Schwarzer Purpur
winkte ihm fröhlich zu. Es ging mir so gut – ich wollte zu allen freundlich sein.
Es fiel mir gar nicht auf, dass der Saal sich allmählich leerte. Erst als Mark in mein Haar flüsterte: »Ich fürchte, wir müssen jetzt auch gehen«, fiel mir auf, dass wir das letzte Paar auf der Tanzfläche waren und der Bandleader bereits begonnen hatte, die Noten einzusammeln.
Bedauernd traten wir in die kühle Nachtluft hinaus. Eine frische Brise, die vom Wasser her wehte, ließ mich erschauern. »Ist dir kalt?«, fragte Mark und legte mir den Arm um die Schultern.
Ich weiß nicht mehr, wie es dazu kam.
Plötzlich hielt er mich in den Armen.
Und küsste mich hart und fast verzweifelt.
Sein Kinn war rau wie feines Sandpapier, und er schmeckte nach dem Weingummi, das die Garderobiere ihm angeboten hatte. Seine Zunge stahl sich in meinen Mund, und ich umklammerte seine Taille so fest ich konnte. So für immer stehen bleiben! Hände glitten fahrig über meine Schultern, er löste widerwillig seinen Mund von meinem, fuhr zärtlich mit den Lippen über meine Augenlider, meine Brauen, und fragte schließlich heiser: »Kommst du heute Nacht mit zu mir?«
Ich nickte nur, weil mir die Frage so überflüssig schien. Ich wäre ihm überallhin gefolgt.
Im Taxi saßen wir eng aneinander geschmiegt, die Hände verschlungen.
Mein Herz klopfte wild in meinem Hals, als er seine Wohnungstür aufschloss und mich in den dunklen Flur zog. Das rötliche Licht der Straßenlaternen überzog sein Gesicht mit einem geheimnisvollen Glanz. Wir machten kein Licht; ich folgte ihm stumm in sein Schlafzimmer, in dem ein großes Futonbett den Raum dominierte. Kein Vorzeigeschlafzimmer – überall Haufen getragener Kleidung. Er ging mir voraus und bahnte uns einen Weg zwischen Jeans, Unterwäsche und Schuhen.
Am Bett blieb er stehen und drehte sich zu mir um. Ich schluckte nervös.
»Hast du Angst?«, fragte er leise. »Ich auch, glaub mir!« Aber dann streckte er die Arme nach mir aus, ich schmiegte mich an ihn, und seine Wärme löste die Erstarrung. Ich war es, die ihm die Jacke über die Schultern streifte und einen Hemdknopf abriss, weil es mir nicht schnell genug ging. Ich wollte ihn ganz und gar, seinen Körper sehen, berühren, schmecken, mit ihm verschmelzen. Etwas Wildes in mir brach aus seinem unterirdischen Verlies und brachte mich dazu, unter ihm seltsame kehlige Laute auszustoßen, bis er mich mit einem leidenschaftlichen, endlosen Kuss verstummen ließ.
Meine Wildheit fand in ihm ein Gegenstück. Als Mark in mich eindrang, schrie ich auf, weil das intensive Gefühl so ungewohnt war, fast erschreckend. Ich öffnete die Augen und sah ihn über mir schweben, ein dunkles Gesicht mit weiß blitzenden Zähnen. Er bewegte sich sehr langsam, und plötzlich fand ich in seinen Bewegungen einen Rhythmus, der mich in seinen Bann zwang, mich emporschraubte und endlich in einem Funkenregen zerspringen ließ.
Als ich wieder zu mir kam, lag Mark schwer atmend auf mir. Ich genoss sein Gewicht, das mich tief in die Matratze drückte, obwohl ich kaum Luft bekam. Unsere Körper schienen verschmolzen zu sein und lösten sich nur schwer voneinander, als Mark sich aufseufzend neben mich rollte und an seine Schulter zog.
Wir sprachen nicht. Was hätte man auch Passendes sagen können? Mit fehlten die Worte, um meine Gefühle beschreiben zu können.
Ehe mein Atem sich wieder normalisiert hatte, war er eingeschlafen. Ich lag noch länger wach und versuchte, diesem wunderbaren Gefühl nachzuspüren, aber schließlich schlief ich ebenfalls ein.
Das blecherne Scheppern der Müllabfuhr weckte mich. Im ersten Moment durchzuckte mich Panik. Wo war ich? Zum Glück ließ die Desorientierung rasch nach. Ich fühlte neben mir einen schlafwarmen Körper, hörte leises Schnarchen und sah auf dem Fußboden mein rotes Abendkleid, achtlos zusammengeknüllt.
Im Schlaf wirkte er jünger. Der verbissene Zug um Mund und Wangen hatte sich gelöst. Jetzt konnte man ahnen, wie der junge Mark ausgesehen haben musste. Am liebsten hätte ich ihm über die von Bartstoppeln dunkel schattierten Wangen gestrichen, mich an seinen Rücken geschmiegt und ihn mit einem leichten Biss ins Ohrläppchen geweckt.
Aber was wäre, wenn er nicht freudig überrascht wäre?
Er hatte gestern Abend eine Menge getrunken. Wir hatten beide eine Menge getrunken. Vielleicht war das die Erklärung hierfür.
Die bloße Möglichkeit, neben einem unangenehm berührten Mark im Bett zu liegen und sich
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