Schwarzer Purpur
ablehnend gegenüberstand.
»Farbenspezialisierung wobei?«, fragte ich zurück.
»In der Gärtnerei natürlich. Was dachtest du denn? Ich würde mich gerne auf bestimmte Farben beschränken. Du weißt ja, dass man heutzutage eine Nische finden muss, um gegen die Billiganbieter zu bestehen.«
»Trotzdem ist es eine blödsinnige Idee, hier schwarze und weiße Blumen anbieten zu wollen«, murrte Alfons. »Stell dir vor, Mike hat sich in den Kopf gesetzt, diesem verrückten Engländer Konkurrenz zu machen!«
Ich war verwirrt. »Welchem verrückten Engländer?«
»Hier, reich doch bitte Alfons die Klöße weiter. – Er meint Mark Abernathy. Hast du schon einmal von ihm oder Purple Passion gehört?«
Ich musste zugeben, dass mir die Namen unbekannt waren. »Seit ein paar Jahren mischt er die Szene recht erfolgreich auf. Er hat die Mode mit den schwarzen Blüten aufgebracht«, erläuterte Monika in einem Tonfall, als sei das eine allgemein bekannte Tatsache. »Ein Gartenarchitekt hat es aufgegriffen, und auf einmal war es der letzte Schrei, möglichst viele schwarze Pflanzen im Garten zu haben.«
»Schwarze Blumen? Aber so etwas gibt es doch gar nicht«, wagte ich ungläubig einzuwenden.
»Natürlich sind sie nicht wirklich schwarz. Ich vermute, deshalb hat er den Betrieb auch Purple Passion und nicht Black Passion genannt. Aber es verkauft sich besser, wenn man so tut als ob. In den Katalogen helfen sie natürlich nach. Hier …« Sie drehte sich um, griff hinter sich auf die Anrichte und hielt mir eine aufgeschlagene Seite unter die Nase. »Das da«, sie tippte mit dem Zeigefinger auf das Bild einer riesigen schwarzen Stiefmütterchenblüte, »das da ist eher ein faszinierendes samtiges Dunkelbraun mit einem Rotschimmer. Ich habe mir ein paar Black Widows kommen lassen, und sie sehen dem Foto nicht sehr ähnlich.«
»Viel interessanter«, warf Alfons spitz ein.
»Wenn sie sich gut verkaufen, ist es doch eigentlich egal, ob sie tatsächlich schwarz sind oder nicht«, wandte ich betont vernünftig ein. Ich konnte mir vorstellen, dass die exotische Schönheit dieser Blüten nur schwer mit einer Kamera einzufangen war. »Und davon abgesehen: Wir müssen sie nicht mögen. – Aber wo bekommt man sie her?«
Monika seufzte ungeduldig. »Das ist ja das Problem. Bisher hat Abernathy auf die meisten so eine Art Monopol. Ich habe schon einmal höflich angefragt, ob er mit uns kooperieren würde. Der Kerl hat nicht einmal geantwortet!«
»Warum muss es denn unbedingt Schwarz sein? Wieso nicht lauter Rot- oder Blaublütiges, wenn du schon meinst, dich spezialisieren zu müssen?«, beharrte Alfons auf seiner Abneigung.
»Weil es derzeit den höchsten Profit verspricht. Hast du gesehen, was dafür bezahlt wird? – Drei Euro für ein Stiefmütterchen! Glaubst du, das kriegen wir für ein blaues, und wenn es noch so schön ist?«
»Blödes neumodisches Zeugs!«
Ich überließ die beiden ihrem freundlichen Streit und überlegte, wie ich am besten vorginge. Monikas Geschäftsidee schien mir einleuchtend. Ungewöhnliche Dinge verkauften sich immer besser als normale. Das Problem war offensichtlich die widerspenstige Bezugsquelle. Ich würde Dr. Weydrich bitten, seine weitläufigen Beziehungen spielen zu lassen und Möglichkeiten für einen Zugriff darauf auszuloten. Während der Jahre in der Bank hatte ich einiges gelernt. Die meisten Hersteller von Luxusgegenständen – und auch ein Pflanzenzüchter war ja technisch betrachtet nichts anderes als ein Hersteller – verkauften in der Regel Lizenzen und Exklusivrechte für die Vermarktung in anderen Ländern. Wenn Dr. Weydrich es schaffte, mir ein solches zu sichern, konnte ich das als Teilhaberschaft im Blütenzauber einbringen. Das würde bedeuten, dass in Deutschland jeder Pflanzenversand, jede Großgärtnerei, ja sogar jeder Baumarkt Abernathys Pflanzen über uns beziehen musste. Eine Goldgrube!
Ungeduldig wartete ich in den folgenden Tagen darauf, dass Dr. Weydrich aus seinem Skiurlaub zurückkehrte. Wenn mir nun jemand zuvorkäme!
Als ich ihn endlich erreichte, konnte ich mich nur mühsam dazu zwingen, die umständlichen Glückwünsche zum Jahreswechsel angemessen zu erwidern, bevor ich mit meinem Plan heraussprudelte.
Zunächst antwortete Dr. Weydrich nur mit einem trockenen »Hrrmm«, doch dann sagte er nachdenklich: »Ihre Frau Mutter hätte sich gefreut. Darf ich vorschlagen, unsere Londoner Partner erst einmal Erkundigungen einholen zu lassen? Eine finanzielle
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