Schwarzer Mittwoch
ändert natürlich alles.«
»Sie wussten, dass ihr Vater eine Freundin hatte, und sie fanden auch heraus, wer sie war. Der Jüngere hat sogar eine fiese kleine Nachricht durch den Lennox-Briefschlitz geworfen.«
»Was stand denn drin?«
»Es waren keine Worte. Es war eine Lumpenpuppe, bei der er den Genitalbereich herausgeschnitten hatte.«
»Also eine Art Warnung.«
»Vielleicht – obwohl sie durch einen dummen Zufall bei der falschen Person landete. Außerdem … wenn ein Geheimnis erst einmal aufgedeckt ist, spricht es sich irgendwie herum. Das lässt sich gar nicht verhindern. Wem haben sie es noch erzählt? Die beiden schwören zwar, es gegenüber Misses Kerrigan mit keinem Wort erwähnt zu haben – aber ich weiß nicht, ob ich ihnen glauben soll. Diese Jungs vergöttern ihre Mutter.«
53
F rieda schaltete ein weiteres Mal ihr Handy ein und ging die Liste mit ihren Kontakten durch.
»Agnes?«
»Ja.«
»Hier ist Frieda. Entschuldigen Sie die Störung.«
»Ich bin gerade in einer Besprechung. Ist es …«
»Es dauert nicht lang. Kannten Sie eine Sharon Gibbs?«
»Sharon Gibbs? Ja. Allerdings nicht sehr gut. Wir waren keine Freundinnen, aber sie wohnte nicht weit von uns entfernt und war in der Schule ein Jahr unter mir. Lila kannte sie. Ich glaube, die beiden hingen mit denselben Leuten rum, nachdem Lila und ich uns aus den Augen verloren hatten.«
»Danke. Das war alles, was ich wissen wollte.«
»Aber …«
»Widmen Sie sich wieder Ihrer Besprechung.«
Frieda ließ sich aufs Bett sinken und starrte auf die wehenden Vorhänge. Von draußen drangen die Geräusche des Lebens herein. Sie dachte an das Gesicht von Sharon Gibbs, das ihr von Fearbys überfüllter Wand entgegengelächelt hatte. Sie hörte wieder seine Stimme: Hazel Barton, Roxanne Ingatestone, Daisy Crew, Philippa Lewis, Maria Horsely, Lila Dawes, Sharon Gibbs .
Als ihr Handy klingelte, griff sie danach, um es auszuschalten, sah dann aber, dass es Fearby war.
»Sharon kannte Lila«, sagte sie.
Am anderen Ende herrschte einen Moment Schweigen.
»Das passt ins Bild«, antwortete er schließlich.
»Wie meinen Sie das?«
»Sie wissen doch, dass ich mich eine Weile allein mit Lawrence Dawes unterhalten habe.«
»Ja. Sie beide schienen sich recht gut zu verstehen.«
»Wir haben darüber gesprochen, dass wir recht ähnliche Berufe hatten.«
»Fotokopierer verkaufen und Nachrichten aufspüren. Sie haben recht, das ist fast das Gleiche.«
»Ach, kommen Sie, Frieda. Sind Sie wirklich so begriffsstutzig? Wir waren beide viel auf der Straße unterwegs.«
»Auf der Straße unterwegs«, wiederholte Frieda dumpf. Sie fühlte sich plötzlich unendlich müde. Ihr Kissen sah so weich und einladend aus.
»Ich bin Journalist. Was also mache ich? Ich wende mich an Copycon – die Firma, für die er gearbeitet hat. Keine Ahnung, wie man seine Firma Copycon nennen kann. Egal, jedenfalls habe ich mit dem Gebietsleiter gesprochen.«
»Haben Sie ihm gesagt, wer Sie sind?«
»Bei so was braucht man ein bisschen Fingerspitzengefühl«, antwortete er vage. »Man muss die Leute zum Plaudern bringen. Und dieser Mann hat geplaudert.«
»Was hat er denn gesagt?«
»Er hat mir verraten, für welches Gebiet Lawrence Dawes zuständig war, bis er vor ein paar Monaten in Rente ging.«
Frieda wurde übel, und ihr brach der kalte Schweiß aus. Sie konnte die Schweißperlen an ihrer Stirn richtiggehend spüren.
»Seine eigene Tochter?«, fragte sie. »Und all die anderen? Kann denn das sein?«
»Alles passt ins Bild, Frieda.«
»Warum habe ich ihm nichts angemerkt?«
»Wieso hätten Sie ihm etwas anmerken sollen?«
»Weil … sind Sie sicher?«
»Ich bin mir nicht sicher – ich weiß es.«
»Wo sind Sie gerade?«
»In der Nähe vom Victoria-Bahnhof.«
»Gut. Wir müssen uns Karlsson schnappen.«
»Karlsson?«
»Er ist bei der Polizei. Ein ziemlich hohes Tier.«
»Ich glaube nicht, dass wir schon genug wissen, um zur Polizei gehen zu können, Frieda.«
»Wir dürfen nicht warten. Was, wenn er es wieder tut?«
»Die werden mehr brauchen als das, was wir haben. Glauben Sie mir, ich weiß, wie das bei der Polizei läuft.«
»Ich auch«, antwortete Frieda. »Karlsson wird uns trotzdem zuhören. Ich kann das jetzt nicht erklären – aber er schuldet mir einen Gefallen. Außerdem …« Sie musste an die Nachricht denken, die er ihr unter der Tür durchgeschoben hatte. »Außerdem ist er ein Freund.«
Fearby klang noch immer skeptisch. »Wo sollen
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