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Schwarzer Neckar

Schwarzer Neckar

Titel: Schwarzer Neckar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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das Aleksander Oleskow? Sag’s mir, und ich sorge dafür, dass sich ein Arzt um dich kümmert.«
    »Pah, ich hab schon mehr ausgehalten als du, Bulle. Du weißt doch gar nicht, was Schmerzen sind.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher, Großmaul.« Fluchend ließ Treidler von ihm ab. Es war sinnlos. Der Russe würde weder seine Identität preisgeben noch irgendetwas anderes aussagen. Und schon gar nicht, ob und warum er den Mann an der Tür getötet hatte. Nicht einmal den Namen des Opfers würde er ihnen verraten.
    Es war weit nach Mittag, als sich die beiden Kommissare auf den Rückweg nach Rottweil machten. Als sie auf die Autobahn auffuhren, klingelte Melchiors Mobiltelefon. Sie nahm das Gespräch entgegen und beendete es bereits nach wenigen Sekunden wieder.
    »Das war Berger«, erklärte sie, nachdem das Telefon in der Manteltasche steckte. »Wir lagen mit unserer Vermutung richtig. Bei dem Toten an der Tür handelt es sich um Aleksander Oleskow. Sie haben seinen Führerschein in der Wohnung gefunden.«
    »Und unser Riesenbaby?«, wollte Treidler wissen. »Gibt’s da was Neues?«
    Melchior schüttelte den Kopf.
    Treidlers Gedanken begannen wieder um das Drogengeschäft in der Stuttgarter Mozartstraße zu kreisen. Was hatte der Alte damit zu tun? Dass er zur russischen Mafia gehört hatte, zeigten seine Tätowierungen. Aber welche Rolle spielte er? Ohne eine Aussage des Russen, den sie in der Wohnung angetroffen hatten, würde die Spur in einer Sackgasse enden.
    Sie brachten nur wenige Kilometer auf der Autobahn hinter sich, bis sie ein weiteres Mal im Stau standen. Tausende Autos wälzten sich auf den Schönbuchtunnel zu. Nur diesmal aus der anderen Richtung.
    »Woher wissen Sie das alles eigentlich?«, wandte sich Treidler an Melchior, als es nach einer Weile überhaupt nicht mehr vorwärtsging.
    »Was alles?« Sie runzelte die Stirn.
    »Das über die Russenmafia.«
    »Ach, Sie meinen die Vory v zakone ?«
    Treidler nickte.
    »Mein Vater hat früher im Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet.«
    »Was?«, entfuhr es Treidler. »Bei der Stasi?« Er taxierte Melchior auf dem Beifahrersitz, um sich zu versichern, dass sie ihre Antwort nicht scherzhaft gemeint hatte.
    »Ja.« Sie blickte mit gleichgültiger Miene geradeaus.
    »Ich dachte immer, die haben nur ihre eigenen Landsleute bespitzelt.«
    Melchior reagierte nicht, und Treidler beließ es vorerst dabei. Denn die zahlreichen Espressos vom vergangenen Frühstück forderten ihren Tribut. Er benötigte dringend eine Toilette und hoffte, bald die nahe Raststätte zu erreichen. Im Moment sah es allerdings nicht danach aus. Die Blechlawine löste sich auch am Horizont nicht auf. Kurzerhand lenkte Treidler seinen Mercedes auf den Standstreifen und steuerte an den anderen Fahrzeugen vorbei. Lange würde seine Blase diese unerträgliche Warterei nicht mehr aushalten. Und zur Einfahrt der Autobahnraststätte waren es lediglich noch ein paar Hundert Meter.
    »Was machen Sie da?«, rief Melchior erschrocken aus, als ein wütendes Hupkonzert aus der Kolonne erklang.
    »Ich muss aufs Klo.«
    »Und dazu nehmen Sie den Standstreifen?«
    Abermals ertönte lautes Hupen, als Treidler einem Wagen gefährlich nahe kam.
    »Passen Sie doch auf!« Melchior bedachte Treidler mit einem vorwurfsvollen Blick.
    »Regen Sie sich ab. Ich habe alles im Griff.« Ungerührt steuerte Treidler sein Fahrzeug dem einzigen Gebäude auf dem Rastplatz entgegen.
    »Ich kenne diesen Scheißblick. Die meisten Leute glotzen so, weil sie sich nicht vorstellen können, dass so viele für die Staatssicherheit gearbeitet haben.« Melchior zog ihre Augenbrauen gefährlich zusammen.
    »Derzeit habe ich höchstens den Ich-muss-pinkeln-Blick, Frau Kollegin. Doch es liegt bestimmt noch eine halbe Stunde Fahrt vor uns. Genügend Zeit, mich über die wahren Absichten dieser Behörde aufzuklären.« Er lächelte knapp und fügte hinzu: »Aber jetzt muss ich wirklich und echt dringend, falls es Ihnen nichts ausmacht.«
    Treidler stieg aus und hastete dem Eingangsbereich des Gebäudes entgegen. Zwischen den Pendeltüren, die zu den beiden Toilettenräumen führten, wachte eine ältere Frau darüber, dass jeder die Gebühr für deren Benutzung entrichtete. Treidler bemerkte erst jetzt, dass ihm Melchior gefolgt war.
    »Das ist eine Männertoilette«, protestierte er und drückte die Tür auf.
    »Und?«
    »Das ist nur für Männer. Deswegen der Name.«
    Die Toilettenfrau schaute zwischen den beiden hin und her

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