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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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weiterhin von ihm hypnotisieren zu lassen. Am Sonntag hatte er sich die entscheidende Sitzung vom Samstag noch einmal auf Kassette anhören wollen, und am Montagvormittag hatte er keine Zeit, weil er einen Freund im Krankenhaus besuchen wollte.
    »Aber wenn Sie am Montag - sagen wir, um ein Uhr mittags kommen, werden wir damit beginnen, die Mauern jener Erinnerungsblockade anzubohren -en pantoufles, wie die Franzosen sagen, das heißt, in aller Ruhe, ganz entspannt.«
    An diesem Morgen hatte er sie aus dem Krankenhaus angerufen und ihr gesagt, dass sein Freund früher als erwartet entlassen werde und dass er, Pablo, gegen elf zu Hause sein könnte, falls sie Lust habe, früher als vereinbart zu kommen.
    »Sie könnten mir helfen, das Mittagessen zuzubereiten.«
    Während sie nun aus dem Lift stieg und rasch den kurzen Korridor zu Pablos Wohnung entlangging, fasste Ginger den festen Entschluss, ihre angeborene Ungeduld zu zügeln und sich mit langsamen Fortschritten, wie der alte Hypnotiseur sie ihr vorgeschlagen hatte, zu begnügen.
    Die Eingangstür war nur angelehnt. In der Annahme, dass Pablo sie für sie offengelassen hatte, betrat sie den Flur und rief, während sie die Tür schloss: »Pablo?«
    Aus einem Zimmer war ein undeutlicher Laut zu hören. Etwas  klirrte leise. Etwas fiel dröhnend zu Boden.
    »Pablo?«
    Er antwortete nicht. Sie ging ins Wohnzimmer und rief lauter als zuvor: »Pablo?«
    Schweigen.
    Ein Flügel der Tür zur Bibliothek war weit geöffnet, und eine Lampe brannte. Ginger trat ein - und sah Pablo mit dem Gesicht nach unten in der Nähe des Schreibtisches auf dem Boden liegen. Er musste soeben erst von seinem Krankenhausbesuch zurückgekehrt sein, denn er trug noch Gummigaloschen und einen Mantel.
    Während sie zu ihm lief und neben ihm niederkniete, schossen ihr die verschiedensten Möglichkeiten durch den Kopf Gehirnblutung, Thrombose, Embolie, ein schwerer Herzanfall -, aber auf das, was sie feststellte, als sie ihn behutsam auf den Rücken drehte, war sie in keiner Weise gefasst gewesen. Pablo hatte eine Schusswunde im oberen Teil der Brust; hellrotes arterielles Blut floss aus dieser Wunde.
    Seine Lider zuckten, er öffnete mühsam die Augen, und trotz seines verschwommenen Blickes schien er genau zu wissen, wer sie war. Blut floss über seine Unterlippe, als er eindringlich im Flüsterton hervorbrachte: »Rennen ... Sie ... schnell... weg!«
    Als sie ihn vor dem Schreibtisch liegen gesehen hatte, war ihre instinktive Reaktion die einer Freundin und Ärztin gewesen - sie war ihm besorgt zu Hilfe geeilt. Erst als Pablo stammelte, sie solle weglaufen, begriff sie, dass auch ihr eigenes Leben in Gefahr war. Ihr kam zu Bewusstsein, dass sie keinen Schuss gehört hatte, dass also eine Pistole mit Schalldämpfer benutzt worden war. Der Täter war kein gewöhnlicher Einbrecher, sondern eine ungleich gefährlichere Person. All diese Überlegungen schossen ihr blitzartig durch den Kopf.
    Mit laut klopfendem Herzen stand sie auf und drehte sich zur Tür um. Der Schütze -groß und breitschultrig, in einem Ledermantel mit straffem Gürtel - trat hinter dem offenen Türflügel hervor, die Pistole mit aufgesetztem Schalldämpfer in der Hand.
    Er war kräftig, sah aber überraschenderweise viel weniger bedrohlich aus, als sie erwartet hatte. Er musste etwa in ihrem Alter sein, war glatt rasiert, hatte unschuldsvolle blaue Augen und ein eher harmloses Gesicht.
    Als er den Mund öffnete, trat das Missverhältnis zwischen seinem unauffälligen Äußeren und seinen mörderischen Aktivitäten noch deutlicher zutage, denn seine ersten Worte waren gestammelte Entschuldigungen. »Das hätte nicht passieren sollen. Das war wirklich nicht geplant ... Ich ... ich wollte nur diese Kassetten mit einem Recorder hoher Geschwindigkeit überspielen. Das war alles, was ich wollte. Kopien der Kassetten.«
    Er deutete auf den Schreibtisch, und erst jetzt bemerkte Ginger einen offenen Diplomatenkoffer, in dem eine komplizierte elektronische Ausrüstung untergebracht war. Auf der Schreibtischplatte lagen Kassetten verstreut, und sie wusste sofort, um welche Kassetten es sich hierbei handelte.
    »Lassen Sie mich einen Krankenwagen rufen«, bat sie und machte einen Schritt auf das Telefon zu, aber er hielt sie zurück, indem er wütend mit der Pistole gestikulierte.
    »Anfertigung von Kopien mit hoher Geschwindigkeit«, sagte er, zwischen Zorn und Tränen schwankend. »Ich hätte Kopien von allen sechs Sitzungen machen und

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