel. Damit würden sie sich begnügen müssen. Während sie den Reis in der Gemüsebrühe kochte, kam Fearby zurück ins Haus und gesellte sich mit erwartungsvoller Miene zu ihr.
    »Also, was halten Sie davon?«, fragte er.
    »Entweder wir sind zwei Wahnsinnige, die sich zufällig auf einem Gnadenhof für Esel über den Weg gelaufen sind – oder Sie haben recht.«
    Vor Erleichterung schnitt er eine Grimasse.
    »Falls ich tatsächlich recht habe, ist der Täter aber nicht Doherty oder Shane oder wie auch immer er heißen mag.«
    »Nein. Aber ist es nicht seltsam, dass er beide kannte? Solche Zufälle gefallen mir nicht.«
    »Die beiden haben die gleiche Art von Leben geführt – zwei junge Frauen, die vom Weg abgekommen waren.«
    »Vielleicht kannten sie sich?«, gab Frieda zu bedenken, während sie den Reis vom Kochfeld nahm und dabei ihr Gesicht, das sich nach ihrer langen, ermüdenden Arbeitssitzung schmutzig anfühlte, einen Moment in den Wasserdampf hielt.
    »Ein guter Gedanke. Wer könnte das wissen?«
    »Da habe ich schon eine Idee.«
    Nach dem Essen – Fearby hatte den Großteil verspeist, Frieda in ihrer Portion nur herumgestochert – erklärte Frieda, für sie sei es an der Zeit, die Heimfahrt anzutreten, woraufhin Fearby erwiderte, um diese Zeit gehe kein Zug mehr. Nachdem sie eine Weile über Züge und Hotels diskutiert hatten, zog Fearby schließlich einen alten Schlafsack aus einem Schrank, und Frieda machte sich auf einem Sofa im Wohnzimmer eine Art Bett. Sie verbrachte dort eine seltsame Nacht,

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