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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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ersten Vögel hatten angefangen, die Dämmerung anzukündigen, als er mit den Worten »Ein paar Stunden sollten wir noch schlafen« widerwillig in sein eigenes Zimmer zurückgekehrt war. »Was haben Sie heute vor?«, wandte Mark sich an Jonathan, der mit gutem Appetit erstaunliche Mengen Würstchen, Rührei und Toast vertilgte. »Wir können Sie mitnehmen und im Ort absetzen. Von dort ist es ein netter Spaziergang zurück.«
    »Danke, nicht nötig. Michael wird mich nachher mit seinem Motorrad abholen und nach London zurückbringen.«
    Im ersten Moment traute ich meinen Ohren nicht, dann fiel mir plötzlich die nächtliche Auseinandersetzung ein, und ein Puzzleteil rutschte an den richtigen Platz. »Michael? Ist das der …?«
    »Ja, genau der!« Jonathan lächelte eine Spur verlegen und gestand: »Wir haben uns gestern Nacht ausgesprochen – das Telefon ist wirklich eine wunderbare Erfindung –, und er wird bei mir einziehen. Ich weiß nicht, ob es funktionieren wird, aber wir wollen es versuchen.« Er zwinkerte mir zu. Spontan sprang ich auf und fiel ihm um den Hals: »O Jonathan, ich freue mich ja so für dich!«
    »Sachte, sachte, Liebes!« Er tätschelte mir freundlich die Schulter. »Für überschwängliche Glückwünsche ist es noch ein bisschen früh!«
    »Ich wünsche Ihnen ebenfalls alles Gute, Dunnet«, sagte Mark etwas steif. »Haben Sie gesagt, Sie werden mit einem Motorrad abgeholt?«
    »Ja, Michael möchte mir seine neue Maschine vorführen.«
    »Du hast doch überhaupt nichts Passendes anzuziehen dabei, und mit deiner verletzten Hand kannst du dich nicht richtig festhalten«, wandte ich besorgt ein. »Wieso kann er dich nicht einfach im Auto abholen?«
    Jonathan lächelte halb selbstironisch, halb wehmütig. »Ja, das wäre mir auch lieber gewesen, aber es lag ihm so viel daran, dass ich eingewilligt habe. Er bringt mir eine Ledergarnitur mit. Du brauchst dir also keine Gedanken um meine Anzüge zu machen!«
    »Und Ihr Ungetüm von Koffer?« Mark hob zweifelnd die Brauen. »Wollen Sie es hinten draufschnallen?«
    »Natürlich nicht!«, erwiderte Jonathan gelassen und konzentrierte sich darauf, sein Würstchen in annähernd gleich große Stücke zu schneiden. »Ich schicke so schnell wie möglich einen Boten, der mein Gepäck abholt – wenn es Ihnen nichts ausmacht«, fügte er höflich hinzu.
    »Keineswegs.«
    Die Zimmertür hinter mir wurde plötzlich aufgestoßen. Rosie fragte mürrisch: »Kann ich jetzt endlich abräumen?«
    »Einen Moment noch, Rosie. Wir sagen dir Bescheid, wenn wir so weit sind«, sagte Mark freundlich. Ich drehte mich um, um ihr einen guten Morgen zu wünschen, und war direkt schockiert über den hasserfüllten Blick, den ich auffing, bevor sich die Lider mit den dünnen blonden Wimpern senkten. Also hatte ich mir ihre Abneigung gestern nicht eingebildet. Sie musste einen Grund haben, mich so zu verabscheuen. Aber welchen?
    »Weiß Sophia schon, dass Sie abreisen?«
    Um Jonathans Mund zuckte es. »Ich habe es ihr vorhin gesagt und wurde ausdrücklich für meinen Takt gelobt, mich dem jungen Paar nicht weiter aufzudrängen.«
    Mark starrte ihn sprachlos an. Ich musste kichern. So unverblümt konnte nur Sophia sein!
    »Schauen Sie nicht so ungläubig, Abernathy. Ihre Großmutter ist eine Frau, die sagt, was sie denkt, und ich bin unbedingt ein Bewunderer ihres Stils!« Mit diesen Worten schob er seinen Stuhl zurück und erhob sich. Feierlich zog er mich an seine makellose Brust und küsste mich gefühlvoll auf die Wangen. »Es hat Spaß gemacht, dich aufzupolieren, Liebes. Mach mir Ehre, ja?«
    »Ich werde mir Mühe geben! – Ich wünsche dir alles Glück der Welt, du verdienst es!«, flüsterte ich ihm ins Ohr.
    Er grinste schief und flüsterte genauso leise zurück: »Du auch!«
    Dann streckte er Mark die Hand hin. »Danke für Ihre Einladung. Passen Sie gut auf sie auf, Abernathy! Und jetzt macht, dass ihr wegkommt: Ich hasse tränenreiche Abschiede!«
    Rosie klapperte lautstark in der Küche, aber Sophia war nirgends zu sehen. »Sie ist oft für Stunden verschwunden«, sagte Mark sorglos. »Lass uns fahren.«
    Er führte mich zu seinem klapprigen Lieferwagen und raste in halsbrecherischem Tempo die engen Feldwege entlang. Ich wagte gar nicht, mir vorzustellen, was passieren würde, wenn jemand uns entgegenkäme. Mein ungestümer Fahrer warf einen Seitenblick auf meine verkrampfte Gestalt, die Hand, die sich an den Türgriff klammerte, und grinste. »Keine Angst, hier

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