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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Handschuhe an. Sicher ist sicher im Umgang mit Indizien. Von Stephanopoulos kam ein zustimmendes Grunzen. Ich nahm das oberste Buch in die Hand; es war alt, aus der ersten Hälfte des 20.   Jahrhunderts, und sorgfältig in weißes Seidenpapier gewickelt. Ich schlug es auf und las den Titel:
Philosophiae Naturalis Principia Artes Magicis
von Isaac Newton. Auf meinem Schreibtisch im Folly lag ein Exemplar derselben Ausgabe neben einem noch viel dickeren lateinischen Wörterbuch.
    »Als wir das sahen«, sagte Stephanopoulos, »dachten wir gleich an Sie.«
    »Gibt es noch mehr solches Zeug?«
    »In der Kiste dort. Die haben wir für Sie aufgehoben. Für den Fall, dass sie verflucht ist oder so.«
    Ich hoffte, das war nur Ironie.
    Ich sah mir das Buch genauer an. Der Einband war wellig vom Alter und an den Ecken abgestoßen, die Seitenränder vom vielen Umblättern speckig und eingerissen. Wer auch immer dieses Buch besessen hatte, es hatte kein ödes Regaldasein geführt. Aus einem Impuls heraus schlug ich Seite 27 auf und erblickte an genau der Stelle, wohin ich einen Klebezettel mit einem Fragezeichen geklebt hatte, dasmit verblasstem Bleistift geschriebene Wort
quis?.
Noch jemand, der nicht kapierte, worauf zum Teufel Isaac im Mittelteil seiner Einleitung hinauswill.
    Wer sich ernsthaft mit unserem Handwerk beschäftigte, brauchte unbedingt auch Cuthbertsons
Modernen Kommentar zu einem großen Werk
. 1897 geschrieben   – Gott sei Dank auf Englisch   – und zweifellos von jedem frustrierten Schüler, der je versucht hat, sein Zimmer mit einem Werlicht zu illuminieren, enthusiastisch begrüßt. Ich schaute in die Kiste und fand den Cuthbertson direkt unter einem modernen Latein-Großwörterbuch plus dazugehöriger Grammatik   – schön zu wissen, dass ich nicht der Einzige war, der so was brauchte. Der
Moderne Kommentar
war genau wie die
Principia
alt und abgegriffen. Beim Durchblättern fiel mir nach etwa dreißig Seiten ein verblasster Rundstempel auf   – ein aufgeschlagenes Buch mit drei Kronen darum und dem Schriftzug BIBLIOTHECA BODLEIANA als kreisförmiger Umrandung. Ich sah in der
Principia
nach und fand einen anderen Stempel, einen altmodischen Zirkel, umgeben von den Worten SCIENTIA POTESTAS EST QMS.   Auf der Innenseite des Buchdeckels war in der unteren Ecke eine quadratische hellere Stelle. Mein Dad besaß Bücher mit genau solchen Merkmalen, die er als Kind aus der Schulbücherei geklaut hatte. Die quadratische Stelle kam von der aufgeklebten Papptasche, in die man die Ausleihkarte gesteckt hatte, damals in jenen fernen Tagen, als noch Dinosaurier auf der Erde wandelten und Computer so groß waren wie Garagen.
    Vorsichtig räumte ich die ganze Kiste aus. Es gab noch sechs weitere Bücher, in denen ich ernsthafte Werke über Magie erkannte, alle mit dem Stempel BIBLIOTHECABODLEIANA.   Ich nahm an, dass damit die Bodleian Library gemeint war, die sich meines Wissens in Oxford befand. Den anderen Stempel kannte ich zwar nicht, das Motto aber sehr wohl. Ich rief im Folly an. Es tutete einige Male, ehe jemand dranging. »Ich bin’s, Peter«, sagte ich. Auf der anderen Seite Schweigen. »Ich muss ihn sofort sprechen.« Ich hörte das Klappern, als der Hörer neben das Telefon gelegt wurde. Während ich wartete, befand ich, dass es höchste Zeit war, dass ich Nightingale ein vernünftiges Telefon kaufte.
    Als ich ihn endlich an der Strippe hatte, erzählte ich ihm von den Büchern. Er ließ sich alle Titel nennen und die Stempel beschreiben. Dann fragte er, ob ich ihm Stephanopoulos geben könne.
    Ich rief sie und hielt ihr mein Handy hin. »Mein Boss will Sie sprechen.«
    Während sie redeten, machte ich mich daran, die Bücher in Beweisbeutel zu stecken und die Etiketten auszufüllen.
    »Und Sie glauben, das erhöht die Wahrscheinlichkeit?«, fragte Stephanopoulos. »Also gut. Ich schicke den Jungen mit den Büchern rüber. Aber sorgen Sie ja für eine intakte Kontrollkette.« Nightingale versicherte ihr offenbar glaubhaft, dass wir so penibel sein würden wie die Labors des Innenministeriums, denn sie nickte und gab mir das Telefon zurück.
    »Ich fürchte«, sagte Nightingale, »wir könnten es hier mit einem schwarzen Magier zu tun haben.«

 
    Schwarze Magie war nach Nightingales Definition jede Magie, die zum Schaden der öffentlichen Ordnung eingesetzt wurde. Ich merkte an, dass bei einer so vagen Definition darunter potenziell jeder Gebrauch von Magie fiel, der nicht vom Folly abgesegnet

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