Schwarzer Purpur
essen!«
»Dann trink wenigstens den Tee, solange er heiß ist«, drängte Alfons.
»Magst du vielleicht einen Toast?«, fragte Monika.
»Versuch’s einfach mal«, schlug Stevie praktisch vor und legte mir eine fertig geschmierte Brötchenhälfte auf den Teller.
Ich gehorchte, und während ich langsam kaute, stellte ich fest, dass die Übelkeit, die ich verspürt hatte, allmählich verschwand und ich mich tatsächlich besser fühlte.
Alfons’ scharfem Blick war das nicht entgangen, und mich unter seinen buschigen Brauen hervor musternd sagte er leise: »Jonathans Eltern kenne ich zwar nicht persönlich, aber ich möchte Ihnen ein Kondolenzschreiben schicken und Blumen zu seiner Beerdigung. Hast du die Adresse von diesen Bestattern, bei denen du warst?«
Ich nickte. »Natürlich. Ich hole sie dir sofort. Ich wollte auch noch an seine Mutter schreiben und ihr erklären, wieso ich nicht zur Beerdigung bleiben konnte.« Ich behielt für mich, dass ich ihr in erster Linie schreiben wollte, dass Jonathan an dem Morgen wirklich glücklich ausgesehen hatte; noch ein wenig erstaunt über sich selbst, aber voller Vorfreude. Sie sollte wissen, dass er wenigstens nicht einsam und unglücklich gestorben war. Er schien gefunden zu haben, was er so lange vergeblich gesucht hatte. Welch grässliche Ironie des Schicksals, dass er ausgerechnet zu dem Zeitpunkt sterben musste, an dem er endlich wieder bereit gewesen war, sein Leben mit einem anderen Menschen zu teilen!
»Armer Jonathan«, sagte Monika leise und wischte sich unauffällig über die Augen. »Und die armen Abernathys! Wenn ich mir vorstelle, wir hätten hier einen solchen Rummel …« Sie schüttelte sich vor Widerwillen.
Alfons hob abwehrend die Hand, als ich aufspringen wollte, und sagte: »Setz dich wieder. Die Adresse kann noch ein paar Minuten warten. – Was ist mit Abernathy?«
Mein Herzschlag stockte, ich fühlte die Hitze in meinen Wangen und wusste, dass sie sich verräterisch röteten. »Was soll mit ihm sein?«
»Wie geht es mit euch weiter?«
»Wir werden aus seinem Katalog aussuchen, was wir haben wollen, es bestellen, und er wird es schicken«, sagte ich, ihn absichtlich missverstehend.
»Du weißt genau, dass ich euer Techtelmechtel meinte!«
»Oh, das! Unsere kleine Affäre ist meine Privatsache«, wehrte ich ab, stand auf und verließ fluchtartig die Küche, um die Visitenkarte zu holen.
In stillschweigender Übereinstimmung kam man nicht mehr auf dieses Thema zu sprechen. Sobald Alfons mit einem gebrummten »Bis später« und Stevie mit einem ausführlicheren Abschiedsritual verschwunden waren, fragte Monika beiläufig: »Willst du immer noch Teilhaberin bei Blütenzauber werden? «
Konsterniert schaute ich zu ihr hinüber. Sie sah mich nicht an, zupfte stattdessen an einem Fädchen vom Tischtuch.
»Natürlich! Wie kommst du darauf, dass ich es mir anders überlegt hätte?« Ich war gleichzeitig gekränkt und überrascht. Hielt sie mich für so unzuverlässig, dass ich Zusagen gab und brach, wie es mir gerade passte?
»Na ja, Stevie meinte, du wolltest dein Geld jetzt vielleicht lieber gleich in Purple Passion stecken.«
»Stevie ist ein Idiot.«
»Das weiß ich doch. Aber er ist ein süßer Idiot. Und manchmal ist er erstaunlich hellsichtig.« Ihr Lachen war ein bisschen zittrig, und erstaunt erkannte ich, dass Monika tatsächlich befürchtet hatte, ich würde sie im Stich lassen. Solch übertriebene Ängstlichkeit sah ihr überhaupt nicht ähnlich. Rasch griff ich über den Tisch und hielt ihre Hand fest. »Mike, du bist meine Freundin! Was ist los?«
Sie errötete bis unter die Spitzen ihrer fuchsroten Kaktushaare.
»Es gibt da eine kleine Änderung in meiner Lebensplanung, weißt du. Ich habe es den Männern noch nicht gesagt, aber … ich bin schwanger.«
»Was?«
»Ich bin schwanger, ich bekomme ein Kind. So etwas soll Vorkommen.«
»Und was wirst du jetzt machen?«, fragte ich etwas dümmlich.
»Was man in einem solchen Fall macht: den Vater heiraten und eine Familie gründen.«
»Seit wann weißt du es?«
»Sie haben es bei den Blutuntersuchungen festgestellt.«
Impulsiv sprang ich auf und fiel ihr um den Hals. »Mike, ich freue mich so für euch. Stevie wird sicher begeistert sein.«
»Ja, das sicher, aber seine Familie ernähren kann er nicht …« Deswegen war sie so besorgt gewesen! Ich musste kichern, als ich mir Stevie als Vater vorstellte. Trotz seines muskulösen Körperbaus hatte er mehr von einem Kind als
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