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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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wurde zum Ausgang gefahren. Die Räder quietschten auf denn Marmorboden.
    Jorja blickte ihm nach.
    Zwei Polizisten hielten die Türen auf, während die Männer von der Bestattung die Bahre hinausschoben. Jorja verspürte immer noch keine Trauer, aber tiefe Melancholie überfiel sie bei dem Gedanken, wie anders alles hätte sein können.
    Pepper hielt ihr eine Lifttür auf und sagte: »Fahren wir rauf in meine Wohnung.«
    Draußen wurden die Türen des Leichenwagens geschlossen.
    Im Aufzug und im Korridor des dreizehnten Stockwerks setzte Pepper in diskretem Flüsterton ihre Schilderung von Alans unersättlicher sexueller Begierde fort, und ebenso auch - nur mit normaler Lautstärke - in ihrem riesigen Wohnzimmer.
    Alan hatte immer viel Sex benötigt, aber in seinen letzten Lebensmonaten war das offenbar zur krankhaften Sucht ausgeartet.
    Jorja wollte eigentlich nichts von all dem hören, aber das Callgirl zum Schweigen zu bringen wäre schwieriger gewesen, als das Gerede einfach über sich ergehen zu lassen.
    In den allerletzten Wochen hatte Alan seine Tage fast ausschließlich der Erotik gewidmet, obwohl diese Beschäftigung ihm keinen Genuss zu bereiten schien, sondern etwas Ungesundes, Verzweifeltes an sich hatte. Er hatte sogar Urlaub genommen, um sich stundenlang mit Pepper oder anderen Frauen, deren >Karriere< er managte, zu vergnügen, und es gab keine Variation, keine Perversion, die er nicht bis zum Exzess betrieben hätte. Das Callgirl fand überhaupt kein Ende: Alan hatte eine Vorliebe für alle möglichen Artikel entwickelt, die es in Sexshops zu kaufen gab - Vibratoren, Penisringe, Schuhe mit Sporen, Handfesseln, Kokainsalben ...
    Jorja, die ohnehin schon weiche Knie hatte und sich etwas schwindlig fühlte, befürchtete, sich jeden Moment übergeben zu müssen.
    »Bitte hören Sie auf, um Gottes willen. Er ist tot!«
    Pepper zuckte die Achseln. »Ich dachte, es würde Sie interessieren. Er hat einen Haufen Geld für dieses ... dieses Sexzubehör ausgegeben. Und nachdem Sie ja seine Testamentsvollstreckerin sind, dachte ich, dass Sie es wissen sollten.«
    Alan Arthur Rykoffs letzter Wille und Testament war ein einfaches vorgedrucktes Formular, wie man es überall kaufen konnte.
    Er hatte es Pepper zur Aufbewahrung in ihrem Safe übergeben.
    Jorja setzte sich auf einen kobaltblauen Wildlederstuhl neben ein lackiertes schwarzes Tischchen und überflog das Testament im Licht einer modernen kegelförmigen Stahllampe. Am überraschendsten war nicht, dass Alan seine geschiedene Frau als Testamentsvollstreckerin eingesetzt hatte, sondern dass er alles, was er besaß, Marcie hinterlassen hatte, obwohl er doch seine Vaterschaft bestritten hatte.
    Pepper saß auf einem schwarzen Lackstuhl mit weißem Polster in der Nähe einer Fensterfront. »Ich glaube nicht, dass er viel Geld hinterlässt. Er lebte sehr verschwenderisch. Aber da ist noch sein Auto und etwas Schmuck.«
    Jorja entdeckte, dass Alans Testament erst vor vier Tagen notariell beglaubigt worden war, und ein Schauer lief ihr über den Rücken. »Er muss schon an Selbstmord gedacht haben, als er zum Notar ging, sonst hätte er ein Testament bestimmt für überflüssig gehalten.«
    »Ich nehme es an«, sagte Pepper achselzuckend.
    »Aber haben Sie die Gefahr denn nicht erkannt? Haben Sie nicht bemerkt, dass er Probleme hatte?«
    »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass er seit einigen Monaten irgendwie komisch war.«
    »Ja, aber in den letzten Tagen muss doch eine auffällige Veränderung eingetreten sein, noch etwas anderes als jenes sonderbare Benehmen, von dem Sie sprachen. Haben Sie sich denn nicht gewundert, als er Ihnen sein Testament zur Aufbewahrung übergab? Hat nichts an seinem Verhalten, an seinem Aussehen, seinem Gemütszustand Sie beunruhigt?«
    Pepper sprang ungeduldig auf. »Ich bin keine Psychologin, Honey. Sein Zeug ist im Schlafzimmer. Wenn Sie seine Kleider den Goodwill-Leuten geben wollen, kann ich dort anrufen. Aber seine übrigen Sachen -Schmuck, persönliche Dinge - nehmen Sie am besten gleich mit. Ich werde Ihnen zeigen, wo alles ist.«
    Der moralische Sumpf, in dem Alan verkommen war, verursachte Jorja Übelkeit, aber nun stiegen auch Schuldgefühle in ihr auf. Hätte sie etwas tun können, um ihn zu retten? Dadurch, dass er sein Hab und Gut Marcie hinterlassen und sie, Jorja, zur Testamentsvollstreckerin bestimmt hatte, schien er in seinen letzten Lebenstagen seine Hand nach ihnen ausgestreckt zu haben, und obwohl diese Geste

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