Schwarzer Mond: Roman
Restaurant für Ernie und Faye; Sandy bediente, Ned kochte.
Sie lebten in einem Wohnwagen in der Nähe von Beowawe und kamen jeden Morgen mit ihrem alten Ford-Lieferwagen zur Arbeit.
Ernie zuckte zusammen, als Sandy die Tür öffnete, denn er hatte verrückterweise die Befürchtung, dass die Finsternis wie ein Panther von draußen ins Büro stürzen könnte.
»Ich bringe Ihnen das Abendessen«, sagte Sandy und schauderte in dem kalten Luftzug, der mit ihr eingedrungen war. Sie stellte einen kleinen Karton ohne Deckel auf der Theke ab, der einen Cheeseburger, Pommes frites, ein Plastikschälchen Krautsalat und eine Dose Coors enthielt. »Ich hab' mir gedacht, dass Sie ein Bier brauchen würden, um dieses ganze Cholesterin wieder aus Ihren Nieren rauszuspülen.«
»Danke, Sandy.«
Sandy hatte nicht viel an sich, um Männerblicke fesseln zu können, so blass und farblos, wie sie war, aber sie hätte durchaus Möglichkeiten gehabt, mehr aus sich zu machen. Ihre Beine waren zwar etwas zu dünn, aber keineswegs unattraktiv. Sie war zu mager, aber wenn sie fünfzehn oder sogar zwanzig Pfund zugenommen hätte, hätte sie eine erstklassige Figur gehabt. Ihre Brüste waren klein, aber wohlgeformt, und ihre zarten Knochen, die dünnen Arme und der Schwanenhals verliehen ihr eine anziehende Zerbrechlichkeit. Außerdem besaß sie eine erstaunliche Anmut, derer man allerdings nur selten gewahr wurde, denn meistens schlurfte sie beim Gehen und saß mit eingezogenem Kopf und runden Schultern da. Ihre braunen Haare waren glanzlos und hingen schlaff herab, vermutlich weil sie sie mit Seife anstatt mit Shampoo wusch. Sie verwendete niemals Make-up, nicht einmal einen Lippenstift. Ihre Fingernägel waren ungepflegt und abgekaut. Sie war jedoch sehr warmherzig und hilfsbereit, und deshalb wünschten Ernie und Faye auch, sie würde hübscher aussehen und mehr vom Leben haben.
Manchmal machte sich Ernie Sorgen um sie, so wie er sich früher immer Sorgen um Lucy, seine Tochter, gemacht hatte, bis sie Frank gefunden und geheiratet hatte, mit dem sie restlos glücklich war. Ernie spürte, dass Sandy Sarver vor langer Zeit etwas Schlimmes zugestoßen sein musste, dass sie einen sehr harten Schlag erlitten hatte, der sie zwar nicht gebrochen, aber doch gelehrt hatte, den Kopf einzuziehen und möglichst unauffällig zu sein und nur geringe Erwartungen an das Leben zu stellen, um vor Enttäuschungen, menschlicher Grausamkeit und Schmerz geschützt zu sein.
Während Ernie die Dose Coors öffnete und den köstlichen Duft des Essens einsog, sagte er: »Ned macht wirklich die besten Cheeseburger, die ich je probiert habe.«
Sandy lächelte schüchtern. »Es ist ein Segen, einen Mann zu haben, der kochen kann.« Sie hatte eine leise, sanfte Stimme.
»Besonders wenn man - wie ich - selbst nichts davon versteht.«
»Oh, ich wette, dass Sie auch eine gute Köchin sind«, sagte Ernie.
»Nein, nein, ich nicht, überhaupt nicht. Das war ich nie und werde es auch nie sein.«
Er betrachtete ihre kurzärmelige Uniform und die nackten, mit einer Gänsehaut überzogenen Arme. »Sie sollten an einem so kalten Abend nicht ohne Sweater ins Freie gehen. Sie werden sich noch den Tod holen.«
»O nein, ich nicht«, erwiderte sie. »Ich ... ich habe mich vor langer Zeit an Kälte gewöhnt.« Das war eine eigenartige Bemerkung, und noch eigenartiger war der Klang ihrer Stimme. Aber noch bevor Ernie sie ausforschen konnte, eilte sie schon auf die Tür zu.
»Bis später, Ernie.«
»Äh ... viel los bei euch?«
»Ziemlich. Und bald werden sich die LKW-Fahrer zum Abendessen einstellen.« Sie öffnete die Tür und drehte sich noch einmal um. »Sie haben hier wirklich die reinste Festbeleuchtung.«
Ein Stück Cheeseburger blieb ihm fast im Halse stecken, als sie die Tür aufriss. Sie setzte ihn den Gefahren der Dunkelheit aus.
Kalte Luft drang ins Büro.
»Hier könnte man glatt einen Sonnenbrand bekommen«, fuhr sie fort.
»Ich ... ich habe es gern hell. Wenn die Leute in ein schwach beleuchtetes Motel kommen, können sie leicht den Eindruck bekommen, dass es schmutzig ist.«
»Oh! Daran hätte ich nie gedacht. Vermutlich ist das auch der Grund dafür, dass Sie der Boss sind. Wenn ich die Verantwortung für alles hätte, würde ich nie auf solche Details achten. Kleinigkeiten vernachlässige ich immer. Na, ich muss mich jetzt sputen.«
Er hielt den Atem an, solange die Tür offenstand, und seufzte erleichtert, als Sandy sie hinter sich schloss. Er sah
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