Schwarzer Mittwoch
Stimme von Marilyn Monroe, oder zumindest so ähnlich. Wobei eine Frau das vielleicht gar nicht so toll findet wie ein Mann – ich meine, die Vorstellung, mit Marilyn Monroe durch die Gegend zu fahren. Womöglich nervt das Frauen sogar ziemlich.«
Frieda gab die Adresse ein. Während der nächsten anderthalb Stunden lotste das Navigationssystem den Wagen von der M1 herunter und dann die M25 entlang. Für Frieda klang es überhaupt nicht nach Marilyn Monroe. Was den Rest betraf, hatte Fearby recht: Sie fand die Stimme nervig.
Lawrence Dawes befand sich zu Hause. Frieda fragte sich, ob er jemals nicht zu Hause war. Er wirkte zunächst recht überrascht.
»Ich dachte, Sie hätten aufgegeben«, sagte er.
»Ich habe Neuigkeiten für Sie«, erklärte Frieda. »Besser gesagt, wir haben Neuigkeiten für Sie.«
Daraufhin bat Dawes sie und ihren Begleiter herein. Kurz darauf saß Frieda ein weiteres Mal im Garten hinter Dawes’ Haus und bekam von ihm Tee serviert.
»Wir haben Shane gefunden«, erklärte sie.
»Wen?«
»Den Mann, der mit Ihrer Tochter in Verbindung stand.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie wissen doch, dass Ihre Tochter mit Drogen zu tun hatte. Dieser Shane hatte ebenfalls mit Drogen zu tun, allerdings wohl eher berufsmäßig.« Frieda musterte Dawes. Er reagierte nicht, sah aber nicht so aus, als rechnete er mit guten Nachrichten. »Shane war nur sein Spitzname. Sein richtiger Name lautet Mick Doherty.«
»Mick Doherty. Glauben Sie, er hat auch etwas mit dem Verschwinden meiner Tochter zu tun?«
»Möglicherweise. Allerdings weiß ich noch nicht, wie. Ich war in Essex, um mit Doherty zu sprechen, und bei der Gelegenheit habe ich Jim kennengelernt. Wir waren beide auf der Suche nach Doherty, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.«
»Wie soll ich das verstehen?«
Frieda warf einen Blick zu Fearby hinüber.
»Ich bin Journalist. Im Zusammenhang mit meinen Recherchen im Fall einer vermissten jungen Frau namens Sharon Gibbs erfuhr ich, dass sie diesen Doherty kannte«, erklärte er. »Als mir dann Frieda über den Weg lief, stellte sich heraus, dass wir beide wegen zwei unterschiedlichen vermissten Frauen mit Doherty sprechen wollten. Wir fanden, dass das ein recht interessanter Zufall war.«
Dawes wirkte so nachdenklich und betroffen, wie Frieda es bei ihm bisher noch nicht erlebt hatte.
»Ja, das kann ich nachvollziehen«, sagte er, mehr zu sich selbst.
»Mit dem Namen Shane hatten Sie ja nichts anfangen können«, rief Frieda ihm ins Gedächtnis, »aber vielleicht sagt Ihnen ja sein richtiger Name etwas – Mick Doherty.«
Dawes schüttelte langsam den Kopf.
»Ich kann mich nicht erinnern, den Namen schon mal gehört zu haben.«
»Was ist mit Sharon Gibbs?«
»Nein, tut mir leid, sagt mir auch nichts. Ich kann Ihnen nicht helfen. Ich wünschte, ich könnte.« Sein Blick wanderte von Frieda zu Fearby. »Bestimmt komme ich Ihnen wie ein schlechter Vater vor. Wissen Sie, ich habe mich immer für den Typ Mann gehalten, der Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, um seine Tochter zu finden, wenn jemand auf die Idee käme, ihr Schaden zuzufügen. Aber es war ja nicht so, dass sie als Fünfjährige verschwand. Vielmehr wurde sie langsam erwachsen und wollte von zu Hause weg und ihr eigenes Leben führen. Sie ist sozusagen schrittweise verschwunden. An manchen Tagen muss ich ununterbrochen an sie denken. Das tut dann sehr weh, und zwar hier.« Er legte eine Hand auf sein Herz. »An anderen Tagen mache ich einfach meine Arbeit, im Garten und im Haus. Das lenkt mich ab. Dann muss ich nicht so viel grübeln. Aber vielleicht sollte ich gar nicht aufhören zu grübeln, weil jede Art von Ablenkung bedeutet, dass ich mich nicht mehr so um sie sorge.« Er hielt einen Moment inne. »Wie war noch mal der Name dieses Mannes?«
»Doherty«, antwortete Fearby.
»Sie glauben, er hat etwas mit Lilas Verschwinden zu tun?«
»Wir wissen es nicht.« Fearby warf Frieda einen Blick zu.
»Zumindest ist er ein Art Verbindungsglied zwischen den beiden Mädchen«, meinte Frieda, »wobei er eigentlich nicht für das Verschwinden beider verantwortlich sein kann. Als Sharon Gibbs verschwand, saß Doherty nämlich im Gefängnis. Ich werde daraus nicht so ganz schlau. Jim hat Nachforschungen bezüglich mehrerer vermisster Mädchen angestellt, und Sharon Gibbs passt in das Muster. Der Fall Ihrer Tochter scheint jedoch anders zu liegen. Trotzdem besteht durch Doherty eine gewisse Verbindung zu den übrigen Mädchen.
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