Schwarzer Purpur
Kostüm, in Firmenfarben haben. Von der natürlichen Blüte blieb unter der färbenden Chemie nicht viel übrig. Wie bei dieser Frau: Zu straff spannte sich die Haut über den hohen Wangenknochen, und der leichte Mandelschnitt der Augen ließ weniger Rückschlüsse auf interessante Gene zu als auf die Fähigkeiten des Operateurs. Oder besser gesagt: den Mangel daran.
Das maskenhaft schöne Gesicht wurde zusätzlich durch die gewagte Blauschattierung des Lidschattens, den Hauch Kirschrosa auf den Wangen und die magentafarbenen Lippen koloriert. Nahezu weiß gebleichtes Wattehaar umrahmte die Farbenpracht wie die Perücke eines Rauschgoldengels. Das weißblau gestreifte Kostüm schien sie aus dem Fundus von Denver Clan entliehen zu haben. Ich musste ihr allerdings zugestehen, dass sie die aberwitzig hohen Absätze ihrer silbernen Pumps mit Bravour meisterte.
»Aha – und kannst du mir bitte erklären, was das ist?«
Ich war etwas beleidigt, denn sie betonte das das , als sei ich eine neuartige Kakerlakenart.
Jonathan tat ungerührt und sagte so gelassen, als träfen wir uns auf einer Party: »Darf ich vorstellen: Das ist Wendy, meine Produzentin. Wendy, sei nett zu Verena: Sie kocht für mich.«
Wendys hauchdünn gezupfte Augenbrauen zogen sich zu einem anmutigen Bogen weit in ihre glatte Stirn. »Ach ja, und was sonst noch?« Ihre Skepsis schien mit Händen greifbar zu sein.
»Und wenn wir fertig sind, betrinken wir uns und fallen übereinander her«, versicherte ich ihr mit zuckersüßem Lächeln. »Sie würden nicht glauben, was Jonathan alles fertig bringt – mit nur einer Hand …«
Sie starrte mich an, unsicher, ob sie mich ernst nehmen sollte.
»Genug, genug. Bitte, Wendy, benimm dich nicht so grässlich unhöflich. Verena ist eine Freundin aus Deutschland, die während der Chelsea Flower Show mein Gast war und sich netterweise bereit erklärt hat, mir in den nächsten Tagen zur Seite zu stehen.« Er hob vielsagend den rechten Arm mit der bandagierten Hand. »Wenn das nicht passiert wäre, wäre sie schon längst wieder abgereist.«
Wendy schaute besänftigt und streckte mir eine manikürte Hand mit gefährlich langen Nägeln hin. »Nehmen Sie’s mir nicht übel, aber ich habe einen solchen Schock bekommen, als Miles mich fragte, ob ich schon das Neueste von Jonathan wüsste …«
Jonathan runzelte die Stirn: »Was hat Miles damit zu tun?«
»Du weißt doch, mein Lieber, dass Miles glühend an allem interessiert ist, was mit dir zu tun hat. Irgendeiner seiner Spitzel hat ihm offenbar eine echt heiße Story verkauft. Soll ich unseren Anwalt auf ihn hetzen?«
Jonathan schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hände: »Bloß nicht! Damit bekäme dieser Schmierfink genau die Aufmerksamkeit, die er möchte. Soll er doch schreiben, was er will.«
Wendy schien nicht völlig überzeugt, bestand aber nicht darauf, sondern lenkte ab, indem sie fragte, ob wir etwa ein neues Rezept ausprobierten. »In dem Fall lade ich mich nämlich sofort zum Essen ein«, erklärte sie fröhlich.
»Ich wünschte, wir wären schon so weit, aber im Augenblick bin ich mit Verena erst bei den Grundlagen. Wir kochen gerade den Lammeintopf, den wir damals für die Hausfrauensendung entwickelt haben. Erinnerst du dich?«
»Na, und ob! Das war unser erster Erfolg.«
Die beiden schwelgten in ihren Erinnerungen, während ich darüber rätselte, wer dieser ominöse Miles sein mochte und wieso er Jonathan hinterher spionierte.
Mit einem erschreckten »Huch, ich habe gar nicht gemerkt, wie spät es geworden ist«, verschwand Wendy, beziehungsweise ließ sich von Jonathan an die Tür bringen. Ich füllte die fertig geputzten Bohnen in eine Edelstahlschüssel und fragte, kaum dass er sich wieder blicken ließ: »Wer ist denn dieser komische Miles, und was hat er gegen dich?«
Über sein Gesicht glitt ein Schatten, aber er sagte ruhig: »Nimm dir ein Brett und schneide schon einmal die Zwiebeln in hübsche schmale Segmente, wie du eine Tomate schneiden würdest – ich erzähle es dir gleich.« Er verschwand kurz auf dem Balkon und kam mit zwei Lorbeerblättern wieder. »So, die werden mit dem gewürfelten Fleisch und den Zwiebeln angebraten.« Leicht aufseufzend lehnte er sich an die Kühlschranktür und musterte gedankenverloren das Etikett der Flasche Wein, in dem das Lammfleisch später schmoren sollte.
»Miles, Sebastian und ich waren am College gut befreundet. Das ging so lange gut, bis der gute Miles uns eines schönen Tages
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