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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Dieses gewebte synthetische Fabrikat bestand aus Dacron. Ginger hielt es an die Wunde, schnitt es mit einer kleinen scharfen Schere genau passend zurecht und gab es Agatha zurück, die den weißen Schlauch in eine flache Stahlschale mit etwas Blut der Patientin legte und ihn darin bewegte, damit er richtig durchtränkt wurde.
    Das Blut an dieser Prothese musste sodann etwas gerinnen.
    Später, wenn sie eingesetzt war, würde Ginger noch etwas Blut hindurchlaufen lassen, sie abklammern und warten, bis auch dieses Blut geronnen war; dann würde sie die Prothese ausspülen und erst danach annähen. Die dünne Schicht geronnenen Blutes sollte ein Durchsickern verhindern helfen, und in kurzer Zeit würde der gleichmäßige Blutfluss neues Bindegewebe zur Abdichtung entwickeln und eine neue Endothelschicht bilden, so dass die eingesetzte Prothese von einer echten Arterie nicht mehr zu unterscheiden war. Erstaunlicherweise war der Dacron-Schlauch nicht nur ein adäquater Ersatz für das beschädigte Aortastück, sondern dem, was die Natur geschaffen hatte, sogar überlegen; in 500 Jahren, wenn von Viola Fletcher nur noch Staub und Knochen übrig sein würden, würde der Dacron-Schlauch immer noch völlig intakt und flexibel sein.
    Agatha wische Gingers Stirn ab.
    »Wie fühlen Sie sich?« fragte George.
    »Ausgezeichnet«, antwortete Ginger.
    »Angespannt?«
    »Nicht besonders«, log sie.
    »Es ist eine wahre Freude, Ihnen bei der Arbeit zuzusehen, Doktor«, lobte George.
    »Dem kann ich nur zustimmen«, meinte eine der OP-Schwestern.
    »Ich auch«, sagte die andere.
    »Danke«, murmelte Ginger überrascht und erfreut.
    »Sie haben beim Operieren eine gewisse Anmut, eine leichte Hand, ein fantastisches Gespür, was in unserem Berufsstand leider alles andere als selbstverständlich ist«, erklärte George.
    Ginger wusste, dass er nie unaufrichtige Komplimente machte, aber bei einem so strengen Lehrmeister grenzte diese Anerkennung fast schon an übertriebene Schmeichelei. Bei Gott, George Hannaby war stolz auf sie! Diese Erkenntnis rief bei ihr warme Rührung hervor. Wenn sie nicht im Operationssaal gewesen wären, hätten sich ihre Augen bestimmt mit Tränen gefüllt, aber hier hielt sie ihre Gefühle streng unter Kontrolle. Die Intensität ihrer Reaktion machte ihr jedoch schlagartig bewusst, in welchem Maße dieser Mann in ihrem Leben zur Vatergestalt geworden war; sein Lob freute sie fast genauso, als wenn es von Jacob Weiss selbst gekommen wäre.
    Ginger setzte die Operation in wesentlich besserer Gemütsverfassung fort. Die störenden Gedanken an einen möglichen Anfall wichen von ihr, und das größere Selbstvertrauen erlaubte es ihr, mit noch mehr Anmut als bisher zu arbeiten. Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen.
    Sie kontrollierte methodisch den Blutfluss durch die Aorta, band die abzweigenden kleinen Blutgefäße mit dünnem elastischem Faden ab, benutzte Klammern bei den größeren Arterien, einschließlich der Hüftschlagadern und der Aorta selbst. In einer knappen Stunde hatte sie den gesamten Blutstrom durch die Aorta in die Beine der Patientin gestoppt, und das pulsierende Aneurysma hatte seine Imitation des Herzens eingestellt.
    Mit einem kleinen Skalpell durchstach sie das Aneurysma, aus dem daraufhin Blut austrat; die Ausbuchtung sackte in sich zusammen. Ginger schlitzte nun die Aorta entlang der früheren Wand auf. Ohne Aorta war die Patientin noch hilfloser und abhängiger von der Chirurgin als bisher. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Von nun an musste die Operation nicht nur mit allergrößter Sorgfalt, sondern auch mit äußerster Schnelligkeit durchgeführt werden.
    Absolute Stille war eingetreten. Das Operationsteam verlor jetzt kein überflüssiges Wort. Die Kassette war abgelaufen, aber niemand drehte sie um. Die Zeit wurde an den Atemgeräuschen der künstlichen Lungenmaschine und am Piepsen des EKG gemessen.
    Ginger nahm den Dacron-Schlauch aus der Stahlschale, wo er sich wunschgemäß mit Blut vollgesaugt hatte, das inzwischen etwas geronnen war. Mit äußerst dünnem Faden nähte sie das obere Ende an den Aortastumpf und klemmte das untere Ende ab. Sodann leitete sie Blut in den Schlauch und ließ es gerinnen.
    Die ganze letzte Zeit über war es nicht mehr notwendig gewesen, Ginger den Schweiß von der Stirn zu wischen. Sie hoffte, dass George es registrieren würde - sie war sich dessen eigentlich sicher.
    Niemand brauchte der Laufschwester zu sagen, dass sie die Bach-Kassette jetzt umdrehen

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