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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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verliert. Und genau das haben wir vielleicht unabsichtlich erreicht, als wir Marcie zwangen, im Krankenhaus zu sein.«
    »Aber weshalb hätte sie eine derartige Phobie entwickeln sollen?« fragte Jorja. »Wie hätte sie entstehen können? Marcie hat nie schlechte Erfahrungen mit Ärzten oder Kliniken gemacht. Sie ist nie ernsthaft krank gewesen.«
    Besancourt zuckte die Achseln. »Wir wissen nicht, auf welche Weise Phobien entstehen. Man braucht nicht mit einem Flugzeug abzustürzen, um Angst vor dem Fliegen zu haben. Phobien können sozusagen aus heiterem Himmel auftauchen. Aber sogar wenn wir sie zufällig geheilt haben, werden gewisse Befürchtungen zurückgeblieben sein. Ted Coverly wird diese Reste ihrer Phobie bestimmt aufspüren und beseitigen können. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Jorja.«
    An diesem Nachmittag des 30. Dezember wurde Marcie aus dem Krankenhaus entlassen. Auf der Heimfahrt im Auto war sie fast schon wieder das unbeschwerte Kind von früher und deutete glücklich auf Wolken, deren Umrisse Ähnlichkeiten mit irgendwelchen Tieren hatten. Zu Hause angelangt, stürzte sie ins Wohnzimmer und machte es sich auf dem Teppich zwischen ihren Weihnachtsgeschenken gemütlich, von denen sie bisher noch nicht viel gehabt hatte. Sie spielte immer noch mit den Ärzteinstrumenten, aber nicht ausschließlich und nicht mit jener erschreckenden Intensität wie am Weihnachtstag.
    Jorjas Eltern kamen eilends zu Besuch. Vom Krankenhaus hatte Jorja sie ferngehalten, mit dem Argument, dass ihre Anwesenheit sich negativ auf Marcies ohnehin schon kritischen Zustand auswirken könnte. Marcies gute Laune hielt den ganzen Abend hindurch an, sie war lieb und amüsant und entwaffnete ihre Großeltern vollkommen.
    In den nächsten drei Nächten schlief das Mädchen in Jorjas Bett, für den Fall, dass es einen Angstanfall bekam, was zum Glück jedoch nicht eintrat. Auch die Alpträume waren nicht mehr so häufig und heftig wie bisher, und Jorja wurde von Marcies Reden im Schlaf in diesen drei Nächsten nur zweimal wach.
    »Der Mond, Mond, der Mond!«
    Aber jetzt waren es keine Schreie mehr, sondern ein leises Gemurmel.
    Morgens beim Frühstück fragte Jorja ihre Tochter nach diesem Traum, aber sie konnte sich nicht daran erinnern.
    »Der Mond?« sagte sie mit gerunzelter Stirn. »Ich habe nicht vom Mond geträumt. Ich habe von Pferden geträumt. Kann ich irgendwann einmal ein Pferd haben?«
    »Vielleicht, wenn wir nicht mehr in einer Mietwohnung leben.«
    Marcie kicherte. »Das weiß ich. In einer Wohnung kann man kein Pferd halten. Die Nachbarn würden sich beschweren.«
    Am Donnerstag sah Marcie Dr. Coverly zum erstenmal. Sie mochte ihn. Falls sie immer noch unbegründete Angst vor Ärzten hatte, so wusste sie das gut zu verbergen.
    In dieser Nacht schlief Marcie in ihrem eigenen Bett, mit einem Teddybär namens Murphy als einziger Gesellschaft. Jorja stand zwischen Mitternacht und Tagesanbruch dreimal auf, um nach ihrer Tochter zu sehen, und bei einer dieser Gelegenheiten hörte sie wieder jene ihr inzwischen schon wohlvertrauten Worte: »Mond, der Mond, der Mond« - und die Mischung aus Furcht und Entzücken, die aus dem Flüstern herauszuhören war, ließ Jorja unwillkürlich erschauern.
    Am Freitag, als Marcie noch drei Tage Schulferien vor sich hatte, überließ Jorja sie Kara Persaghians Obhut und nahm ihre Arbeit wieder auf. Es war direkt eine Erleichterung, in den Lärm und Rauch des Casinos zurückzukehren. Zigaretten, abgestandenes Bier und gelegentlicher Mundgeruch waren wesentlich angenehmer als die antiseptischen Gerüche in der Klinik.
    Sie holte Marcie bei Kara ab, und auf der Heimfahrt zeigte das Mädchen ihr aufgeregt, was es den ganzen Tag über gezeichnet hatte: Dutzende von Bildern des Mondes in allen nur möglichen Farben.
    Als Jorja am Sonntag, dem 5. Januar, morgens aufstand, um Kaffee zu machen, fand sie Marcie am Esszimmertisch, wo das Mädchen damit beschäftigt war, alle Fotos aus dem Familienalbum zu nehmen und ordentlich aufeinanderzustapeln.
    »Ich lege die Fotos in eine Schuhschachtel, weil ich das A ... A ... Ablum brauche.« Sie stolperte über das schwierige Wort.
    »Ich brauche es für meine Mondsammlung.« Sie zeigte ihrer Mutter ein aus einer Zeitschrift ausgeschnittenes Foto des Mondes. »Ich werde eine ganz große Sammlung machen.«
    »Warum? Warum interessierst du dich so für den Mond, mein Kleines?«
    »Er ist hübsch«, antwortete Marcie. Sie legte das Foto auf eine leere

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