Schwarzer Nerz auf zarter Haut
Überraschung liegt in der Luft.«
»Der können wir nachhelfen!« Lisa warf den Kopf in den Nacken. Der schwarze Zopf ihrer Perücke flog über die grausilberne Chinchillastola. Ihr Körper straffte sich, ihr Gesicht veränderte sich auf zauberhafte Weise. Es war, als beginne es von innen zu leuchten. Ihr Tanz wurde leichter und weicher … sie lag in Dr. Dahls Armen wie eine Märchenfee.
Fasziniert verfolgte Kapitän Selbach die beiden Paare. Als Hopkins mit seiner Abstimmungsliste kam, machte Selbach ein Kreuz hinter die Namen Arthberg/Dahl. Es war die Rubrik, die die meisten Kreuze hatte. Graf Sepkinow zögerte vor der Eintragung, dann schloß er sich dem Kapitän an. So herrlich der Anblick Sybillas und Hergartens auch anmutete – die weiße Uniform Dr. Dahls im Zusammenhang mit dem silbernen Kleid Lisas und ihren schwarzen, glänzenden Haaren war unschlagbar. Eine wehmütige Erinnerung stieg in ihm hoch: Petersburg, 1910, Silvesterball im Winterpalais unter den Augen des Zaren. Damals trug auch er eine Galauniform mit goldenen Epauletten und goldenen Streifen. Mein Gott, das ist nun schon zig Jahre her … Sepkinow strich sich über die Augen und gab die Liste weiter.
Der Walzer war zu Ende. Aber Juan Fernandez ließ sofort weiterspielen, einen Slowfox, den Sybilla mit einem Winken zum Orchester begleitete. Mit dem neuen Tanz war die Damenwahl beendet, der Angriff Lisas schien endgültig abgeschlagen.
Durch die Tür kam Dubois mit einem riesigen Rosenstrauß. Es sah etwas grotesk aus: Der kleine Philosoph hinter der Kugel von Blüten, als hätten die Rosen eigene Beine bekommen.
Heinz Niehoff kam mit der Liste zurück. Sir Surtess, als unparteiischer Engländer, zählte zusammen mit dem I. Ingenieur die Stimmen aus. Es gab gar keinen Zweifel: Das Paar Dr. Dahl – Fräulein Arthberg hatte die meisten Kreuzchen. Auf einer Speisekarte reichte Sir Surtess das Ergebnis an Kapitän Selbach. Graf Sepkinow legte beide Hände über das Geld, Jerome Dubois setzte sich, nun völlig hinter seiner Rosenkugel verschwindend.
Mit einem Tusch, der den Slowfox abrupt unterbrach, schuf das Orchester Juan Fernandez eine Atmosphäre von Spannung. Wie festgenagelt blieben die beiden Paare auf der Tanzfläche stehen.
»Meine Damen und Herren«, sagte Kapitän Selbach laut. Ich mache es kurz, dachte er. Wenn ich schon die Bombe lege, so soll sie morgen an Deck oder irgendwo platzen, aber nicht hier. Man müßte galant sein und ein Unentschieden verkünden, aber da war der schreckliche Sam Hopkins, der ohne Hemmungen ›Schiebung‹ schreien würde.
»Ohne daß es unsere beiden glanzvollen Paare merkten, hat auf der ›Ozeanic‹ eine Wahl stattgefunden; spontan aus der Freude heraus, auf diesem herrlichen Schiff zu sein, die Jungfernfahrt mitzumachen, diesen fröhlichen Bordball zu erleben und dabei eine Demonstration von Schönheit und Anmut zu sehen, wie wir sie wohl kaum wieder zu Gesicht bekommen werden. So entstand die Idee, das schönste Paar der ›Ozeanic‹ zu küren. Während Sie«, er wandte sich an die beiden Paare, »tanzten, haben die anderen Passagiere abgestimmt, ganz demokratisch, in geheimer Wahl.« Ein paar Passagiere lachten, Hopkins klatschte in die breiten Hände. »Ich darf das Wahlergebnis bekanntgeben.« Kapitän Selbach nahm die Speisekarte und hielt sie sich an die Augen. »Das Paar in Gold –«, er sah zu Sybilla hin, die ihn anlächelte, siegessicher, in der Haltung schon eine Königin. Daß sie zuerst genannt wurde, konnte nur den Sieg bedeuten. Sie schielte zu Lisa. Wie nahm sie die Niederlage hin? »Das Paar in Gold – 53 Stimmen.«
Sybilla zuckte kaum merklich zusammen. Ihr Blick überflog die Anwesenden. Das sind doch mehr als hundert Menschen, durchfuhr es sie. Haben nicht alle gestimmt? Der Druck ihrer Finger auf Hergartens Arm wurde schmerzhaft. Er erkannte sofort die Situation und beugte sich leicht zu ihr.
»Für mich bist du die Schönste«, flüsterte er. »Niemand ist mit dir vergleichbar.«
»Darauf kommt es jetzt nicht an«, zischte sie zurück. »Nicht jetzt … gerade jetzt nicht.«
Die Stimme des Kapitäns beendete die Kunstpause nach dem ersten Ergebnis.
»Das Paar in Silber«, sagte er laut, »hat 87 Stimmen! Es ist damit von den Passagieren zum schönsten Paar der ›Ozeanic‹ gewählt worden.«
Jerome Dubois marschierte mit seinem riesigen Rosenstrauß heran. Selbach übernahm ihn und betrat die Tanzfläche. Die Kapelle Juan Fernandez spielte einen dreifachen Tusch,
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