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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Übelkeiterregender Gestank aus dem vollen Eimer, in den sie in der Zelle ihre Notdurft verrichten mussten. Jämmerliche Schreie irgendeines armen Burschen, der zum Verhör geschleppt wurde.
    Jack atmete aus voller Lunge die klare, kalte Luft Connecticuts ein. Er wurde nur selten von Erinnerungen an jene Zeit heimgesucht. Viel häufiger wurde er von seinen Erlebnissen nach der geglückten Flucht verfolgt -und von dem, was Jenny während seiner Abwesenheit zugestoßen war. Nicht die Leidenszeit in Mittelamerika hatte ihn gegen die Gesellschaft aufgebracht; erst die Ereignisse in der Heimat hatten ihn zum Kriminellen werden lassen.
    Er sah wieder Scheinwerfer zwischen den schwarzen Feldern und setzte sein Fernglas an die Augen. Diesmal war es der >Guardmaster<-Geldtransport.
    Jack warf einen Blick auf seine Uhr: 21.38 h. Der Panzerwagen war auf die Minute pünktlich, wie in den vergangenen sieben Tagen. Trotz der Weihnachtsfeiertage arbeitete >Guardmaster Security< absolut zuverlässig.
    Neben Jack auf dem Boden lag ein Diplomatenkoffer. Er öffnete den Deckel. Die blauen Ziffern eines Digital-Scanners waren genau auf die Funkfrequenz des Panzerwagens eingestellt.
    Sogar mit seinen allermodernsten Apparaturen hatte Jack drei Abende benötigt, um diese Frequenz ausfindig zu machen. Er schaltete den Lautsprecher seines eigenen Empfangsgerätes ein.
    Nach kurzem Knacken und Rauschen durch atmosphärische Störungen wurde er mit einem routinemäßigen Funkkontakt zwischen dem Fahrer und der fernen Zentrale der Gesellschaft belohnt.
    »Drei-null-eins«, sagte die Zentrale.
    »Rentier«, sagte der Fahrer.
    »Rudolf«, sagte die Zentrale.
    »Rauchfang«, sagte der Fahrer.
    Dann setzte wieder das Rauschen und Knacken ein.
    Die Zentrale hatte die Nummer des Panzerwagens durchgegeben, und das übrige war der Tagescode gewesen, der als Bestätigung diente, dass Wagen 301 keinerlei Schwierigkeiten hatte und pünktlich war.
    Jack schaltete sein Empfangsgerät aus.
    Der Transporter fuhr keine 60 Meter von ihm entfernt vorüber, und Jack blickte den immer kleiner werdenden Rücklichtern nach.
    Er wusste über den Zeitplan des Panzerwagens 301 nun genau Bescheid, und er würde erst am Abend des Überfalls, der für Samstag, den 11. Januar, geplant war, hierher zurückkehren. In der Zwischenzeit musste noch sehr vieles vorbereitet werden.
    Einen großen Coup zu planen war für ihn normalerweise fast so aufregend und befriedigend gewesen wie die eigentliche Ausführung des Verbrechens. Als er jedoch den Hügel verließ und sich auf den Weg zu den Häusern im Südwesten machte, wo er sein Auto in einer ruhigen Straße abgestellt hatte, wollte sich keine gehobene Stimmung, keine freudige Erregung einstellen.
    Er war dabei, sich zu verändern. Und er wusste nicht, aus welchem Grunde.
    Als er in die Nähe der ersten Häuser kam, fiel ihm plötzlich auf, dass die Nacht heller geworden war. Er hob den Kopf. Der Mond stand am Horizont und wirkte riesengroß. Jack blieb wie angewurzelt stehen und starrte zu dem leuchtenden Himmelskörper empor. Er fröstelte, und dieses Frieren hatte nichts mit der Winterkälte zu tun.
    »Der Mond«, murmelte er vor sich hin.
    Als er sich diese Worte aussprechen hörte, durchlief ihn ein heftiger Schauer. Unerklärliche Angst stieg in ihm auf. Er verspürte das völlig unvernünftige Bedürfnis, wegzurennen und sich vor dem Mond zu verstecken, so als wäre dessen Licht ätzend wie eine Säure und könnte ihn vernichten.
    Dieser Drang zur Flucht hielt nur eine Minute lang an, dann konnte er nicht mehr verstehen, warum der Mond ihn plötzlich so geängstigt hatte. Es war doch nur der altvertraute Mond, der in romantischen Gedichten und Liebesliedern eine so wichtige Rolle spielte. Sonderbar.
    Er setzte seinen Weg zum Auto fort. Das verschwommen sichtbare Mondgesicht bereitete ihm immer noch Unbehagen, und er betrachtete es mehrmals mit wachsender Verwirrung.
    Als er jedoch erst einmal im Auto saß und ab New Haven auf der Interstate 25 dahinfuhr, dachte er nicht mehr an dieses seltsame Erlebnis. Seine Gedanken waren -wie so oft -bei Jenny, seiner im Koma liegenden Frau. In der Weihnachtszeit quälte ihr Zustand ihn alljährlich noch mehr als sonst.
    Später stand er in seiner Wohnung am Fenster, blickte - mit einer Flasche Bier in der Hand - auf die riesige Stadt hinaus und dachte, dass es in der ganzen Metropole von der 261. Straße bis Park Row und von Bensonhurst bis Little Neck keinen Menschen geben konnte,

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