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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Mountain 65 km westlich von dem Motel. Die Kleinstadt Carlin und das winzige Dorf Beowawe waren nicht so weit weg; trotzdem konnte Ernie vom Tranquility Motel aus keine menschliche Ansiedlung sehen. Auch wenn man auf dem Parkplatz stand, hielt man vergeblich Ausschau nach einem anderen Gebäude, und vermutlich gab es auf der ganzen Welt kein zweites Motel, das seinen Namen so völlig zu Recht trug.
    Jetzt hielt sich Ernie im Büro auf und beseitigte mit Holzbeize einige kleine Kratzer an der Eichentheke, an der die Gäste sich eintrugen und abmeldeten. Der Zustand der Theke ließ eigentlich nichts zu wünschen übrig; Ernie suchte einfach nach irgendeiner Beschäftigung, bis am Spätnachmittag die ersten Gäste von der Interstate 80 hier zum Übernachten haltmachen würden. Wenn er sich nicht mit Arbeit ablenkte, würde ihm einfallen, wie früh im November die Dämmerung hereinbrach, und er würde sich mit diesem Gedanken verrückt machen und nervös sein wie eine Katze mit einer Konservendose am Schwanz, noch bevor es draußen wirklich dunkel wurde.
    Das Büro erstrahlte in hellem Licht. Seit Ernie morgens um halb sieben geöffnet hatte, brannte jede Lampe. Eine schwenkbare Leuchtstoffröhre stand auf dem Eichenschreibtisch hinter der Empfangstheke und warf ein blasses Rechteck auf die grüne Filzunterlage. Eine Messingstehlampe erhellte die Ecke neben den Aktenschränken. Auf der Publikumsseite der Theke gab es ein Ansichtskartenkarussell, ein Wandgestell mit etwa vierzig Taschenbüchern, ein zweites mit kostenlosen Reiseprospekten, einen Warenautomaten neben der Tür und ein beiges Sofa mit Beistelltischchen und Glaslampen mit unterschiedlich starken Glühbirnen - 75, 100 und 150 Watt - die ausnahmslos eingeschaltet waren. Außerdem war da noch die Mattglasdeckenleuchte mit zwei Birnen.
    Der größte Teil der Vorderfront des Büros bestand aus einem riesigen Fenster, das nach Südsüdwesten zeigte. Um diese Tageszeit fielen durch die Scheiben honigfarbene Sonnenstrahlen ein, verliehen der weißen Wand hinter dem Sofa den warmen Ton von Bernstein, brachen sich in den Kristallen der Glaslampen zu Aberhunderten huschender Linien und reflektierten in den Messingverzierungen der Tische.
    Wenn Faye hier war, konnte Ernie nicht sämtliche Lampen einschalten, weil sie sonst bestimmt eine Bemerkung über Stromverschwendung gemacht hätte. Es bereitete ihm Unbehagen, eine Lampe kein Licht spenden zu sehen, aber er ertrug den Anblick gleichsam toter Glühbirnen, um sein Geheimnis bewahren zu können. Soviel er wusste, hatte Faye noch nichts von seinen Ängsten bemerkt, und er wollte nicht, dass sie davon erfuhr, weil er sich dieser plötzlichen unerklärlichen Schwäche schämte. Außerdem wollte er sie nicht unnötig beunruhigen. Er kannte die Ursache seiner irrationalen Angst nicht, aber er wusste, dass er sie früher oder später besiegen würde, und folglich sah er es als sinnlos an, sich wegen eines vorübergehenden Zustandes einem demütigenden Geständnis zu unterziehen und Faye überflüssigerweise Sorgen zu bereiten.
    Er weigerte sich einfach zu glauben, dass es etwas Ernstes sein könnte. Er war im Laufe seiner 52 Jahre nur selten krank gewesen. Im Krankenhaus hatte er nur einmal gelegen, nachdem er während seines zweiten Militäreinsatzes in Vietnam eine Kugel ins Gesäß und eine weitere in den Rücken abbekommen hatte.
    Geisteskrankheiten hatte es in seiner Familie nie gegeben, und Ernest Eugene Block wusste todsicher, dass er nicht als erster seines Clans wimmernd auf die Couch eines Psychiaters kriechen würde. Darauf würde er sogar seinen Arsch verwetten, ohne sich Sorgen darüber zu machen, worauf er sitzen sollte. Er würde diese Sache allein durchstehen, so unangenehm und unheimlich sie auch war.
    Es hatte im September mit einem vagen Unbehagen begonnen, das ihn bei Einbruch der Dämmerung befiel und bis zum Morgengrauen anhielt. Anfangs hatte er noch nicht allabendlich damit zu kämpfen gehabt, aber es war immer schlimmer geworden, und gegen Mitte Oktober hatte die Dämmerung ihn schon jeden Abend ganz erheblich verstört. Anfang November war daraus Angst geworden, und in den beiden vergangenen Wochen hatte sie so zugenommen, dass nun auch die Tage von dieser verwirrenden Angst vor der Dunkelheit völlig überschattet wurden. In den letzten zehn Tagen hatte er es vermieden, nach Einbruch der Finsternis aus dem Haus zu gehen; bisher war das Faye noch nicht aufgefallen, aber es würde ihr mit Sicherheit

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