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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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erklärte sie: »Seit Rosie die Kochsendungen von ihm sieht, hat sie manchmal komische Ideen. Früher hat sie mit dem gekocht, was hier sowieso wuchs. Aber auf einmal war das nicht mehr gut genug: Es muss jetzt französischer Estragon und italienisches Basilikum sein. Nichts als Arbeit macht das!« Sie wies mit der für sie charakteristischen Schroffheit auf einen Teil, in dem mühsam gepäppelte Basilikumsämlinge sich mühten, mit der kräftig wachsenden Petersilie Schritt zu halten. »Sogar solch ein albernes Lorbeerbäumchen musste her«, murrte sie und stieß missmutig mit der Fußspitze an den Kübel mit dem geschmähten Bewohner.
    »Aber es ist doch sehr hübsch«, versuchte ich sie zu besänftigen. »Und außerdem schmecken viele Gerichte mit frischen Kräutern tatsächlich viel besser«, fügte ich mit der geballten Überzeugung der kürzlich Bekehrten hinzu.
    »Pah! Ich bin siebzig Jahre ohne das ausgekommen. – Na ja, vielleicht schmeckt es wirklich ein bisschen besser«, gab sie zu.
    Wir schlenderten weiter, zwischen langen Reihen von Buschbohnen, Kaiserschoten und Tomaten hindurch, vorbei an Perlenketten von verschiedenfarbigen Salatköpfen.
    »Das sind ja Mengen!«, staunte ich.
    »Das will ich hoffen! Was wir nicht selbst verbrauchen, verkaufen wir in der Gärtnerei. Bevor Mark mit diesem Purple-Passion- Zeug so gut ins Geschäft kam, war das ziemlich wichtig für uns. Jetzt haben wir es etwas zurückgefahren.«
    Wir waren am Ende der bewirtschafteten Fläche angekommen, und ich ließ meinen Blick über den fast zugewucherten Teich gleiten. Ein Motiv von überwältigender Lieblichkeit: Die sich über die Wasserfläche erhebenden Blätter und Blütenknospen ließen nur kleine Wasserbereiche frei, in denen sich der blaue Himmel und die vereinzelten weißen Wattewolken spiegelten. Uralte Weiden am Ufer mit tief herab hängenden Zweigen rahmten das Bild ein. »Wenn sie blühen, muss es ein wundervoller Anblick sein«, sagte ich bewundernd.
    Erst Sophias Schweigen machte mir bewusst, was ich da so gedankenlos gesagt hatte. Hatte Jonathan nicht erzählt, Marks Großvater sei ertrunken? War es etwa hier in diesem wunderschönen Feenteich geschehen?
    »Ja, das ist es.« Ihre Stimme klang rau. Sie räusperte sich und sagte in normalem Tonfall: »Früher habe ich mich immer darauf gefreut. Es sind besonders schöne Exemplare, Toms Lieblinge. Er war stets auf der Suche nach ganz besonderen Farben. Deshalb habe ich es nicht übers Herz gebracht, den Teich zuschütten zu lassen, wie mir von allen Seiten geraten wurde. Tom hätte es nicht gewollt.« Sie wandte sich energisch ab und drehte dem Teich den Rücken zu.
    »Es tut mir so leid! Wenn ich gewusst hätte …«, stotterte ich.
    Sophia nickte nur und wischte sich beiläufig über die Augen. »Schon gut. Es gibt Tage, da denke ich nicht mehr daran. Aber die Blütezeit ist wie eine Erinnerung. Wir haben ihn dort gefunden.« Sie wies in eine Richtung, in der die Blätter besonders groß und kräftig schienen. »Es war sein ausgesprochener Liebling. Vermutlich wollte er die Samen holen. Wenn Seerosen verblühen, versinken die Stiele mit den Samenansätzen unter Wasser. In einem Bassin kann man sie ernten, wann man will, aber in einem Naturgewässer muss man aufpassen.«
    »Warum hat er denn niemanden mitgenommen?«
    Diese Frage hatte sie sich im Lauf der Jahre wohl selbst unzählige Male gestellt. Sie hob die Schultern in einer hilflosen Geste: »Wenn ich das nur wüsste!«
    Die wachsenden Schatten und der kühler werdende Wind zeigten, dass der Nachmittag zu Ende ging. Fröstelnd umfasste Sophia ihre Oberarme und sagte: »Lass uns zum Haus zurückgehen. Ich meinte es vorhin ernst, als ich sagte, dass ich deine Meinung über mein lästiges Geburtstagsgeschenk hören wollte.«
    Die Orchidee kümmerte in einem zu großen Topf und in zu feuchtem Substrat. Ich bezweifelte, dass sich die Mühe des Umtopfens noch lohnte, denn vermutlich hatte sie bereits angefangen zu faulen, aber ich versprach sie am nächsten Tag in die Gärtnerei mitzunehmen und sie dort zu verpflegen. Sophia dankte mir herzlich. »Es ist nämlich so, dass ich immer nach ihr gefragt werde. Und es würde die arme Daisy fürchterlich kränken, wenn ich ihr sagen müsste, ihre Orchidee sei eingegangen.«
    Das Abendessen, feierlich Dinner genannt, entpuppte sich als eine äußerst zeremonielle Angelegenheit. Sophia, in altmodischer schwarzer Spitze und mit anderthalb Perlenohrringen – bei dem linken

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