Schwarzer Mond: Roman
ihn.
»Ich dachte, dass es schneien würde«, sagte er, während er sich mit einer Tasse Kaffee an den Tisch setzte.
»Es wird bald beginnen«, meinte Jack.
Der Himmel sah aus wie eine massive Wand dunkelgrauen Granits.
Ned und Sandy Sarver waren um vier Uhr morgens nach Elko gefahren, um Jack, Jorja und Brendan am Arco Mini-Mart zu treffen und abzulösen. Danach waren sie bis halb acht in der Stadt herumgefahren. Als sie um acht ins Motel zurückgekehrt waren und rasch gefrühstückt hatten, waren einige Mitglieder der Tranquility-Familie schon aufgestanden, um ihre am Vorabend vereinbarten Aufgaben auszuführen. Ned und Sandy waren noch einmal zu Bett gegangen, um für den vor ihnen liegenden ereignisreichen Tag Kräfte zu sammeln.
Ned wachte nach zwei Stunden schon wieder auf, blieb aber im abgedunkelten Motelzimmer liegen und betrachtete seine schlafende Frau. Seine tiefe Liebe zu ihr glich einem mächtigen Strom, der sie beide über alle Hindernisse und Sorgen der Welt hinweg zu besseren Orten und Zeiten zu tragen vermochte.
Ned wünschte, er könnte mit Worten genausogut umgehen wie mit Werkzeugen aller Art. Es quälte ihn manchmal, dass er Sandy nie richtig sagen konnte, was er wirklich für sie empfand.
Aber sobald er versuchte, seine Gefühle mit Worten auszudrücken, kam er hoffnungslos ins Stammeln oder musste zu abgedroschenen Redewendungen Zuflucht nehmen. Es war gut, das Talent zu besitzen, alles mögliche in Ordnung bringen zu können, ob es sich nun um Toaster, Autos oder Lebewesen handelte. Und doch hätte Ned diese Gabe mitunter liebend gern gegen die Fähigkeit eingetauscht, seine innigen Gefühle für Sandy in einem perfekten Satz zum Ausdruck bringen zu können.
Er bemerkte, dass sie aufgewacht war. »Na, du stellst dich wohl nur schlafend?« fragte er.
Sie öffnete die Augen und lächelte ihm zu. »Du hast mich so angesehen, als wolltest du mich bei lebendigem Leibe auffressen, deshalb habe ich mich lieber schlafend gestellt.«
»Du siehst ja auch wirklich zum Anbeißen süß aus.«
Sie warf die Decke beiseite und streckte ihm nackt ihre Arme entgegen.
Sie liebten sich mit jener perfekten Harmonie, zu der sie seit Sandys sexuellem Erwachen vor einem Jahr gefunden hatten.
Als sie etwas später nebeneinander lagen und sich bei den Händen hielten, sagte Sandy: »O Ned, ich bin bestimmt die glücklichste Frau auf der ganzen Welt. Seit du mich vor vielen Jahren in Arizona unter deine Fittiche genommen hast, machst du mich glücklich. Und jetzt fühle ich mich so selig, dass ich mich nicht beklagen würde, wenn ich auf der Stelle tot umfiele.«
»Sag so etwas nicht!« rief er erschrocken, während er sich auf einen Ellbogen aufstützte und sie eindringlich ansah. »Ich will nicht, dass du so etwas sagst. Es ... es macht mich abergläubisch. Unsere Lage ist so problematisch ... es ist durchaus möglich, dass einige von uns sterben müssen. Deshalb möchte ich nicht, dass du das Schicksal herausforderst. Ich will nicht, dass du solche Dinge sagst!«
»Aber, Ned, du bist doch sonst überhaupt nicht abergläubisch.«
»Das stimmt ... aber diesmal ist alles irgendwie anders. Ich will nicht, dass du sagst, du seist so glücklich, dass es dir nichts ausmachen würde zu sterben. Verstehst du? Du darfst so etwas nicht einmal denken!«
Er legte seine Arme um sie und zog sie fest an sich. Er musste spüren, dass sie lebendig war. Er hielt sie so innig umschlungen, dass er nach kurzer Zeit ihren kräftigen, regelmäßigen Herzschlag nicht mehr wahrnehmen konnte, weil er mit seinem gleichsam verschmolzen war.
Parker Faine suchte im Haus der Salcoes in Monterey nach verschiedenen Hinweisen: Zum einen hoffte er zuversichtlich, irgendeinen Beweis dafür zu finden, dass sie tatsächlich nach Napa-Sonoma gefahren waren. Wenn er einen Hotelprospekt finden würde, könnte er dort anrufen und sich bestätigen lassen, dass die Familie wohlbehalten angekommen war. Oder er würde
- falls die Salcoes häufig in dieses Weinanbaugebiet fuhren -, so hoffte er, die Telefonnummer ihres Aufenthaltsortes in einem Adressbuch finden. Aber eigentlich war er mehr auf die zweite Möglichkeit gefasst: umgeworfene Möbel, Blutspuren oder andere Hinweise darauf zu entdecken, dass die Salcoes gegen ihren Willen irgendwohin entführt worden waren.
Natürlich hatte Dom ihn eigentlich nur gebeten, diese Leute aufzusuchen und sich mit ihnen zu unterhalten. Er hätte ihm bestimmt davon abgeraten, gewaltsam ins Haus
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