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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ausbrechen würde. Er biss sich auf die Zunge, räusperte sich und fragte: »Wieviel Uhr ist es?«
    »Ein paar Minuten nach vier. Mitten in der Nacht.« Parker blickte zum Fenster hinüber und runzelte die Stirn.
    Dom folgte dem Blick seines Freundes und sah, dass die Vorhänge fest zugezogen waren und das Fenster zusätzlich mit der hohen Kommode verbarrikadiert war. Er hatte im Schlaf wirklich fleißig gearbeitet.
    »O Gott!« murmelte Parker, während er ans Bett trat und erschrocken darauf starrte. »Das gefällt mir nicht, mein Freund.
    Das gefällt mir gar nicht.«
    Dom hielt sich an der Wand fest und erhob sich mit weichen Knien, um zu sehen, wovon Parker sprach, aber gleich darauf wünschte er sich, er wäre auf dem Boden sitzen geblieben. Ein ganzes Waffenarsenal lag auf dem Bett herum: Die Automatik Kaliber 22, die er normalerweise im Nachttisch aufbewahrte; ein Fleischermesser; zwei andere Fleischmesser; ein Hackmesser; ein Hammer; die Axt, die er zum Holzhacken verwendete und zuletzt in der Garage gesehen hatte.
    »Was hast du erwartet - eine sowjetische Invasion?« fragte Parker. »Wovor hast du solche Angst?«
    »Ich weiß es nicht. Vor irgend etwas in meinen Alpträumen.«
    »Und wovon träumst du?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Du kannst dich an gar nichts erinnern?«
    »Nein.« Ein heftiger Schauer lief ihm über den Rücken.
    Parker legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du solltest jetzt duschen und dich anziehen. Ich mache uns inzwischen etwas zum Frühstück. Okay? Und dann ... dann sollten wir, glaube ich, deinen Arzt aufsuchen, sobald seine Sprechstunde beginnt.
    Ich finde, er sollte dich noch einmal untersuchen.«
    Dominick nickte.
    Es war der 2. Dezember.

KAPITEL II:  2. DEZEMBER - 16. DEZEMBER
    1. Boston, Massachusetts
    Viola Fletcher, eine achtundfünfzigjährige verheiratete Grundschullehrerin, Mutter zweier Töchter, eine intelligente und fröhliche Frau mit ansteckendem Lachen, lag still und betäubt auf dem Operationstisch; ihr Leben war jetzt in der Hand von Dr.  Ginger Weiss.
    Gingers ganzes Streben war auf diesen Moment ausgerichtet gewesen: Zum erstenmal sollte sie selbständig einen wichtigen und komplizierten chirurgischen Eingriff durchführen. Das war die Krönung jahrelanger anstrengender Ausbildung, unzähliger Hoffnungen und Träume. Stolz, zugleich aber auch Demut erfüllten sie bei dem Gedanken, welch einen weiten Weg sie zurückgelegt hatte.
    Und sie verspürte ein mulmiges Gefühl im Magen.
    Mrs. Fletcher war mit kühlen grünen Abdecktüchern verhüllt.
    Sichtbar war nur die Körperpartie, an der sie operiert werden sollte; dort hatte man die Haut mit Jod eingepinselt. Sogar Violas Gesicht war unter einem zeltförmigen Tuch verborgen, als zusätzliche Schutzmaßnahme gegen eine Kontamination der offenen Wunde, die bald in ihren Leib geschnitten werden sollte.
    Der Patient wurde dadurch aber auch zu etwas Unpersönlichem, und vielleicht war das sogar ein beabsichtigter Nebeneffekt des verhüllten Gesichts -dem Chirurgen sollte der Anblick des Todeskampfes erspart bleiben, falls all seine ärztliche Kunst nichts mehr bewirken konnte.
    Rechts von Ginger stand Agatha Tandy mit Klammern, Scheren, Pinzetten, Haken, Skalpellen und anderen Instrumenten.
    Links von Ginger stand eine OP-Schwester, die ihr assistieren sollte. Zwei weitere Schwestern sowie der Anästhesist und die Narkoseschwester warteten ebenfalls auf den Beginn der Operation.
    George Hannaby stand auf der anderen Seite des Tisches; er sah von der Statur her eher wie der ehemalige Star-Fullback eines Profi-Footballteams aus. Seine Frau Rita hatte ihn einmal dazu überredet, in einem Sketch bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung der Klinik Paul Bunyan zu spielen, und er war daraufhin in Holzfällerstiefeln, Jeans und einem rotkarierten Hemd nach Hause gekommen. Von diesem Mann ging eine höchst beruhigende Aura von Kraft, Ruhe und Kompetenz aus.
    Ginger streckte ihre rechte Hand aus.
    Agatha reichte ihr ein Skalpell.
    Ein schmaler greller Lichtstrahl fiel auf das rasiermesserscharfe Instrument.
    Gingers Hand verharrte einen kurzen Augenblick dicht über den markierten Linien auf der Haut der Patientin. Sie holte tief Luft.
    Georges Stereo-Kassettenspieler stand auf einem Tischchen in der Ecke, und aus den Lautsprechern kamen vertraute Klänge von Bach.
    Sie dachte an das Ophthalmoskop, an die glänzenden schwarzen Handschuhe.
    So erschreckend diese Zwischenfälle aber auch gewesen waren, so hatten sie Gingers

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