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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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eintönige Dröhnen der Motoren - trotz des hellen Tageslichts ein.
    Jorja dachte währenddessen über ihre Zukunft nach, über das Diplom, das sie anstrebte, über ihre Hoffnung auf ein eigenes Bekleidungsgeschäft, über die vor ihr liegende harte Arbeit - und über die Einsamkeit, die ihr schon jetzt zu schaffen machte.
    Sie wollte einen Mann. Nicht in erster Linie für den Sex, obwohl auch das sehr schön wäre. Seit der Scheidung war sie einige Male mit Männern ausgegangen, hatte aber mit keinem geschlafen.
    Sie war alles andere als frigid. Sex war für sie wichtig, und er fehlte ihr. Aber Sex war nicht der Hauptgrund, weshalb sie einen Mann wollte. Sie suchte einen richtigen Gefährten, sie brauchte jemanden, mit dem sie ihre Träume, Siege und Niederlagen teilen konnte. Sie hatte Marcie, aber das war etwas ganz anderes. Die menschliche Rasse war offenbar genetisch darauf programmiert, zu zweit durchs Leben gehen zu wollen, und bei Jorja war dieses Bedürfnis besonders stark ausgeprägt.
    Während das Flugzeug nach Nordnordost dröhnte, lauschte Jorja Mantovani und erlaubte sich ausnahmsweise romantische Mädchenträumereien. Vielleicht würde sie im Tranquility Motel einem ganz besonderen Mann begegnen, mit dem sie einen neuen Anfang machen könnte. Sie rief sich Dominick Corvaisis' freundliche, vertrauenerweckende Stimme ins Gedächtnis und baute ihn in ihre Fantasien ein. Falls Corvaisis nun wirklich der richtige Mann für sie wäre ... Sie stellte sich vor, was ihr Vater wohl sagen würde, wenn er erführe, dass sie einen dieser leichtsinnigen, ständig betrunkenen Schriftsteller heiratete, die ihre Frauen aus hohen Fenstern heraushängten.
    Kurz nach der Landung platzte dieser Traum allerdings wie eine Seifenblase, denn sie erkannte sehr schnell, dass Corvaisis' Herz bereits vergeben war.
    In Elko war der Himmel um halb fünf, eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang, mit dunklen Wolken verhangen, und die Ruby Mountains hoben sich purpur-schwarz vom Himmel ab. Ein eisiger Wind erinnerte Jorja daran, dass sie jetzt über 600 Kilometer nördlich von Las Vegas war.
    Corvaisis und Ginger Weiss warteten auf dem Rollfeld neben dem kleinen Flughafengebäude, und sobald Jorja sie sah, hatte sie das beruhigende Gefühl, Familienangehörige zu treffen.
    Corvaisis hatte schon am Telefon etwas in dieser Art gesagt, aber sie verstand seine Worte erst jetzt. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit hatte nichts mit der Bewunderung zu tun, die sie Ginger Weiss entgegenbrachte.
    Sogar Marcie -in Mantel und Schal gehüllt, mit schlafmüden Augen, das Album fest an sich gedrückt - erwachte beim Anblick des Schriftstellers und der Ärztin aus ihrem tranceartigen Zustand. Sie lächelte und beantwortete die Fragen der Erwachsenen mit größerer Lebhaftigkeit als seit Tagen. Sie wollte ihnen ihr Album zeigen, und sie ließ es kichernd zu, dass Corvaisis sie auf die Arme nahm und zum Parkplatz trug.
    Es war richtig, hierher zu kommen, dachte Jorja. Gott sei Dank, dass wir es getan haben.
    Corvaisis ging mit Marcie auf den Armen voraus; Jorja und Ginger folgten mit dem Gepäck.
    »Vielleicht erinnern Sie sich nicht daran«, sagte Jorja, »aber Sie haben Marcie an jenem Freitagabend verarztet - das war, bevor wir ein Zimmer im Tranquility nahmen.«
    »Ich erinnerte mich wirklich nicht mehr daran«, erwiderte die Ärztin verblüfft. »Waren das Sie und Ihr verstorbener Mann? War das Marcie? Aber ja, natürlich!«
    »Wir hatten an der I-80 geparkt, etwa acht Kilometer vom Motel entfernt«, berichtete Jorja. »Die Aussicht nach Süden war einfach fantastisch - es war ein überwältigendes Panorama, und wir wollten es als Hintergrund für ein paar Schnappschüsse verwenden.«
    Ginger nickte. »Ich fuhr ein Stück hinter Ihnen auf der Interstate. Ich sah Ihren Wagen am Straßenrand stehen. Sie stellten die Kamera ein. Ihr Mann und Marcie waren über die Leitplanke geklettert und standen am Rand der Böschung.«
    »Ich wollte nicht, dass sie sich so dicht am Rand in Positur stellten. Aber Alan beharrte darauf, es sei die beste Stelle für ein gutes Bild, und wenn Alan sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es sinnlos, mit ihm zu streiten.« Bevor Jorja jedoch auf den Auslöser drücken konnte, war Marcie ausgerutscht und über den Rand der Böschung nach unten gefallen, zehn oder fünfzehn Meter in die Tiefe. Jorja hatte aufgeschrieen, die Kamera auf den Boden geworfen, war über die Leitplanke gesprungen und den Anhang hinabgerannt.

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