Schwarzer Mond: Roman
Twist, Ernie und Jorja -hielten seinem Blick stand, aber er las in ihren Augen Unbehagen und sogar leichte Furcht. Nur Ginger und Brendan waren völlig ungezwungen.
»Nun«, brach Jack schließlich das Schweigen, »ich glaube, wir sollten jetzt schlafen gehen. Morgen haben wir eine Menge zu tun.«
»Morgen«, sagte Ginger, »werden wir weitere Rätsel lösen. Wir machen mit jedem Tag große Fortschritte.«
»Morgen«, sagte Brendan leise, aber heiter, »wird ein Tag großer Offenbarungen sein. Ich fühle es irgendwie.«
Morgen, dachte Dom, sind wir vielleicht alle tot. Oder wünschen uns, tot zu sein.
Colonel Leland Falkirk hatte immer noch rasende Kopfschmerzen. Seine neue Gabe der Selbsterkenntnis - die seit den emotional und intellektuell erschütternden Ereignissen des vorletzten Sommers allmählich immer stärker geworden war erlaubte es ihm zu begreifen, dass er in gewisser Weise über die Wirkungslosigkeit des Aspirins glücklich war. Er genoss das Kopfweh, so wie er auch andere Schmerzen genoss; das unaufhörliche Pochen hinter seiner Stirn und in seinen Schläfen verlieh ihm perverserweise Kraft und Energie.
Lieutenant Horner hatte sich entfernt. Leland war wieder allein in seinem fensterlosen Büro unter dem Testgelände von Shenkfield, aber er wartete nicht mehr auf den Anruf aus Chicago. Er hatte diesen Anruf erhalten, kurz nachdem Horner sich zurückgezogen hatte, und die Neuigkeiten waren sehr schlecht gewesen.
Die Belagerung von Calvin Sharkles Haus in Evanston hatte bisher zu keinem Erfolg geführt, und an dieser höchst unbefriedigenden Situation würde sich in den nächsten zwölf Stunden höchstwahrscheinlich nichts ändern. Der Colonel wollte, wenn irgend möglich, eine erneute Sperrung der I-80 und eine Isolierung des Motels erst dann anordnen, wenn er sicher sein konnte, dass diese Operation nicht durch irgendwelche Enthüllungen Sharkles gegenüber den Lokalbehörden von Illinois oder gegenüber der Presse gefährdet wurde.
Diese Verzögerung machte Leland nervös, besonders nachdem die Zeugen im Motel ihre Aufmerksamkeit jetzt auf Thunder Hill konzentrierten und zudem nicht mehr mit Peilmikrofonen und Infinitsendern überwacht werden konnten. Er konnte es sich nicht leisten, länger als einen weiteren Tag zu warten. Falls die gefährliche Situation in Illinois morgen bei Sonnenuntergang immer noch nicht beendet sein sollte, würde er trotz der Risiken Befehl geben, gegen das Tranquility Motel vorzugehen.
Die anderen Neuigkeiten aus Chicago waren auch nicht besser. Detektive hatten Erkundigungen über Emmeline Halbourg und Winton Tolk eingezogen und waren zu dem Schluss gelangt, dass beide Heilungen vom medizinischen Standpunkt aus nicht zu erklären waren. Und eine Rekonstruktion von Vater Stefan Wycaziks Aktivitäten am Weihnachtstag -seiner Besuche bei Halbourg und Tolk und seiner Konsultation eines Ballistikexperten im Polizeilabor -hatte bestätigt, dass der Priester diese Wunderheilungen seinem Kaplan, Brendan Cronin, zuschrieb.
Leland hatte von Cronins Heilkräften nichts gewusst, bis am Sonntag ein Telefongespräch zwischen Dominick Corvaisis im Tranquility Motel und Vater Wycazik in Chicago abgehört worden war. Diese Unterhaltung hätte Leland einen noch größeren Schock versetzt, wenn er nicht schon seit Samstagabend auf unerklärliche Geschehnisse vorbereitet gewesen wäre.
Als Corvaisis am Samstagabend im Tranquility Motel angekommen war, hatten Leland Falkirk und seine Überwachungsexperten die ersten Unterhaltungen zwischen den Blocks und dem Schriftsteller mit wachsender Ungläubigkeit mit angehört.
Die absurde Geschichte von Mondfotos, die in Lomacks Haus in Reno plötzlich lebendig geworden waren, hörte sich an wie die Ausgeburt einer krankhaften Fantasie, wie das irre Gefasel eines Geisteskranken.
Als Corvaisis und die Blocks jedoch später im Tranquility Grille zu Abend gegessen hatten, war etwas Verblüffendesgeschehen, das sowohl von dem Überwachungsteam südlich der Interstate als auch von dem angezapften Münztelefon im Restaurant bestätigt wurde. Der Schriftsteller hatte versucht, sich an den Abend des 6. Juli zu erinnern, und plötzlich hatte die ganze Imbissstube gebebt, ein sonderbares donnerartiges Grollen und ein unheimliches elektronisches Heulen waren immer lauter geworden, bis schließlich alle Fensterscheiben zerbrachen.
Diese Phänomene waren eine totale - und sehr unangenehme Überraschung für Leland und für alle anderen am Komplott
Weitere Kostenlose Bücher