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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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als Selbach nach einem Handkuß die Rosen Lisa in den Arm legte. Auch Dr. Dahl drückte er die Hand, aber knapp und etwas abweisend. Zwischen ihnen gab es in den kommenden Stunden noch viele Worte zu reden. Ein Schiffsoffizier engagierte sich nicht so. »Im Namen der Reederei beglückwünsche ich Sie«, sagte er. »Nach dem Ehrentanz darf ich Sie an meinen Tisch bitten. Die Wahl ist auch mit einer größeren gespendeten Geldsumme verbunden.«
    Sybilla und Hergarten verließen die Tanzfläche, als der Ehrenwalzer begann. Die Rosen zwischen sich, schwebten Dr. Dahl und Lisa an ihnen vorbei. Mit verkniffenen Lippen sah Sybilla ihnen zu; was eine Frau an Enttäuschung und Beschämung erleben kann, lag in ihrem Blick. Und dieser Blick wurde zum Leuchten des Hasses, als die Passagiere ihrem ›Traumpaar‹ minutenlang Beifall klatschten.
    Hergarten beobachtete Sybilla. Er sah das Zucken ihrer Halsschlagader, das Vibrieren ihrer Nasenflügel, das Beben in den Mundwinkeln. Man hätte auf diese Wahl wirklich verzichten können, dachte er. Den Stolz einer Frau verletzen heißt ein Raubtier hungern lassen.
    Er legte den schwarzen Nerz über ihre zarten Schultern und streichelte dabei ihre Halsbeuge.
    »Kommst du mit mir?« fragte er leise.
    Ihre Antwort verblüffte ihn nicht, auch nicht ihre Reaktion. Sie warf den Kopf in den Nacken wie ein heulender Wolf.
    »Nein!« sagte sie hart. »Ich gehe in meine Kabine.«
    »Ich liebe dich«, sagte Hergarten ehrlich.
    »Ich muß jetzt alleine sein.«
    »Es ist doch nur eine dumme, unwichtige Wahl. In New York spricht keiner mehr darüber.«
    »Aber bis New York sind es noch vier Tage. Vier Tage als Geschlagene auf einem Schiff zu sein … Begreifst du, was das heißt?«
    »Was willst du machen? Willst du dich über Bord stürzen?« Er umarmte sie von hinten, alle sahen es. »Hätte ich mich vorhin nicht so dumm benommen, wäre diese Wahl nie zustande gekommen. Dann lägen wir jetzt …«
    »Sprich nicht mehr davon.« Ihre Stimme war hart. »Ich will gehen. Ob sie« – ein Blick flog zu Lisa, die am Kapitänstisch von einem Schwarm Männern umringt war – »einer der Initiatoren der Wahl war?«
    »Das glaube ich nicht. Aber ich kann es herausfinden.«
    »Rufe mich an, wenn du's weißt.« Sie hielt ihren schwarzen Nerz über den Brüsten zusammen, als wolle sie andeuten, daß die Menschen den Anblick von soviel Schönheit gar nicht verdient hätten. »Gehen wir!«
    Sie verließen den Club und fuhren hinunter zum Oberdeck. Vor der Tür von Kabine 106 blieben sie stehen.
    »Darf ich mit hinein?« fragte Hergarten, als sie aufschloß. Sybilla schüttelte den Kopf.
    »Nein. Gute Nacht, Liebster.«
    Er küßte sie und hielt sie in seinen Armen fest. »Warum nicht? Ich habe eine Dummheit gutzumachen.«
    »Dummheiten sind wie Wolken, die der Wind wegtreibt. Der Himmel ist wieder klar … Bis morgen, Liebster.«
    »Ich warte auf dich in meiner Kabine. Frühstücken wir zusammen?«
    Sybilla nickte, schlang den schwarzen Nerz keck um ihre Schulter, lächelte Hergarten noch einmal zu und verschwand in ihrer Kabine. Er wartete, bis er das Umdrehen des Schlüssels hörte, und entfernte sich dann.
    Sybilla warf ihren Pelz auf den Schreibtisch und wollte den Verschluß ihres goldenen Kleides öffnen, als eine ruhige Stimme aus der Brausekabine sagte:
    »Guten Morgen!«
    Sybilla fuhr herum. Ihre Finger zuckten zu der Tasche … die Schnelligkeit, mit der die Pistole in ihrer Hand lag, grenzte an Zauberei.
    »Sie?« sagte sie gedehnt.
    »Ja, ich.« Der Mann in der Brausekabine kam ins Zimmer. »Legen Sie Ihr knallendes Spielzeug weg. Wir müssen uns ohne die Manieren eines James Bond miteinander unterhalten, liebe Kollegin.«
    Sybilla Odenthal ging langsam zurück bis zu der Frisierkommode und lehnte sich gegen den eingebauten Schminktisch. Ihr Gesicht zeigte keine Angst; man konnte den Ausdruck ihrer Augen höchstens spöttisch nennen, mit einem Schimmer Verwunderung gemischt. Die Pistole behielt sie in der Hand. Unterredungen dieser Art enden niemals friedlich, und sie war gespannt, welche Tricks der nächtliche Besucher anwenden würde, um die Hürde ihrer Pistole zu überspringen.
    Der Mann setzte sich auf das Bett und schlug die Beine übereinander. Seine Smokingjacke stand offen, die seidene Bauchbinde schimmerte im hellen Deckenlicht.
    Aha, dachte Sybille und lächelte leicht. Er trägt ein Schulterhalfter. Gleich wird er in die Brusttasche des Smokings greifen, um sich ein Zigarettenetui

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