Schwarzer Mittwoch
Kopfsteinpflaster ab.
»Diese gottverdammte Wanne ist vielleicht schwer!«, schimpfte Stefan, warf dann aber sofort einen schuldbewussten Blick zu Frieda hinüber. »Entschuldigung. Aber groß ist sie schon.«
»Warum tragt ihr sie wieder raus?«
»Sie ist schwer«, erklärte Josef. »Schlecht für den Boden, glaube ich. Wir überprüfen das jetzt. Wahrscheinlich muss ein Balken rein. Einer aus Eisen.«
»Du meinst, ein Stahlträger?«, fragte Frieda. Drinnen hörte sie das Telefon klingeln.
»Damit du nicht mit deiner Wanne durch den Boden fällst.«
»Tja, was das betrifft, kennst du dich ja bestens aus«, meinte Frieda. »Seid ihr sicher, dass das nötig ist?«
Stefan lächelte.
»Und ob wir sicher sind!«
»Was soll das heißen?«, fragte Frieda argwöhnisch. Das Telefon klingelte immer noch. »Ich bin gleich wieder da.« Sie schob sich an den beiden vorbei, doch ehe sie das Telefon erreichte, hörte es zu klingeln auf. Frieda war fast froh darüber – eine Sache weniger, mit der sie sich auseinandersetzen, eine Person weniger, mit der sie sprechen musste. Einen Moment lang blieb sie stehen und beobachtete, wie Josef und Stefan die Wanne in Josefs Lieferwagen hievten. Die Ladefläche schien sich unter ihrem Gewicht durchzubiegen. Dann begann das Telefon erneut zu klingeln. Frieda empfand das Geräusch als penetrant – als würde jemand sie immer wieder mit dem Finger anstupsen. Entnervt ging sie ran.
»Kann ich bitte mit Doktor Frieda Klein sprechen?«, meldete sich eine Frauenstimme.
»Wer ist dran?«
»Mein Name ist Jilly Freeman. Ich rufe im Auftrag des Sunday Sketch an.« Sie schwieg einen Augenblick. »Entschuldigung, sind Sie noch dran?«
»Ja«, antwortete Frieda.
»Wir bringen in unserer morgigen Ausgabe einen Artikel, zu dem wir gern einen Kommentar von Ihnen hätten.«
»Warum?«
»Weil er Sie betrifft.«
Frieda empfand einen Anflug von Angst und zugleich ein Gefühl von Taubheit, als bekäme sie gerade einen Schlag auf einen Teil ihres Körpers, der bereits verletzt und noch nicht wieder ganz verheilt war. Am liebsten hätte sie das Telefon an die Wand geschmissen, statt das Gespräch fortzusetzen. Hatte es etwas mit dem Angriff auf sie zu tun? Nahm die Polizei die Sache erneut unter die Lupe? Oder versuchten nur irgendwelche Schnüffler von der Presse, auf eigene Faust etwas herauszufinden?
»Worum geht es?«, fragte sie.
»Bei Ihnen war ein Patient namens Seamus Dunne.«
Das kam für Frieda derart unerwartet, dass sie einen Moment brauchte, bis sie den Namen einordnen konnte. Im selben Moment trat Josef wieder in ihr Blickfeld und bedeutete ihr mit einem Winken, dass sie am Aufbrechen waren.
»Wir müssen reden«, sagte sie.
»Bis bald.« Josef ergriff die Flucht.
»Was?«, fragte die Frau am Telefon.
»Ich habe mit jemand anderem gesprochen. Woher wissen Sie von Seamus Dunne?«
»Doktor Klein, es wäre vielleicht besser, wenn ich bei Ihnen vorbeikommen und ein richtiges Interview mit Ihnen führen könnte.«
Frieda holte tief Luft. Dabei fiel ihr Blick zufällig auf ein hinter Glas hängendes Bild, in dessen Scheibe sich ihr Gesicht spiegelte. War diese Person wirklich sie? Bei dem Gedanken, dass schon wieder jemand zu ihr ins Haus kommen wollte, wurde ihr regelrecht übel.
»Sagen Sie mir einfach, worum es geht.«
»Wir berichten lediglich über eine neue psychologische Studie, die wir für sehr wichtig halten. Wie Sie wissen, sind manche Leute der Meinung, dass die meisten Psychoanalytiker gegenüber der Öffentlichkeit nicht ausreichend Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen.« Jilly Freeman ließ eine Pause, die Frieda jedoch nicht füllte. »Wie auch immer, es gibt da einen Professor namens Hal Bradshaw, der in letzter Zeit Forschungen zu diesem Thema angestellt hat. Kennen Sie ihn?«
»Ja«, antwortete Frieda, »ich kenne ihn.«
»Für seine jüngste Studie hat er ein paar prominente Analytiker und Analytikerinnen ausgewählt – unter anderem Sie. Zu den ausgewählten Personen hat er dann Leute geschickt, die instruiert waren, alle die gleichen klassischen Symptome eines Menschen an den Tag zu legen, der eine akute Gefährdung für die Öffentlichkeit darstellt, um auf diese Weise herauszufinden, wie der jeweilige Analytiker reagiert.« Wieder folgte eine Pause, ohne dass Frieda etwas sagte. »Deswegen habe ich Sie angerufen, um Sie zu fragen, ob Sie das Ganze kommentieren möchten.«
»Bis jetzt haben Sie mich gar nichts gefragt.«
»Wenn ich das richtig
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