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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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unartikulierten Schrei aus, taumelte einen Schritt rückwärts, drehte der bestürzten Kellnerin den Rücken zu und rannte. Er nahm wahr, dass Leute ihn anstarrten, dass er Aufsehen erregte, aber das war ihm völlig egal.
    Er wollte nur hier wegkommen. Er riss die Tür auf und stürzte ins Freie. Die Sonne war inzwischen untergegangen, und der Himmel war schwarz, purpurfarben und scharlachrot.
    Dom hatte Angst. Angst vor der Vergangenheit. Angst vor der Zukunft. Am meisten aber, weil er nicht wusste, warum er solche Angst hatte.

Chicago, Illinois
    Brendan Cronin wollte mit seiner Ankündigung bis nach dem Abendessen warten, weil Vater Wycazik dann mit vollem Magen und einem Glas Brandy in der Hand immer am besten gelaunt war. In der Zwischenzeit griff er - mit Vater Wycazik und Vater Gerrano als Tischgenossen -herzhaft zu, verspeiste doppelte Portionen Kartoffeln, Bohnen und Schinken und nicht weniger als ein Drittel eines Brotlaibs.
    Seinen Appetit hatte er zurückgewonnen, nicht aber seinen Glauben. In der ersten Zeit nach seinem Glaubensschwund hatte er eine schreckliche Leere und Verzweiflung empfunden, aber nun war diese Verzweiflung vorüber, und auch das Gefühl der Leere nahm immer mehr ab. Er begriff allmählich, dass er eines Tages vielleicht ein sinnvolles Leben führen könnte, das nichts mit der Kirche zu tun hatte. Für Brendan, dem die geistliche Freude der heiligen Messe stets mehr bedeutet hatte als alle weltlichen Freuden, bedeutete es eine geradezu revolutionäre Entwicklung, ein weltliches Leben auch nur in Betracht zu ziehen.
    Die Verzweiflung war vielleicht von ihm gewichen, weil er seit Weihnachten vom Atheis mus wenigstens zum Agnostizismus gekommen war. Die Ereignisse der letzten Zeit ließen ihn über die Existenz einer höheren Macht nachdenken, die - wenngleich nicht zwangsläufig Gott -so doch übernatürlicher Art sein musste.
    Nach dem Abendessen zog sich Vater Gerrano in sein Zimmer zurück, um den letzten Roman von James Blaylock zu lesen, einem Autor, den auch Brendan sehr interessant fand, dessen farbige Geschichten über bizarre Fantasiewesen und sogar noch bizarrere Menschen einem ausgesprochenen Realisten wie Vater Wycazik aber viel zu fantastisch waren. Auf dem Weg ins Arbeitszimmer erklärte er Brendan: »Er schreibt zwar gut, aber wenn ich eine seiner Geschichten ausgelesen habe, überfällt mich immer das Gefühl, dass in Wirklichkeit nichts so ist, wie es zu sein scheint, und dieses Gefühl liebe ich nicht.«
    »Vielleicht ist tatsächlich nichts so, wie es zu sein scheint«, meinte Brendan.
    Der Pfarrer schüttelte den Kopf. »Nein, wenn ich schon zu meiner Unterhaltung lese, ziehe ich Bücher vor, die sich mit den Realitäten des Lebens befassen.«
    Mit breitem Grinsen sagte Brendan: »Falls es einen Himmel gibt, Vater, und falls es mir irgendwie gelingt, mit Ihnen dorthin zu kommen, hoffe ich, dass ich die Möglichkeit haben werde, ein Treffen zwischen Ihnen und Walt Disney zu arrangieren. Ich würde allzugern miterleben, wie Sie ihn davon zu überzeugen versuchen, dass er seine Zeit besser genutzt hätte, wenn er Dostojewskis gesammelte Werke zu Trickfilmen verarbeitet hätte, anstatt sich mit den Abenteuern von Micky Maus abzugeben.«
    Der Vorsteher lachte über sich selbst, während er die Getränke einschenkte, und sie machten es sich in Lehnstühlen gemütlich: der gefallene Priester mit einem Glas Likör, sein Vorgesetzter mit einem kleinen Brandy.
    Brendan wusste, dass jetzt der günstigste Augenblick für seine Mitteilung gekommen war.
    »Wenn es Ihnen recht ist, Vater, werde ich für eine Weile wegfahren. Ich würde gern am Montag aufbrechen. Ich muss nach Nevada.«
    »Nevada?« Vater Wycazik hörte sich so an, als hätte sein Kaplan Bangkok oder Timbuktu gesagt. »Warum Nevada?«
    Mit dem Geschmack des Pfefferminzlikörs auf der Zunge, erklärte Brendan: »Dorthin werde ich gerufen. Letzte Nacht im Traum konnte ich zwar außer einem strahlenden Licht immer noch nichts erkennen, aber ich wusste plötzlich, wo ich war. Elko County, Nevada. Und ich wusste, dass ich dorthin zurückkehren musste, um eine Erklärung für Emmys und Wintons Heilung zu finden.«
    »Dorthin zurückkehren? Sind Sie denn schon einmal dort gewesen?«
    »Vorletzten Sommer, bevor ich hierher an die Pfarrei St. Bernadette kam.«
    Von Rom aus war Brendan direkt nach San Francisco geflogen, um einen letzten Auftrag seines Vorgesetzten im Vatikan, Monsignore Orbella, auszuführen. Er war zwei

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