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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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war. Nightingale schien das für selbstverständlich zu halten.
    Dann sagte er: »Schwarze Magie ist der Gebrauch der Kunst in einer Weise, die einem anderen schadet. Ist Ihnen diese Definition lieber?«
    »Wir haben keine Beweise, dass Jason Dunlop jemals jemandem mittels schwarzer Magie Schaden zugefügt hätte«, sagte ich. Wir hatten die Fallakte neben den Büchern aus Dunlops Wohnung und den Resten von Mollys abenteuerlichem Vorstoß in Richtung »Eier Benedict« auf einem Tisch im Frühstückszimmer ausgebreitet.
    »Ich würde sagen, wir haben recht klare Hinweise darauf, dass jemand
ihm
Schaden zugefügt hat«, sagte Nightingale. »Und ziemlich sichere Indizien, dass er ein Praktizierender war. Angesichts der ungewöhnlichen Natur seiner Mörderin können wir, denke ich, mit einiger Sicherheit annehmen, dass Magie im Spiel war   – meinen Sie nicht?«
    »Könnte es in diesem Fall nicht sein, dass zwischen dem Mord an Jason Dunlop und meinen toten Jazzern ein Zusammenhang besteht?«
    »Möglich«, sagte Nightingale. »Aber die Modi Operandi sind sehr unterschiedlich. Ich halte es für besser, die beiden Ermittlungen momentan noch voneinander zu trennen.« Er tippte mit dem Finger an eine der Gabeln aus Sheffield-Stahl mit Monogrammprägung des Folly, die aufrecht in ein Ei gespießt war. Sie bewegte sich nicht. »Was meinen Sie, ob sie nicht doch im Muffin feststeckt?«
    »Nein«, sagte ich. »Das ist nur das Ei.«
    »Ist das überhaupt möglich?«
    »Bei Mollys Kochkünsten? Ist alles möglich.«
    Wir sahen uns beide hastig um, um sicherzugehen, dass sie nicht in der Nähe war. Bis zu diesem Morgen hatte ihr Repertoire ausschließlich aus bewährter britischer Internatskost bestanden: Unmengen von Rindfleisch, Kartoffeln, Sirup und so viel Rindertalg, dass es für mehrere Großküchen gereicht hätte. Einmal, als wir auswärts beim Chinesen aßen, hatte Nightingale erklärt, dass er glaubte, Molly ziehe ihre Inspiration aus dem Folly selbst. »Eine Art institutionelles Gedächtnis.« Entweder veränderte sich das »institutionelle Gedächtnis« durch meine Anwesenheit, oder, was wahrscheinlicher war, Molly hatte bemerkt, wie oft Nightingale und ich uns zu heimlichen Mahlzeiten in fremde Lokalitäten davonschlichen.
    Die Eier Benedict waren ihr Versuch, Abwechslung in die Speisekarte zu bringen.
    Ich griff nach der Gabel, und das Ei, das Muffin und etwas, von dem man nur vermuten konnte, dass es Saucehollandaise sein sollte, hoben sich wie ein einziges gummiartiges Objekt vom Teller. Ich bot es Toby an. Er schnupperte daran, winselte und verkroch sich unter dem Tisch.
    Heute Morgen gab es kein Kedgeree, keine Würstchen, keine Eier außer den mit Hollandaise vulkanisierten und nicht einmal Toast und Marmelade. Offenbar hatte das kulinarische Experiment Molly so erschöpft, dass sie den Rest des Frühstücks von der Karte gestrichen hatte. Der Kaffee war immerhin trotzdem gut, und wenn man über Fallakten brütet, ist das alles, was zählt.
    Bei einer Mordermittlung nimmt man sich zuerst das Opfer vor, denn das ist am Anfang meist das Einzige, was man hat. Das Studium des Opfers nennt man Viktimologie, weil sich alles viel schicker anhört, wenn man eine Ologie draus macht. Und damit man auch hübsch ordentlich an die Sache rangeht, hat die Polizei die unnützeste Eselsbrücke der Welt erfunden: die sechs W.   Auch bekannt als Wer? Was? Wo? Wann? Warum? Wie? Wenn Sie das nächste Mal eine reale Mordermittlung im Fernsehen sehen und irgendwo eine Gruppe ernst blickender Ermittler intensiv irgendwas diskutiert, dann können Sie sicher sein, dass sie gerade versuchen, sich an die richtige Reihenfolge der verdammten Eselsbrücke zu erinnern. Sobald sie die geklärt haben, werden sie erst mal in die nächste Kneipe verschwinden, um zu verschnaufen und neue Energie zu schöpfen.
    Was die erste Frage   – Wer?   – betraf, hatten Stephanopoulos und die Mordkommission uns erfreulicherweise den größten Teil der Arbeit abgenommen. Jason Dunlop war ein erfolgreicher freischaffender Journalist gewesen, daher auch seine Mitgliedschaft im Groucho Club. Seininzwischen verstorbener Vater, ein höherer Staatsbeamter, hatte den jungen Jason auf eine zweitrangige Privatschule in Harrogate geschickt. Danach hatte Jason am Magdalen College in Oxford Englisch studiert. Er war ein mittelmäßiger Student gewesen, der konsequenterweise einen recht mittelmäßigen Abschluss gemacht hatte. Trotz seiner bescheidenen akademischen

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